Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
ob sie mit ihm zum Valentinstanz geht. Sie macht sich genauso steif wie die Eiszapfen, die vom Haltestellenschild hängen.
»Sag mal, Amy, hast du dich echt bei einer Partnervermittlung registriert, um eine Date für den Valentinstanz klarzumachen?«, fragt Roxanne und lacht wie eine Hyäne, die gerade unter Schmerzen Zwillinge zur Welt bringt.
Ich hasse sie wirklich . Das weiß sie auch, weil wir uns letztes Jahr beim Tennis fast gegenseitig die Augen ausgekratzt hätten, als ich sie aus der Schulauswahl verdrängt habe. Immer wenn sie kurz vor dem Verlieren ist, tut sie mitten im Spiel so, als würde sie hyperventilieren, damit sie eine Pause machen und sich neu sortieren kann. Netter Versuch, Roxy. Aber dich fege ich vom Platz – so oder so.
»Sie hat einen Freund«, wirft Jessica ein und verdreht die Augen. »Lass sie in Frieden, Roxanne.«
Am liebsten würde ich sie anfeuern: Go Jessica, go! , aber ich verkneife es mir. Dass ich eigentlich meinen Dad beim PJSN angemeldet habe, erwähnt Jessica mit keinem Wort, weil sie weiß, dass mir das unangenehm wäre. Eines schönen Tages wird Roxanne noch von der Bushaltestelle verbannt werden, wenn sie immer labert, als hätte sie Sprechdurchfall.
Dummerweise lässt der Bus zehn Minuten lang auf sich warten. Wir wohnen alle an der Gold Coast und müssen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule fahren. Ein Auto macht keinen Sinn, wenn man in der City wohnt und dort zur Schule geht. Deshalb sind wir auf Gedeih und Verderb dem Chicagoer Nahverkehr ausgeliefert. Im Sommer und im Frühling ist das kein Ding, aber wenn Chicago im Winter unter den Schneemassen versinkt, dann nervt es. Meist warten wir so lange wie möglich in der Schule und gehen erst kurz vor Abfahrt des Busses nach draußen. Trotzdem friert man sich den Arsch ab, bis der Bus anhält und die Türen aufgehen.
Als wären wir nicht schon mit Roxanne genug geschlagen, kommt nun auch noch Nathan über den Gehsteig geschlittert und stellt sich zu uns. Er hat die Stöpsel seines iPods in den Ohren, um auch ja deutlich zu machen, dass er keinen Wert auf ein Gespräch mit gekünstelten Plastikmenschen legt. Kyle nickt ihm vage zu. Jemand sollte ihn mal aufklären, dass inzwischen Brillen auf dem Markt sind, die nicht mehr rutschen.
Der Bus biegt um die Ecke. Erleichterung! Ich steige als Erste ein, um Roxanne und Nathan zu entfliehen, wenn auch nur für zehn Sekunden. Ich gehe nach hinten durch, wo wir bis zu unserer Bushaltestelle rumhängen. Jess und Mitch – »das Pärchen« – sitzen mir gegenüber. Cami und Raine sitzen nebeneinander, genau wie Kyle und Roxanne. Bleiben Nathan und ich – die Singles.
Nathan zieht nicht mal in Betracht, sich neben mich zu setzen, sondern lässt sich mit seinen Kopfhörern auf eine Bank ganz vorn im Bus fallen. Er macht damit unmissverständlich klar, dass er nicht zu uns gehört.
Keine Ahnung, warum mich das so wurmt.
Vielleicht, weil er meine Schule und meine Freunde beleidigt hat. Und mich.
Egal. Es juckt mich nicht, was Nathan Keener Greyson über mich denkt. Ich habe meine Freunde und meinen Freund, auch wenn er auf der anderen Seite der Weltkugel lebt.
Schluck. Ich vermisse Avi, vor allem in Momenten wie diesem, wenn ich jemanden zum Zusammen-Abhängen bräuchte. Jess ist in letzter Zeit mies drauf – keine Ahnung, ob es wirklich wegen Mitch ist oder ob sie etwas anderes bedrückt. Sie blockt.
Cami macht schon eifrig ihre Hausaufgaben, damit sie daheim nicht mehr so viel zu tun hat. Raine ist das genaue Gegenteil – und deshalb momentan damit beschäftigt, ihren Lippgloss aufzufrischen. Hausaufgaben gehen ihr am Arsch vorbei. Ich vermute sogar, dass ihre Mom die für sie erledigt.
Roxanne flirtet mit Kyle. Vielleicht verlegt sie sich ja endlich auf jemanden, der noch keine Freundin hat. Ich frage mich, ob sie weiß, dass er mit Caroleen Connors zum Valentinstanz geht. Wahrscheinlich nicht, so, wie sie sich an ihn ranschmeißt und ihn die ganze Zeit antatscht, als wäre er ihr Eigentum. Kyle sonnt sich in ihrer Aufmerksamkeit. Gott sei Dank konzentriert er sich jetzt auf ihre Dingdongs und nicht mehr auf meine.
Der Bus hält an der Ecke Dearborn/Superior, wo ich aussteige. Nathan steigt natürlich ebenfalls aus und wir gehen zusammen zu unserem Haus. Aufzüge sind immer ein bisschen komisch. Das Quietschen und Scheppern der Türen kann einem ziemlich auf den Zeiger gehen. Aber wenn man dann auch noch mit jemandem Lift fährt, den man nicht riechen
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