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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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ein paar …«
    Doch bevor er den Satz beenden konnte, klingelte es erneut.
    Dieses Mal standen vier Frauen auf der Veranda, die mit Alufolie bedeckte Schüsseln und pralle Einkaufstüten trugen. Sie lächelten ihn traurig und wissend an, umarmten ihn – mit Tränen in den Augen – und fingen dann an, die mitgebrachten Lebensmittel einzuräumen und zuzubereiten. Kurz darauf roch es im ganzen Haus nach gebratenem Speck. Sie machten Frühstück.
    Um neun Uhr kamen die Mädchen nach unten. Als Lulu die vielen stillen Gäste sah, ging sie sofort zu ihrer Großmutter und rollte sich auf ihrem Schoß zusammen. Betsy steckte sich die Kopfhörer in die Ohren und verzog sich in eine Ecke, wo sie Musik hörte und Gameboy spielte.
    Michael wollte gerade etwas zu ihr sagen, als es erneut an der Tür klingelte.
    Erschöpft schon vom Gedanken, dass noch jemand ihm helfen wollte, ging er widerwillig zur Tür und öffnete.
    In seinem mitgenommenen Zustand begriff er erst nach kurzer Verzögerung, was ihn erwartete. Auf seiner Veranda stand eine vertraut wirkende Frau mit frechem Kurzhaarschnitt und zu starkem Make-up. In der Hand hielt sie ein Mikrofon. »Ich bin Dianna Vigan von KOMO TV . Sind Sie Michael Zarkades?«
    Er nickte benommen und bemerkte, dass mehrere Blumensträuße am Zaun lagen. Und um den Stützpfosten des Briefkastens hatte jemand ein gelbes Band geschlungen.
    »Ihre Frau ist ins Gefecht geflogen, und zwar mit ihrer besten Freundin als Copilotin – Warrant Officer Tamara Flynn. Soviel ich weiß, lernten sie sich als Teenager in der Ausbildung kennen. Sie müssen unendlich stolz auf Ihre Frau sein. Wie …«
    »Kein Kommentar.« Michael knallte die Tür zu und trat einen Schritt zurück. Vor lauter Erschütterung bemerkte er erst nach einer Minute, dass es still im Haus geworden war. Die Abgesandten des Militärs, die Frauen und seine ganze Familie starrten ihn an. Irgendwas hatte er offensichtlich falsch gemacht. Aber was erwarteten sie von ihm? Sollte er etwa sagen, dass er stolz auf sie war? Stolz darauf, dass sie abgeschossen worden war?
    Wie konnten sie das von ihm erwarten? Wie sollte er so etwas sagen, wo doch seine ganze Welt auseinanderbrach?

S ECHZEHN
    Es war einer dieser nebligen Tage in Seattle, wo der Himmel hinter einer dichten, mehrlagigen Wolkendecke verschwunden war. Jolene hörte in der Ferne das Nebelhorn der Fähre, wellenartig wie das Wasser, über das es hinwegwehte; irgendwo kreischte eine Möwe.
    Betsy hat die Möwen immer so gerne gefüttert. Wie oft hatten sie Hand in Hand auf dem Deck der Fähre gestanden, windumtost, und Futter zu den perläugigen Vögeln geworfen, die so mühelos in der Luft schwebten?
    Ein Auto hupte.
    Verwirrt runzelte sie die Stirn.
    Der Laut veränderte sich zu einem durchdringenden Pieppieppiep.
    Plötzlich bemerkte sie, dass sie die Augen geschlossen hatte. Ihr Mund war so ausgetrocknet, dass sie nicht schlucken konnte. Nein. Sie hatte etwas im Mund.
    Langsam wurde sie wach und öffnete mühsam die Augen.
    Statt des Himmels sah sie über sich eine weiße Zimmerdecke mit grellen Lampen. Sie blinzelte. Um sie herum standen Apparate, Monitore auf hohen Gerüsten, die aussahen wie dünne, vornübergebeugte Trauernde, und klackten und piepten.
    Das Etwas in ihrem Mund war ein Schlauch. Ein weiterer Schlauch führte von einem Apparat rechts von ihr in ihre Brust.
    Ein lautes Sauggeräusch kam und ging, ein Heben und Fallen.
    Sie hörte Schritte, dann ging eine Tür auf und wieder zu.
    Sie musste nachdenken. Wo war sie? Was war passiert?
    Ein großer Mann in weißem Kittel trat zu ihr. Er trug rote Handschuhe und eine weiße Maske über Nase und Mund. Er schob die Vorhänge zurück, die ihr etwas Privatsphäre verschafft hatten.
    Ein Bett. Ja, genau. Sie lag in einem Bett.
    »Chief«, sagte der Mann. »Sie sind ja wach.«
    Sie versuchte zu sprechen, musste wegen des Schlauchs aber würgen.
    Schmerzen. Sie hatte Schmerzen . Sie überfielen sie ganz plötzlich und füllten sie vollständig aus; war das schon die ganze Zeit so gewesen? Ein Monitor neben ihr piepte schneller.
    »Ganz ruhig, Chief«, sagte der Fremde hinter seiner Maske. »Sie hatten einen schweren Unfall. Erinnern Sie sich? Ihr Helikopter wurde abgeschossen.«
    Seine Stimme zog das Wort unendlich in die Länge: Uuuuunfaaaall.
    Rauch. Brennende Metallsplitter. Tami.
    Ein Adrenalinstoß durchfuhr sie. Der Schmerz brannte – woher kam der? Sie konnte es nicht sagen, konnte ihn nicht isolieren.
    Sie wollte

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