Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
Vom Netzwerk:
Okay?«
    Michael nahm die Hand seiner Frau. Das hätte er schon viel früher tun sollen. Er hätte ihr sagen sollen, dass er für sie da war. Sie umklammerte seine Hand so fest, dass es weh tat. Am liebsten hätte er seine Arme um sie geschlungen, aber das wagte er nicht. Er befürchtete zusammenzubrechen, wenn er sie küsste. Dann wäre er der einzige Mann im Hangar, der weinte. Das mussten seine Kinder nicht sehen.
    Betsy stand im Hintergrund. Sie hatte die Arme verschränkt, eine Hüfte vorgeschoben und die Lippen aufeinandergepresst.
    »Ich schicke Videos und Mails. Und rufe so oft an, wie ich kann«, versprach Jolene allen.
    »Wir kommen schon zurecht«, erwiderte Mila, umarmte sie und nahm ihr Lulu ab. »Mach dir um uns keine Sorgen.«
    Jolene ging zu Betsy, strich ihr über die Wange und zwang sie, sie anzublicken. »Ich hab meine Uhr gestellt. Du auch?«
    »Sieben Uhr«, stieß Betsy hervor und wandte den Blick ab.
    Jolene beugte sich zu ihr und blickte ihr in die Augen. »Ich hab dich lieb. Bis zum Mond und wieder zurück.« Sie verstummte. Michael wusste, dass sie auf etwas wartete. Er dachte: Sag es auch zu ihr, Bets , aber es breitete sich Schweigen aus, bis Jolene sich unendlich traurig wieder aufrichtete.
    Hinter ihnen ertönte eine Stimme aus dem Lautsprecher, die den Soldaten befahl, sich an den Bussen zu sammeln. Daraufhin strömte die Menge wie eine Welle zum Ausgang.
    Dann waren sie draußen, die hoch aufgerichteten Soldaten mit ihren Matchsäcken, die, umgeben von ihren weinenden Familien, zu den Bussen gingen.
    »Ich werde brav sein«, schluchzte Lulu.
    Jolene küsste ihre Töchter, drückte sie fest an sich und ließ sie dann los.
    Michael sah zu, wie sie sich ihm näherte. Für den Bruchteil einer Sekunde wich alles zurück – die Kinder, die Soldaten, die schreienden Babys. Alles um sie herum war nur noch verschwommen.
    Er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. Eine gescheiterte Ehe konnte nicht mit einem Kuss oder einer Berührung wieder in Ordnung gebracht werden. Aber er schämte sich, weil er es so weit hatte kommen lassen. Jetzt war es zu spät, um es wiedergutzumachen.
    »Michael«, sagte Jolene, und er spürte, wie ihm Tränen in den Augen brannten. »Pass auf dich auf.«
    Ihr Abschied war so kurz; ein weiterer Beweis dafür, dass ihre Ehe auf Grund gelaufen war.
    »Pass du auf dich auf. Komm zurück zu …«
    »Zu ihnen?«
    »Komm einfach zurück nach Hause.« Schließlich nahm er sie doch in die Arme und drückte sie an sich. Erst als sie sich von ihm löste, fiel ihm auf, dass sie seine Umarmung nicht erwidert hatte.
    Mit einem letzten, gequälten Blick verschwand Jolene in der Menge der Soldaten und stieg in den Bus.
    In dem Moment rief Betsy laut: »MOM!«, rannte am Bus entlang und verfolgte den Weg ihrer Mutter. Ihre Stimme verlor sich im Abschiedsgetümmel.
    Michael nahm die schluchzende Lulu auf den Arm und versuchte sie zu trösten, aber sie war völlig außer sich.
    Als Jolene an der letzten Sitzreihe angekommen war, öffnete sie das Fenster. Sie blickte auf ihre Familie, und als der Bus anfuhr, schwand ihr Lächeln.
    Und dann war sie fort.
    »Ich hab nicht gesagt Ich hab dich lieb. « Betsy brach in Tränen aus.
    In den Monaten vor dem Aufbruch seiner Frau hatte Michael immer auf »seiner Seite« im Bett geschlafen. Er hatte den faltigen Streifen des weißen Lakens zwischen ihnen als Niemandsland betrachtet, wo ihre Leidenschaft zum Erliegen gekommen war. Als er an diesem Morgen tatsächlich allein aufwachte, erkannte er, wie falsch er sich verhalten hatte. In all jenen Nächten war seine Frau neben ihm gewesen, eine Partnerin an seiner Seite, mit der er sein Leben geteilt hatte. Es bestand ein unendlich großer Unterschied zwischen allein und getrennt. In der letzten Nacht hatte er mehrfach die Hand nach ihr ausgestreckt und nur Leere ertastet.
    Sie ist fort . Das war sein erster Gedanke, als er aufwachte.
    Er setzte sich auf. Neben ihm auf dem Nachttisch lag ihre »Bibel«, das große Ringbuch mit den endlosen Listen seiner neuen Pflichten. Darin hatte sie alles festgehalten, was sie für wichtig hielt – Garantien für Haushaltsgeräte, Rezepte, Adressen von Handwerkern, Putzfrauen und Babysittern. Jetzt griff er danach und schlug es auf der Seite der täglichen Pflichten auf.
    Frühstück machen (danach kamen detaillierte Angaben für jeden Tag der Woche).
    Sorg dafür, dass die Mädchen sich für die Schule anständig anziehen und sich gründlich die Zähne

Weitere Kostenlose Bücher