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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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wenn er am Abend nicht zurückkam.
    Betsy blickte abrupt auf. »Ist er etwa schon weg?«
    Jolene wandte sich ab, um sich Kaffee einzuschenken. »Du weißt doch, wie es ist, wenn er früh zur Fähre muss«, log sie und mied den Blick ihrer Tochter.
    Der Augenblick schien sich endlos auszudehnen; wieder spürte sie den argwöhnischen Blick ihrer Tochter. »Beeilt euch. In zwanzig Minuten müssen wir los.«
    Kaum hatten sie gefrühstückt, trieb Jolene die Mädchen nach oben, damit sie sich fertigmachen konnten. Sie brachen gerade rechtzeitig auf, und um Viertel nach neun war Jolene schon wieder zu Hause.
    Sie parkte in der Garage und ging dann zum Nachbarhaus. Dort winkte sie Carl, der an einem Ford-Truck arbeitete, ging zur Haustür, öffnete sie und rief: »Hey, Tam.«
    Tami war in einem zerschlissenen blauen Bademantel und Schaffell-Pantoffeln im Wohnzimmer und nippte an einem Thermosbecher. Die Wand hinter ihr war fast vollkommen bedeckt mit weiß gerahmten Fotos. Im Mittelpunkt prangte Tamis offizielles Foto von der Armee.
    »Hey, Flygirl «, begrüßte Tami sie grinsend. Sie saß auf dem blau karierten Sofa und hatte die Füße auf den gläsernen Couchtisch gelegt.
    Jolene sah Tami an und brachte einen Moment lang kein Wort heraus. Sie konnte es einfach nicht aussprechen.
    Tami stellte stirnrunzelnd den Kaffeebecher ab. »Was ist los, Jo?«
    »Michael hat gesagt, er liebt mich nicht mehr«, antwortete sie leise.
    »Das soll doch wohl nicht heißen …«
    »Zwing mich nicht, es zu wiederholen.«
    Langsam stand Tami auf, ging zu ihr, nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Erst nach einer ganzen Weile hob auch Jolene die Arme, um sie um Tami zu schlingen, aber dann konnte sie sie nicht mehr loslassen. Wie gern hätte sie geweint und sich damit Erleichterung verschafft, aber ihre Augen blieben trocken.
    »Und was hast du darauf gesagt?«
    »Gesagt?« Jolene löste sich aus der Umarmung. »Gibt’s nach Ich liebe dich nicht mehr noch was zu sagen?«
    Tami seufzte. »Es ist ganz normal, dass Paare sich streiten, Jo. Sie schreien sich an, sagen Dinge, die sie nicht meinen, stürmen aus dem Haus und kommen später wieder. Natürlich hat Michael etwas Dummes gesagt, aber er hat es nicht so gemeint. Du kannst ihm verzeihen. Das ist nicht das Ende.«
    Jolene hörte den gequälten Unterton in Tamis Stimme und wusste, sie dachte wieder an die Affäre, die ihr Mann zehn Jahre zuvor gehabt hatte. »Ich weiß, dass man Menschen verzeihen und sie lieben kann, obwohl sie einem weh getan haben.«
    Das wusste sie tatsächlich nur zu genau. Ihre ganze Kindheit hatte sie damit verbracht, ihren Eltern zu verzeihen und zu hoffen, dass sie sich irgendwann ändern würden. Aber sie hatten sich nicht geändert, und sie hatten sie auch nicht geliebt. Als sie diese schlichte Wahrheit akzeptierte, war es ihr langsam bessergegangen. Sie war eigenständig geworden, weil sie ihre Liebe nicht mehr brauchte. Sie wusste, was Tami meinte; genau das hätte ihr Jolene im umgekehrten Fall auch gesagt. Ein einziger Satz bedeutete noch nicht das Aus einer Ehe. Aber trotzdem gehörten zu einer Beziehung zwei. Hatte sie das nicht von ihrer Mutter gelernt?
    »Er hat es nicht so gemeint. Michael liebt dich.«
    »Das würde ich auch gerne glauben«, sagte Jolene leise. Das stimmte: Sie wollte an Michael und seine Liebe zu ihr glauben, aber ihr Vertrauen war erschüttert. Sie hatte Angst, ihm wieder vollständig zu vertrauen. Was bedeutete denn alles noch, wenn er einfach so seine Liebe verlieren konnte?
    »Ich bin sicher …«
    Doch bevor Tami ihren Satz beenden konnte, klingelte das Telefon. Sie ging in die Küche und meldete sich. »Oh. Hi. Ja, Sir.« Sie wandte sich zu Jolene, sagte lautlos Ben Lomand, und sprach in den Hörer: »Im Ernst? Verstehe. Wann, Sir? So bald schon? Oh. Okay, Jolene und ich werden die anderen telefonisch benachrichtigen. Danke, Sir.« Dann legte sie langsam auf und wandte sich zu Jolene um.
    »Wir sind einberufen worden.«

S ECHS
    Jolene und Michael sahen ihr Haus an der Liberty Bay zum ersten Mal an einem strahlenden Julitag. Sie hatten einen Ausflug gemacht und nach einem Barbecue im Haus seiner Eltern ihre Zweisamkeit genossen. Nach einem Haus hatten sie nicht gesucht.
    Aber da war es, direkt an einer Biegung der Straße, und wartete auf sie mit einem Zu-verkaufen- Schild, das schief neben dem Briefkasten stand. Ein schlichtes, kleines Farmhaus, das etwas Zuwendung brauchte, denn die umlaufende Veranda hing schon etwas

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