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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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wurde es warm genug, um zu schwimmen.
    »Was wollen wir hier?«, fragte Betsy.
    Jolene antwortete nicht. Sie parkte vor der Garage und ließ die Mädchen aussteigen. Noch bevor sie die Haustür erreicht hatten, kam Mila ums Haus herum. Sie trug ein riesiges Flanellhemd, Jeans und leuchtend orangefarbene Gummistiefel und winkte strahlend. Sie hatte wie Liz Taylor einen bunten Schal um ihr toupiertes Haar geschlungen, und riesige silberne Kreolen baumelten an ihren Ohren. Mit der linken Hand trug sie eine Gießkanne aus Emaille. »Hey, Mädels«, sagte sie.
    »Tut mir leid, dass es so kurzfristig ist«, entschuldigte sich Jolene und stieß mit der Hüfte die Wagentür zu.
    Mila stellte die Gießkanne ab und rieb sich Erde von den Gartenhandschuhen; sie rieselte auf ihre Gummistiefel. »Ach, Schatz, dazu ist die Familie doch da.«
    Lulu stieg aus dem Wagen, schob sich die Katzenöhrchen ins Haar und forderte, laut miauend, Aufmerksamkeit ein.
    »Nicht schon wieder «, bemerkte Betsy und drängte sich an ihr vorbei.
    Mila blickte sich um. »Hmmm. Wo hast du meine Enkelin gelassen, Jolene? Ist sie zu Hause geblieben? Oder im Wagen?«
    Lulu kicherte.
    »Was war das für ein Geräusch?«, fragte Jolene.
    Lulu riss sich den Haarreif vom Kopf. »Hier bin ich, Yia Yia! «
    Mila hob Lulu hoch und drückte sie an sich.
    Einen Augenblick lang versagte es Jolene die Stimme. Die Zukunft lastete so schwer auf ihr, dass sie keine Luft mehr bekam.
    Mila runzelte die Stirn. »Alles in Ordnung mit dir, Jolene?«
    »Ja, mir geht’s gut. Michael und ich müssen mal miteinander reden. Wenn es dir recht ist, hole ich die Mädchen morgen wieder ab.«
    Mila trat näher zu ihr. »Sag meinem Sohn, dass er sich bessern soll. Die Arbeit ist wichtig, aber die Familie auch. Ich hab zwar schon versucht, seinem Vater das zu vermitteln, aber …« Sie zuckte mit den Schultern. »Du wirst es besser machen als ich.«
    Jolene konnte nur nicken. Es kam ihr vor, als wäre der Leichtathletikwettkampf schon eine Ewigkeit her. Fast wäre ihr herausgerutscht: Ich bin eingezogen worden. Sie musste es Mila unbedingt sagen, sie brauchte eine mütterliche Umarmung, aber jetzt ging es nicht, sie konnte noch nicht getröstet werden.
    Also verabschiedete sie sich murmelnd und ging zurück zum Wagen. Als sie zu Hause ankam, war ihr flau im Magen.
    Ihre Einberufung hatte alles verändert. Das würde Michael bestimmt verstehen. Ganz gleich, welche Probleme sie hatten, sie mussten beiseitegeschoben werden. Sie und Michael mussten nun zusammenhalten, für die Kinder, für ihre Familie. Und sie würde ihn jetzt brauchen, wirklich brauchen. Seine Liebe würde sie drüben retten, in der Nacht wärmen, so wie die Liebe ihrer Kinder sie wieder nach Hause bringen würde.
    Sie dachte daran, was Tami gesagt hatte. Paare streiten sich. Sie sagen Dinge, die sie nicht so meinen; sie stürmen davon.
    Sie kommen zurück.
    Das wollte sie glauben, sie wollte daran glauben, obwohl sie das noch nie erlebt hatte. Sie wollte Michael verzeihen und seinen schockierenden Satz irgendwie aus ihrem Gedächtnis löschen, damit sie noch mal von vorn anfangen konnten.
    Sie musste ihm nur eine Chance geben.
    Das konnte sie; sie konnte stark genug sein, um ihn wissen zu lassen, dass sie ihn immer noch liebte. Das sagte sie immer wieder zu sich, während sie auf ihn wartete.
    Und wartete.
    Um sieben Uhr schließlich kam er in die Küche und schenkte sich sofort einen Scotch ein.
    »Hey.« Jolene erhob sich von ihrem Platz vor dem Kamin.
    Er drehte sich um. Im Licht der Abzugshaube über dem Herd wirkte er zu Tode erschöpft. Seine Haare waren zerzaust, die Haut unter seinen Augen ging ins Lilafarbene, so als hätte er letzte Nacht genauso schlecht geschlafen wie sie.
    »Jo«, sagte er leise; in seiner Stimme lag etwas Sanftes, das sie überraschte und traurig machte. Mit einem Mal waren sie wieder so wie früher.
    Sie sehnte sich danach – sie brauchte es, sie brauchte ihn. »Ich bin einberufen worden.«
    Daraufhin stand Michael so reglos da, als hätte er aufgehört zu atmen.
    »Das ist ein Witz, oder?«, sagte er schließlich.
    »Nein, natürlich nicht. Über den Krieg macht man keine Witze.« Jolene brach die Stimme. Für den Bruchteil einer Sekunde war sie nicht mehr stark. Ihr wurde bewusst, wie verzweifelt sie sich danach sehnte, dass er sie in die Arme nahm und ihr sagte, dass sie es gemeinsam durchstehen würden. »Ich muss zuerst zum Einsatztraining nach Fort Hood, und dann geht’s in den

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