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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Pflichtbewusstsein manchmal seinen Familiensinn übertrumpften? Da ihnen das gemeinsam war, konnte sie es ihm kaum vorwerfen. Er hatte es von seinem Vater übernommen. Die Zarkades-Männer konnten zwar ihre Frauen und Kinder enttäuschen, aber einen Klienten ließen sie niemals im Stich. »Ach, meine Süße … manchmal müssen wir denen, die wir lieben, einfach verzeihen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Und du weißt doch, wie wichtig seine Arbeit ist. Von ihm hängen Menschenleben ab.«
    »Ist mir doch egal«, erwiderte Betsy, doch ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Jolene drückte Betsy an sich. »Nein, ist es nicht. Du bist wütend auf ihn und hast alles Recht dazu. Aber er hat dich lieb, Betsy.«
    »Und wenn schon.«
    »Dir ist aber klar, dass du heute ziemlich super warst, oder?«
    Sie spürte, wie Betsy sich ein bisschen entspannte. »Ja, schon.«
    Eine ganze Weile lagen sie so beisammen und plauderten über Belanglosigkeiten. Schließlich küsste Jolene ihre Tochter auf die Schläfe, wünschte ihr eine gute Nacht und ging nach unten.
    Sie setzte sich auf den kalten Steinboden vor den schwarzen kalten Kamin und betrachtete ihre Hände. Im Geiste schrie sie Michael an, weil er ihre Tochter enttäuscht hatte.
    Dieses Mal würde sie alles rauslassen. Diesmal musste er ihr zuhören und begreifen, dass es Augenblicke im Leben gab, die einfach nicht wiederholbar waren. Wenn man zu viele davon verpasste, konnte eine Beziehung in die Brüche gehen.
    Kurz nach neun hörte sie seinen Wagen in der Einfahrt. Ein wenig später kam er mit angespannter Miene in die Küche. »Hey, Jo. Tut mir leid, aber als ich den Wettkampf verpasst hatte, dachte ich mir, es wäre nicht mehr so wichtig, mich zu beeilen.«
    Jolene stand auf. »Ach ja? Dachtest du das?«
    »Ich musste …«
    »Ja, du musstest. Wie immer. Und beim Abwägen der Prioritäten waren deine wichtiger. Ich bin wirklich schockiert.«
    »Verdammt, Jo, ich hab’s doch nicht aus böser Absicht getan. Wenn du nur zuhören …«
    »Du hast sie verletzt.« Sie ging auf ihn zu. Er war ein großer Mann – eins achtzig –, aber in Schuhen war Jolene nur wenige Zentimeter kleiner. »Warum sind wir dir nicht mehr wichtig, Michael?«
    Da ging eine Veränderung in ihm vor. Er trat einen Schritt zurück und musterte sie.
    »Fang gar nicht erst so an, sonst wird es dir leidtun, Jo.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dir ist doch egal, warum ich es getan habe, du vertraust mir nicht, dass ich Gründe hatte. Gute Gründe. Ich hab es satt, dass du jede Sekunde unseres Lebens bestimmst. Wir leben hier, weil du es so wolltest. Immer bestimmst du alles – wo wir wohnen, wo wir Urlaub machen, wie wir unsere Wochenenden verbringen. Wann hast du mich eigentlich das letzte Mal gefragt, was ich will?«
    »Wag es nicht, jetzt den Spieß umzudrehen. Wir haben dieses Haus gemeinsam ausgesucht, Michael. Du und ich, damals, als wir noch alles gemeinsam machten. Und ich organisiere den Familienalltag, weil einer es ja machen muss. Denn dir scheint in letzter Zeit nur noch deine Arbeit wichtig zu sein.«
    »Du hörst mir ja nicht mal zu. Ich versuche, dir etwas Wichtiges zu sagen.«
    »Was sollte das denn sein, Michael? Deine Tochter hat dich heute gebraucht, nur dieses eine Mal. Also hättest du alles stehen und liegen lassen müssen, um hierherzukommen. Aber nein, du hast uns mal wieder hintangestellt.«
    Das war ihr so herausgerutscht. Eigentlich hatte sie sie, unsere Tochter, sagen wollen. Schließlich ging es nicht um sie beide.
    »Verdammt, Jo, es war ein Wettkampf, keine Hochzeit. Mein Dad hat es auch nicht zu jedem meiner Spiele geschafft. Trotzdem wusste ich, dass er mich liebt.«
    »Willst du so sein? So wie dein Vater? Er war ja sogar zu beschäftigt, um zu deiner High-School-Abschlussfeier zu kommen!« Sie wusste sofort, dass sie zu weit gegangen war, denn er erstarrte. »Tut mir leid. Ich hab’s nicht so gemeint. Ich weiß, wie sehr du ihn geliebt hast, aber …«
    »Ich kann das nicht mehr«, sagte er leise und schüttelte den Kopf.
    Jolene runzelte die Stirn. »Was denn?«
    »Ich will das nicht mehr.«
    »Was zum Teufel meinst du damit, Michael? Du hast heute Mist gebaut. Warum kannst du nicht einfach …«
    Er sah sie an. »Ich liebe dich nicht, Jo.«
    »Was?«
    »Ich liebe dich nicht mehr.«
    »Aber …« Sie hatte ein Gefühl, als würde in ihr etwas reißen, als würden ihr Muskeln vom Knochen gerissen. Sie stützte sich auf die Küchentheke. Durch das Dröhnen in ihren Ohren

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