Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
»Nein. Und ich bin sicher, ich will auch keiner sein.«
»Hast du nicht gesagt, ich darf mir aussuchen, was wir heute Abend unternehmen?«
»Ja, aber –«
Ich sehe meinen Vater eindringlich an – er ist einer der wenigen Menschen, die mich und meinen ganzen Mist aushalten und mich trotzdem lieb haben. Vielleicht ja sogar gerade deshalb. Mein Dad tut so, als hätte er vor nichts und niemandem Angst, aber ich habe gerade seine Schwachstelle entdeckt … die Nägel gerichtet zu kriegen. Nicht zu fassen. »Genau das will ich machen. Meine Nägel sind ganz brüchig. Betrachte es einfach als Investition in eine gute Vater-Tochter-Beziehung.«
»Können wir unsere Bindung nicht festigen, indem wir Hallenfußball spielen oder so?«, fragt er.
»Ich stehe nicht auf Fußball. Ich stehe auf Maniküre.« Ich ziehe seine ganzen 1,82 Meter zum Empfangstresen. »Wir haben einen Termin für zweimal Maniküre«, informiere ich die Dame. »Amy und Ron Barak.«
Sie zuckt mit keiner Wimper, als sie unsere Namen in den Computer eingibt und etwas auf zwei Tickets notiert, die sie uns aushändigt. »Sie können sich im Meditationsraum gerne eine Erfrischung nehmen, während Sie warten.«
Mein Dad sieht mich mit großen Augen an. »Hat sie gerade Meditationsraum gesagt?«, fragt er mit seiner tiefen Männerstimme, und ich könnte schwören, dass er sie gerade noch tiefer macht als sonst.
Als wir in das weiße Zimmer kommen, dessen Wände mit Seide ausgekleidet sind, wirkt er nervös. Überall brennen Duftkerzen, im Hintergrund plätschert leise Musik. Ich glaube nicht, dass jemals ein israelischer Ex-Kommandosoldat einen Ort wie diesen betreten hat. In die Wüste passt Ron vermutlich besser. Oder in ein Kriegsgebiet.
In dem Raum befinden sich außer ihm keine anderen Männer, nur eine Dame in einem Frotteebademantel. Ich wette, dass sie darunter nichts anhat. Sie liest ein Gratismagazin und beachtet uns nicht weiter.
»Setz dich«, sage ich zu meinem Dad, während ich mich in einen plüschigen weichen cremefarbenen Sessel sinken lasse und meinen Atemrhythmus der langsamen Musik anpasse.
»Ich stehe lieber«, sagt er kurz angebunden.
Ich schließe die Augen und schalte ab. »Wie du willst.«
Nach ein paar Minuten werden wir von zwei Frauen in langen weißen Kitteln aufgerufen. »Ron und Amy Barak.«
»Das sind wir«, sagt er, dann klatscht er in die Hände und reibt sie aneinander. Das Geräusch lässt mich zusammenzucken und alle starren ihn an. Sehr geschmeidig, Dad.
Als wir uns nebeneinandersetzen, nimmt die Nageltechnikerin Dads Hand und legt sie in eine kleine Schale Seifenwasser.
»Ich will keine Farbe«, sagt er hastig zu der Frau.
Ich würde am liebsten stöhnen. Glaubt er ernsthaft, sie würden ihm die Nägel leuchtend rot oder Fuchsia-pink anmalen? » Aba , Männer kriegen Klarlack oder hautfarben.« Ach nee.
»Ah. Okay …«
Also echt, reiß einen Kerl aus seinem gewohnten Umfeld und er ist völlig verwirrt und verunsichert. Meine eigene Nageltechnikerin Sue massiert mir fachmännisch den Handrücken, die Handinnenfläche und die Finger, die unter ihren geschickten Berührungen weich wie Wackelpudding werden.
»Meine Tochter hat mich hierhergeschleift«, erzählt mein Vater der Frau, sagt es jedoch laut genug, dass es alle in dem kleinen Kosmetikstudio hören können. Komm schon, männlicher Mann! Ja, mach all den Frauen klar, dass du ein starker Krieger bist. Aber verschone mich.
» Aba , du hast Schwielen und deine Haut ist total trocken und rissig. Du siehst echt aus wie ein Dinosaurier. Hab ich recht, Sue? Schauen Sie sich nur mal seine Pranken an.«
Sue ist extrem diplomatisch, als sie einen Blick auf die Hände meines Vaters wirft. Sie lächelt ihn freundlich an und lässt meinen Händen weiter ihre magische Massage angedeihen.
Es ist Dad deutlich anzumerken, als auch seine Nageltechnikerin mit der Handmassage beginnt. Zum ersten Mal seit wir den Laden hier betreten haben, sind seine Schultern nicht mehr so angespannt hochgezogen, sondern sinken in den Relax-Modus.
Von der hohen Luftfeuchtigkeit hier drin kräuseln sich seine Haare und lassen ihn jünger und verletzlich wirken. Ich frage mich, ob er jemals unsicher war. Hat er als Jugendlicher seltsame Phasen durchgemacht oder ist er schon so hart und männlich und selbstbewusst auf die Welt gekommen?
Mit seiner olivbraunen Haut, den markanten Gesichtszügen und der großen, scharfen Nase sieht mein Dad nach Nahem Osten aus. Wenn ich ihn nicht
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