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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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er ein völlig anderer Mensch in einer anderen Welt. Jahrelang hatte er versucht, seinen Beitrag für die Welt zu leisten, und dafür wie ein Tier gearbeitet, und jetzt saß er hier mit seinen Kindern auf dem Anleger und hatte so stark wie noch nie das Gefühl, etwas wirklich Bedeutsames zu tun.
    Das hatte ihm Jolene immer klarmachen wollen, wenn er etwas mit den Kindern verpasste. Es ist wichtig , hatte sie gesagt.
    »Ist gut, Daddy«, sagte Lulu schließlich. »Ich glaube, das schaffe ich, weil, ich bin ja jetzt ein großes Mädchen. Aber nur, wenn du meine Hand hältst. Und wenn ich meine pinke Schleife mitnehmen darf.«
    »Ach, Lulu«, erwiderte er. »Das würde ich um keinen Preis verpassen wollen.«
    Viel später, als die Mädchen schon auf ihren Liegestühlen eingeschlafen waren, als die Wellen sanft über den Kiesstrand spülten und die Sterne auf sie herabstrahlten, sah seine Mutter ihn an. »Heute wäre Jolene stolz auf dich gewesen«, sagte sie leise.
    Michael erwiderte über Lulus dunklen Schopf hinweg ihren Blick. »Ich hab sie im Stich gelassen.«
    Seine Mutter nickte und lächelte traurig, so als hätte sie das die ganze Zeit gewusst.
    Der September war ein blutiger Monat in diesem Krieg. Es schien, als geriete jeden Tag ein Hubschrauber unter Beschuss. Heldenmissionen und Selbstmordattentate waren mittlerweile alltäglich geworden. Jolene ging überhaupt nicht mehr zum Basar; sie ertrug einfach die Vorstellung nicht, dass der hübsche Junge, der Videos verkaufte, eines Tages eine Bombe um die Brust geschnallt hätte. In den letzten Tagen hatte es angefangen zu regnen, und der Stützpunkt war eine riesige Schlammpfütze. Der Betonboden der Container sah aus, als wäre er aus Lehm. Der tückische rote Schlamm ging einfach nicht von den Stiefeln ab.
    Aber heute Abend war der Himmel klar, tiefschwarz und mit Sternen übersät. Jolene ging durch den Sinn, wie sie noch vor wenigen Monaten in den Himmel geblickt und daran gedacht hatte, dass ihre Familie zu Hause unter demselben Sternenhimmel friedlich schlief. Aber neuerdings dachte sie kaum noch an zu Hause. Dazu war sie zu beschäftigt und zu erschöpft. Sie flog mittlerweile fast ununterbrochen, transportierte Einheiten zu ihren Stützpunkten, Arbeiter zu ihren Arbeitsstellen und irakische Soldaten, Zivilisten und VIP s der Armee hin und her. Immer öfter auch flog sie Luftangriffe und brachte Soldaten in Kampfzonen.
    Jetzt ging sie neben Tami zum Container, in dem sich die Planungszentrale der Charlie Company befand. Sie sagten nichts, dazu waren sie einfach zu erschöpft. Es war 22 Uhr, und sie hatten bereits zwei Einsätze hinter sich. Gestern waren es noch mehr gewesen.
    Jolene stieg die schlammverschmierte Holztreppe zum Container hinauf. Die Wände waren mit Papieren bedeckt: Plänen, Berichten, Flyern und Kalendern. Die Route jedes Flugzeugs und jedes Hubschraubers wurde hier festgehalten. Auf jedem Tisch sah man Computerbildschirme. Hier wurden auch ihre Maschinengewehre, die Munition und die Flugausrüstung gelagert.
    Als sie den Container betrat, fiel der Strom aus, und es wurde dunkel. Sie hörte jemanden sagen: »Mist. Schon wieder.«
    Jolene wusste, dass der Generator in Kürze anspringen würde, doch sie sollte in fünf Minuten am Hubschrauber sein. »Zarkades, Sir«, sagte sie in die Dunkelheit. »Haben Sie den Einsatzplan für Raptor Acht-Neun?«
    Sie hörte Papier rascheln und dann Schritte auf dem knackenden Sperrholzboden. »Luftangriff, Chief. Sie und Raptor Vier-Zwei fliegen nach Al Anbar. Wir haben eine Einheit der Marines, die in einem Graben festsitzt. Sie sind unter schwerem Beschuss.«
    Der Generator ging an; es wurde hell.
    Captain Will »Cowboy« Rossen stand mit ihrem Einsatzbefehl vor ihr.
    »Ja, Sir.«
    Der Captain nickte. »Alles Gute.«
    Jolene und Tami gingen in den kleinen Raum hinter dem Einsatzzentrum und holten ihre Sachen. Jolene zog die schwere, kugelsichere Weste an und schnappte sich ihren Pilotenkoffer. Als sie über die schlammigen Wege gingen, fing es an zu regnen. Jolene blickte auf und sah, dass eine hellgraue Wolkendecke die Sterne verbarg.
    »Mist. Die Sicht wird schlecht«, sagte sie.
    Sie gingen schneller, ihre Stiefel schmatzten im Schlamm. Jolene spürte, dass Jamie sich ihnen anschloss, aber keiner sagte auf dem Weg zum Helikopter ein Wort. Dann tauchte Smitty auf und schnallte im Gehen seinen Helm zu.
    »Sitzt du links?«, fragte Tami, als sie alles gecheckt hatten und abflugbereit waren.
    Jolene

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