Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
–«
5
Um Gott ein Sündopfer zu bringen:
a) opfere dem Herrn ein Tier (Levitikus 6,18)
oder b) warte bis Jom Kippur und faste einen ganzen Tag (Levitikus 16,29).
Gut zu wissen, dass ich meine Sünden wiedergutmachen kann. (Wie man Schuld sühnt, wird in Levitikus 5 erläutert. Wenn Gott vergeben kann, dann sollten es die Menschen doch auch können.)
Ich habe Hausarrest bis ans Ende meiner Tage.
Mein Dad hat das vor ein paar Minuten so festgesetzt, und er klang, als wäre es ihm todernst damit. Jetzt höre ich seine kleinen Wutausbrüche aus der Küche.
Das Telefon läutet. Das ist bestimmt Jessica.
»Wage es ja nicht, ans Telefon zu gehen!«, brüllt er vom anderen Ende der Wohnung, und sein israelischer Akzent wird von Minute zu Minute stärker. Wenn er sich nicht bald beruhigt, rufen die Nachbarn bestimmt die Polizei.
Ich höre, wie sich sein Stampfen meinem Zimmer nähert. Er macht die Tür auf und blickt mich finster an, während er sich mit der Hand durch die Haare fährt, sein Markenzeichen und seine patentierte Ich-bin-gefrustet-und-weiß-nicht-was-ich-mit-meiner-Teenie-Tochter-tun-soll-Bewegung. »Verstehst du denn nicht, dass das, was du gemacht hast, in vielerlei Hinsicht falsch war, Amy? Du hast meine Kreditkarte gestohlen –«
»Ausgeborgt«, korrigiere ich ihn.
»Wegen dir stand ich vor meinen Geschäftspartnern wie der letzte Depp da. Du meldest mich einfach bei einer Partnervermittlung an … Was kommt als Nächstes?«
Bevor ich den Mund aufmachen kann, um mich zu verteidigen, sagt er: »Wie viel hat mich das gekostet?«
»Die Singlebörse?«
Er nickt.
»Ähm … weniger als sechzig Dollar im Monat«, antworte ich.
»Wie viel weniger?«
»Einen Penny.«
»Du setzt dich jetzt an den Computer und meldest mich ab, ehe ich noch für zwei weitere Monate zahlen muss.«
»Ähm, Aba ?«
»Was?«
»Ich habe ein Sechs-Monats-Abo genommen. Es war günstiger, alles im Voraus zu bezahlen. Es war ein Schnäppchen. Stell dir einfach vor, ich wäre Yente aus Anatevka . Deine ganz persönliche Heiratsvermittlerin.«
Diesmal lacht er, und ich frage mich, ob sein Zustand sich von wütend zu hysterisch gesteigert hat. Mit hysterischen israelischen Ex-Kommandosoldaten ist nicht zu spaßen.
»Was ist so schlimm an einer Partnervermittlung? Die ist extra für Juden «, werfe ich ein, in der Hoffnung, ihm ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Du musst doch auf jüdische Frauen abfahren. Du bist schließlich Israeli.«
»Darum geht es nicht. Du hast, ohne zu fragen, meine Kreditkarte verwendet.«
»Ja, na ja, ich habe halt keine eigene.«
Mir ist, als würde ich hören, wie er diese Tatsache im Flüsterton lobpreist.
Es klingelt an der Tür. Köter dreht total durch und bellt wie ein Irrer. »Ärg! Ärg! Ärg! Ärg!« Das lenkt meinen Dad von mir ab. Er hat Angst, Strafe zahlen zu müssen, wenn sich die Beschwerden der Nachbarn über Köters exzessives Gebell häufen. Das rettet mich für den Moment vor Dads Schimpftirade. Danke, Köter!
»Warte hier«, befiehlt Dad mir und verlässt mein Zimmer.
Also sitze ich auf dem Bett, wieder allein. Und habe Hausarrest. Ich frage mich, wie lang ich hier ausharren muss, bis er mir verzeiht.
»Amy, komm mal her!«, ruft er.
»Ja?«, sage ich unschuldig, als ich mich in Richtung Wohnungstür aufmache. Dad hält Köter am Halsband fest, damit er denjenigen – wer immer auch an der Tür ist – nicht anspringt oder im Schritt beschnüffelt. Ich habe Köter wegen dieser elenden Schnüffelei schon ins Gebet genommen, aber er will es nicht kapieren. Ich weiß sowieso nicht, was er so toll dran findet. Ich schätze, hast du einen angeschnuffelt, weißt du, wie alle riechen. Nicht, dass ich mich damit auskennen würde. Ich verspüre keinerlei Drang, irgendjemandem da unten so nahe zu kommen, um meine Theorie zu untermauern.
»Du kennst doch Mrs Keener, oder?«
Ich mustere den gut geschnittenen Hosenanzug der Frau, die bestimmt schon ein Jahr lang nicht mehr gelächelt hat. Ob sie diesen Siebzigerjahre-Haarknoten auf ihrem Schädel noch straffer zurren kann? Mein Blick wandert zu der Person, die neben ihr steht. Oh nein. Es ist Wachsamer-Bürger-Boy höchstpersönlich.
Mrs Keener schiebt ihn näher zu uns und wendet sich an meinen Dad. »Das ist mein Neffe Nathan. Er wird für eine Weile bei uns wohnen.« Kopfschüttelnd fügt sie hinzu: »Das ist eine lange Geschichte. Ich weiß, dass Ihre Tochter ungefähr im selben Alter ist, und da habe ich mich
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