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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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der Wüste davon geträumt, sich danach gesehnt, und jetzt … war es ihr egal. Seine Worte waren bedeutungslos. Sie drückte auf den Morphiumdosierknopf und hoffte, das Mittel würde rasch wirken.
    »Gib uns eine Chance, Jo. Du brauchst mich doch jetzt.«
    »Ich hab noch nie jemanden gebraucht«, seufzte sie. »Und das ist auch gut so.«
    »Jo, bitte …«
    »Wenn du mir wirklich helfen willst, Michael, dann fahr nach Hause. Bau das Haus für einen Krüppel um. Bereite meine Mädchen vor. Es wird nicht leicht für sie sein, mich in diesem Zustand zu sehen. Sie müssen vorgewarnt werden.« Sie schloss die Augen und spürte, wie ihr wieder die Tränen kamen. Albern. Glücklicherweise begann das Morphium zu wirken, und sie spürte, wie sie ganz langsam wegdriftete.
    Michael küsste sie auf die Wange. Das vertraute Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut hätte sie fast weich werden lassen. Fast hätte sie die Arme nach ihm ausgestreckt und ihm gestanden, wie sehr sie Angst hatte, wie sehr sie ihn brauchte.
    Doch sie sagte: »Geh … weg …« Sie brauchte ihn nicht mehr, sie weigerte sich.
    Wie aus der Ferne hörte sie seine Schritte, hörte, wie er wegging, wie die Tür aufschwang und zuklickte. Ganz zuletzt dachte sie: Komm zurück. Aber es war zu spät. Er war fort, und der Schlaf überwältigte sie.
    Ihre letzten bewussten Gedanken galten dem, was sie verloren hatte: joggen, fliegen, schön und gesund sein, stark sein, ihre Kinder auf den Arm nehmen.
    Michael.

A CHTZEHN
    Vierundzwanzig Stunden, nachdem sie ihr Bein abgeschnitten hatten, verlangten sie schon, dass sie aufstand. Zuerst stritt sie mit den Schwestern, die sie in einen Rollstuhl setzen wollten, doch dann fiel ihr ein, dass dies die Gelegenheit war, Tami zu sehen.
    Jetzt war sie aus dem Bett und saß in einem Rollstuhl.
    »Sitzen Sie bequem, Ma’am?«, fragte eine junge Krankenschwester und half Jolene, sich zurechtzusetzen.
    Wie viele Tage war es her, seit sie auf den Pilotensitz eines Black Hawks geklettert war? Jetzt brauchte sie Hilfe, nur um in einem Kunststoffstuhl zu sitzen. Der gazebedeckte Stumpf ragte vor ihr in die Luft. »Mir geht’s gut. Danke. Ich will jetzt Chief Tami Flynn besuchen. Auf der Intensivstation.«
    »Dann schiebe ich Sie hin.«
    Nicht mal das konnte sie allein, nur wegen ihrer verdammten rechten Hand. Die Krankenschwester trat hinter den Rollstuhl und fuhr Jolene aus ihrem Zimmer.
    Überall in der Orthopädie sah sie Patienten wie sie, mit gegipsten, verkrüppelten oder amputierten Gliedmaßen. Die meisten waren Männer. Junge Männer, fast noch Jungen, wenn man sie genau ansah; einige von ihnen trugen sogar noch Zahnspangen.
    Unwillkürlich dachte sie an Smitty.
    Smitty mit dem strahlenden Lächeln, dem schlaksigen Gang und dem wiehernden Lachen; Smitty, der ein Mountain Dew nach dem nächsten trank und schwor, dass alle Mädchen ihm an die Wäsche wollten. Smitty, der so aufgeregt gewesen war, in den Irak zu kommen.
    Wir werden da drüben mal kräftig was aufmischen, was, Chief?
    Zu jung, um einen Whisky bestellen zu dürfen, aber alt genug, um seinen Kopf hinzuhalten und für sein Land zu sterben.
    Im Aufzug hatte sie nichts, wohin sie ihren Blick lenken konnte – außer auf den Teil von ihr, der verbunden und nutzlos vor ihr herausragte.
    Der Stumpf.
    Rasch wandte sie den Blick ab. Ihr war flau im Magen. Und sie schämte sich. Wie sollte sie weiterleben, wenn sie nicht mal den Mut hatte, ihren eigenen Körper zu betrachten? Die Ärzte und die Schwestern schien ihre Feigheit nicht zu beunruhigen. Ständig erzählten sie ihr, es wäre normal, Angst und Scham zu empfinden, normal, um ein verlorenes Bein zu trauern. Sie versicherten ihr, irgendwann würde sie wieder ganz die Alte sein.
    Lügner.
    Im dritten Stock verließen sie den Aufzug und rollten durch den betriebsamen Gang der Intensivstation. Auch hier war das Personal ununterbrochen in Bewegung.
    Die Krankenschwester blieb vor einer verschlossenen Tür stehen. Jemand hatte das Glaubensbekenntnis des Soldaten darangeklebt. Nicht irgendjemand, sondern Carl. Er hatte es für seine Frau getan, weil er sie so gut kannte. Er wusste, Tami wollte jedem Besucher zu verstehen geben, dass hier ein Soldat lag.
    Jolene hatte diese Worte seit Jahren nicht mehr gelesen:
    Ich bin ein amerikanischer Soldat.
    Ich bin ein Kämpfer und Teil eines Teams.
    Ich diene dem Volk der Vereinigten Staaten und lebe nach den Werten der Armee.
    Ich werde immer meinen Auftrag an erste Stelle

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