Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
an.«
Raine macht ein Gesicht, als hätte sie an verdorbenem Käse gerochen. »Reg dich ab, Amy.«
»Sag mir nicht, dass ich mich abregen soll, wenn du mein Volk beleidigst«, erwidere ich.
»Ich habe nur eine dumme Bemerkung über Miranda Cohen gemacht, Amy. Nicht über dich. Nicht über die komplette jüdische Bevölkerung oder dein Volk . Oh Mann«, sagt sie und verdreht die Augen.
Am liebsten würde ich jetzt einfach abhauen und mich dieser blöden Situation entziehen, so wie Mitch es mit mir gemacht hat. Aber ich reiße mich zusammen. Weil ich möchte, dass Raine – und alle anderen, die gern mal mit blöden Bemerkungen über Juden um sich werfen – verstehen, dass das nicht okay ist. Es verletzt mich. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ihre Worte mich getroffen haben. Es war wie ein Stich ins Herz, auch wenn sie sich dessen mit Sicherheit gar nicht bewusst ist.
Mein Herzschlag normalisiert sich wieder halbwegs, während Raine sich umdreht und mit einem wütenden Schnauben abrauscht.
Ich wende mich an Cami, die so tut, als würde sie in ihrer Büchertasche nach etwas suchen. Dabei ist offensichtlich, dass sie nur Zeugs hin- und herschiebt. »Ich bin nicht sauer auf dich«, sage ich zu ihr.
Cami blickt auf. »Das war ziemlich hart.«
»Das war nicht meine Absicht.«
Jetzt stehen wir da, und ich muss etwas sagen, um das Schweigen zu brechen. »Bist du auf dem Weg in die Cafeteria?«
Cami zögert, dann sagt sie: »Nein, ich muss erst in den Hilfsmittelraum. Wir sehen uns später.«
Ja, klar. »Auch gut«, erwidere ich, als wäre es mir egal.
Als ich die Cafeteria betrete, lasse ich den Blick durch den Raum schweifen. Raine ist schon da. Sie steckt mit ein paar anderen Mädchen in typischer Lästerpose die Köpfe zusammen. Habe ich gesagt, Klatsch und Tratsch wäre unterschätzt? Na ja, jetzt, da ich selbst das Läster-Objekt bin, bewerte ich das anders. Solche Racheaktionen sind doch scheiße.
Ich reihe mich in die Schlange ein und suche mir etwas zu essen aus. Gestern war eine Katastrophe wegen Nathans Kuss. Jetzt tratscht Raine überall herum, dass ich Jüdin bin. Jede Wette, dass sie die Tatsachen gehörig verdreht, um mich in ein schlechtes Licht zu rücken. Ich bin fest entschlossen, mich unauffällig zu verhalten.
Oh nein. Nathan ist gerade hereingekommen. Er steht ungefähr sechs Leute hinter mir in der Warteschlange und unterhält sich mit Kyle. Gut zu wissen, wo er steckt, damit ich mir nicht wieder einen Kuss einfange, ohne darauf gefasst zu sein.
Heute nehme ich keinen Salat – vor allem, weil Gladys mich von der Essensausgabe aus mit Argusaugen beobachtet. Ich bestelle eins von den Truthahnsandwiches mit Sauerteigbrot, die am Feinkosttresen frisch zubereitet werden, und scanne die Tische.
Jetzt wird es kniffelig.
Die Cafeteria. Wo sich quasi die Spreu vom Weizen trennt. Normalerweise halte ich mich immer an Jessica. Wo sie sitzt, sitze auch ich. Gerade steht sie an der Theke mit den Würzsoßen und quetscht für ihre Pommes Ketchup in eine kleine weiße Schale. Sie hat keine Ahnung, dass Raine rumerzählt, wie sie sich über Mirandas jüdische Nase lustig gemacht hat.
Miranda sitzt bei ihren üblichen Leuten. Sie sind nicht alle Juden. Was sie gemeinsam haben, ist, dass sie mal eine Modeberatung bräuchten. Außerdem sind sie alle Einserschüler. Miranda winkt mir zu und ich winke zurück. Wahrscheinlich meint sie, ich setze mich wieder zu ihr an den Tisch wie gestern.
Jess setzt sich zu Raine, noch ehe ich ihre Aufmerksamkeit auf mich lenken kann.
Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass Nathan an der Kasse steht, um seine zwei Pizzastücke und eine Flasche Arizona Iced Tea zu bezahlen.
Okay, jetzt muss ich eine Entscheidung treffen. Mich entweder bei Jessica und Raine einreihen, wo ich sonst immer sitze, oder mich wieder zu Miranda und ihren Freunden gesellen. Keine Zeit zu zaudern, Amy. Beliebte Mädchen zaudern nicht.
Als wäre ich ein programmierter Roboter, nehme ich bei meinen üblichen Freunden Platz. Ich komme mir wie ein Verräter vor, obwohl sich Miranda, als ich einen Blick zu ihr hinüberwerfe, angeregt mit jemand anderem unterhält und nicht mal mitkriegt, dass ich mich für die beliebten Mädchen entschieden habe, die wissen, was DKNY ist, statt an ihren Tisch zu kommen, wo sie vermutlich über E=mc ² diskutieren.
Als ich mich auf den Platz neben Jessica schiebe, wird es am Tisch plötzlich totenstill. Jess ist verwirrt.
»Na, was ist jetzt mit dir und dem
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