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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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trügerisch erwies? Er hatte keine Ahnung, wie schwer Jolene verwundet war, ob sie überhaupt überleben würde.
    Abgeschossen.
    Er schluckte hart und wischte sich über die Augen, bevor ihm wieder die Tränen kommen konnten.
    »Sag’s mir«, befahl Betsy grimmig. Es brach ihm das Herz zu sehen, wie verängstigt sie war und wie sehr sie sich dennoch bemühte, erwachsen zu sein. Er bahnte sich einen Weg durch die Kleiderhaufen auf dem Boden und kletterte zu ihnen ins Bett. Lulu sprang ohne Vorwarnung auf seinen Schoß.
    »Wo ist sie, Daddy?«, fragte sie hüpfend.
    Michael richtete sich auf und streckte seine Beine aus. »Komm her, Betsy«, sagte er leise.
    Vorsichtig rutschte sie übers Bett und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Ihre Lippen zitterten, obwohl er sehen konnte, dass sie versuchte, es zu unterbinden.
    »Mommy hatte einen Unfall«, sagte er, als er beide Töchter im Arm halten konnte. »Sie ist gerade auf dem Weg in ein richtig gutes Krankenhaus. Und …« Sie kommt wieder in Ordnung. Aber das sagte er nicht, er brachte es einfach nicht heraus.
    Lulu löste sich von ihm, setzte sich auf seine Oberschenkel und sah ihn an. »Ist Mommy verwundert worden?«
    »Kommt sie wieder in Ordnung?«, fragte Betsy leise.
    Noch nie in seinem ganzen Leben hatte Michael sich so unzulänglich gefühlt. »Wir müssen fest daran glauben. Wir müssen für sie beten.«
    Betsy sah ihn an und verlor die Fassung. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie zitterte am ganzen Körper.
    Lulu fing laut an zu schluchzen.
    Michael umarmte seine Töchter, hielt sie fest und versuchte, seine Tränen zurückzudrängen.
    Sie weinten eine Ewigkeit. Schließlich löste sich Lulu von ihm. Ihre schwarzen Locken klebten ihr feucht an den hochroten Wangen. »Wenn Mommy verwundert ist, kriegt sie dann Eiscreme? Weißt du noch, wie Mommy mir Eis gab, als ich die Treppe runtergefallen bin, Betsy?«
    »Erdbeereis«, sagte Betsy, und Lulu nickte.
    »Mit Streuseln.«
    Betsy wischte sich über die Augen und schniefte laut. »Weißt du noch, wie sie sich letzten Sommer am Strand den Fuß verstaucht hat, Lulu? Er wurde ganz dick und lila und eklig, aber sie meinte, es würde gar nicht weh tun. Sie hat auch nur einen Tag aufgehört zu joggen.«
    »Und als dieser Hund sie am Supermarkt gebissen hat, blutete sie, aber es tat kaum weh, weißt du noch? Weil sie nämlich Soldat ist, das hat sie gesagt. Sie ist soldatenstark. Stimmt’s, Daddy?«
    Michael konnte nur nicken. Für die beiden waren diese Geschichten eine tröstliche Möglichkeit, Jolene hierher nach Hause zu holen, aber er hatte ständig Helikopter vor Augen, die explodierten, in den Wüstensand krachten und die Passagiere mit schrecklichen Verletzungen ausspuckten. Er dachte an die Briefe, die er ihr nicht geschickt, an die Dinge, die er ihr nicht gesagt hatte – und an das, was er ihr gesagt hatte: Ich liebe dich nicht mehr. Ihm wurde übel.
    Als seine Mutter zwei Stunden später auftauchte, war er ihr zutiefst dankbar.
    »Mommy ist verwundert, Yia Yia «, sagte Lulu und fing wieder an zu weinen.
    Energisch kam seine Mutter zu ihnen. »Deine Mutter ist eine Kämpfernatur, Lucy Louida, vergiss das nie! Sie braucht jetzt eure Zuversicht. Wie wär’s, wenn ihr euch bettfertig macht, und dann lese ich euch was vor?«
    Michael löste sich von seinen Töchtern und stand auf. Er war etwas zittrig auf den Beinen, als er zu seiner Mutter ging.
    »Ach, Michael«, sagte sie leise und mit bebender Stimme, als er zu ihr trat. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Nicht.« Er wich ihrer ausgestreckten Hand aus. Er durfte sich jetzt nicht trösten lassen, nicht vor seinen Töchtern. Sonst wäre er vielleicht zusammengebrochen. Also drängte er sich an ihr vorbei in den Flur.
    Er schloss die Tür hinter sich und ging nach unten. Eine Weile – wie lange, wusste er nicht – streunte er durchs Haus und betrachtete ziellos Gegenstände. Ihr Hochzeitsfoto im Bücherregal, den Beistelltisch, den sie gemeinsam restauriert hatten, das Schild in der Küche mit der Aufschrift Du bist was ganz Besonderes.
    Als das Telefon klingelte, stürzte er sich darauf. »Michael Zarkades.«
    »Hallo, Mr Zarkades. Hier spricht Maxine Soll vom Roten Kreuz.«
    Er umklammerte den Hörer noch fester und dachte: Bitte, lieber Gott, lass sie in Ordnung sein. »Wie geht es meiner Frau?«
    »Ihr Helikopter wurde gestern Nacht in der Provinz Al Anbar abgeschossen. Wegen der schweren Gefechte war die Bergung schwierig. Viele Einzelheiten

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