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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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gut.«
    Chris nickte verständnisvoll. »Dann wird es Zeit, das zu ändern, Michael.«
    Auf dem Rückweg von der Reha wollte Jolene mit Mila reden, aber sie fand keine Worte. Immer wieder musste sie daran denken, wie sie in der Nacht zuvor aus dem Alptraum aufgeschreckt war und schreiend auf dem Boden gelegen hatte, während ihre Kinder sie entsetzt anstarrten. Diese Vorstellung machte ihr schon den ganzen Tag zu schaffen. In der Physiotherapie hatte sie sich kaum konzentrieren können.
    Was zum Teufel war los mit ihr? Jetzt brauchte sie Tami mehr denn je. Doch bei diesem Gedanken wurde ihr nur noch elender.
    Als sie vor dem Haus vorfuhren, wandte Mila sich zu ihr. »Alles in Ordnung mit dir, Jolene? Du bist schrecklich still.«
    Jolene dachte daran zu sagen Ich hab Angst, Mila, irgendwas stimmt nicht mit mir, aber sie brachte es einfach nicht heraus. Sie befürchtete, dann würden alle Dämme brechen und die Angst sie wie eine Flutwelle überschwemmen. Zum ersten Mal in ihrem Leben empfand sie wirklich und wahrhaftig Angst. Mehr noch als im Irak.
    »Die Reha war heute wirklich hart. Die Blasen bringen mich um.« Sie lächelte gezwungen und hasste sich für ihre Lüge.
    »Soll ich bei dir bleiben, bis die Mädchen nach Hause kommen?«
    »Nein. Mir geht’s schon besser. Ehrlich. Ich lege mich ein bisschen hin, dann komm ich schon wieder zu Kräften. Wenn sie aus der Schule kommen, hab ich ein paar Snacks für sie gemacht. Und danach spielen wir vielleicht was.«
    »Na gut«, sagte Mila zögernd.
    Jolene schaffte es zu lächeln. Sie gab ihrer Schwiegermutter rasch einen Kuss, stieg aus dem Wagen und ging ins Haus. Als die Tür hinter ihr zufiel, sackte sie auf ihren Krücken zusammen und stieß endlich die Luft aus, die sie so lange angehalten hatte.
    Sie brauchte jetzt etwas zu trinken. Das würde ihre Nerven beruhigen, und ihre Hände würden nicht mehr so zittern. Nur ein Glas Wein. Dagegen war nichts einzuwenden.
    Ihre Hände zitterten schon wieder. Sie ging zum Kühlschrank, schenkte sich ein Glas Wein ein und setzte sich. Nachdem sie zwei Gläser getrunken hatte, fühlte sie sich etwas besser. Sie war jetzt nicht mehr so nervös. Aber die Angst war noch da.
    Sie brauchte Hilfe.
    Da. Jetzt war es heraus. Ihre Kinder waren ihr wichtiger als alles andere, und sie verlor sie, stieß sie ab, erschreckte sie. Sie hatte ihrem Mann ins Gesicht geboxt und erinnerte sich nicht mal daran. Was war, wenn sie ihren Kindern etwas antat? Sie ging zum Telefon. Nach einem raschen Blick ins Telefonbuch wählte sie das Department of Veterans Affairs.
    »Ich muss mit jemandem reden!«, brach es aus ihr heraus, als sich jemand in der Zentrale meldete.
    »Worüber?«
    »Ich bin eine Irak-Veteranin. Ich wurde verwundet und muss mit jemandem über meine Alpträume reden.«
    »Eine Sekunde.«
    Durchatmen, Jolene. Nicht auflegen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, meldete sich unvermittelt ein Mann.
    »Oh. Ja. Ich hoffe es. Ich war im Irak eingesetzt und habe jetzt Schlafstörungen.«
    »Denken Sie daran, sich selbst oder anderen etwas anzutun?«
    »Was? Absichtlich? Nein, natürlich nicht, aber ich …«
    »Dann könnte ich Ihnen einen Termin bei einem Psychologen geben.«
    Erleichtert seufzte Jolene auf. »Das wäre großartig. Danke.«
    »Wie wär’s mit dem fünfzehnten Dezember?«
    »Verzeihung, sagten Sie fünfzehnter Dezember? Wir haben Oktober.«
    »Ja, so lang ist die Warteliste, und zwar deshalb, weil viele Soldaten, die aus dem Krieg zurückgekehrt sind, Hilfe brauchen. Aber bei Selbst- oder Fremdgefährdung …«
    Sie wusste, was passieren würde, wenn sie etwas in dieser Richtung zugab. Dann würde sie als Verrückte abgestempelt. »Nein, danke. Den Termin im Dezember brauche ich nicht. Bis dahin geht’s mir bestimmt wieder gut.« Sie legte auf und saß dann einfach nur da.
    Ihr Phantomschmerz meldete sich wieder und fühlte sich an, als würde ihr das Fußgelenk verdreht.
    Sie schaffte es noch bis ins Familienzimmer, ließ sich aufs Sofa fallen und versuchte es durchzustehen. Ihr brach derart der Schweiß aus, dass ihre Kopfhaut juckte. Sie kniff die Augen zu und konzentrierte sich darauf, durch den Schmerz zu atmen.
    Irgendwann schreckte ein Klopfen an der Tür sie auf. Sie hatte geschlafen, aber wie lange? Waren die Mädchen schon zu Hause? Sie blickte auf die Uhr. Es war erst drei. Sie stand auf, nahm ihre Krücken, humpelte langsam zur Haustür und öffnete sie.
    Da stand Ben Lomand mit einem Blumenstrauß.
    »Ben.« Sie

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