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Zwischen uns die Zeit (German Edition)

Zwischen uns die Zeit (German Edition)

Titel: Zwischen uns die Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ireland Stone
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irgendwann überrascht fest, dass mir das Klettern totalen Spaß macht. Immer wieder aufs Neue den Fels nach einer weiteren Möglichkeit abzusuchen, um sich hochzuziehen und dem Ziel zu nähern, ist ein bisschen so, als würde man ein kompliziertes Rätsel lösen.
    » Okay, halt mal kurz an«, ruft Bennett mir zu, als ich ungefähr die Mitte der Felswand erreicht habe. » Und jetzt lass dich fallen. Lass einfach los.«
    » Was?«, rufe ich panisch. » Ich soll einfach… loslassen?«
    » Ja, du hängst am Seil, dir kann nichts passieren.«
    Ich hole tief Luft und– lasse los. Mein Magen schlägt einen kleinen Salto, aber das Seil hält mich. Ich baumle in der Luft und stemme mich mit den Füßen gegen den Fels.
    » Ich wollte nur, dass du spürst, dass du gesichert bist. Du hängst jetzt fünf Meter über dem Boden, aber auch wenn du höher geklettert bist, kannst du dich jederzeit ins Seil hängen, falls du abrutschst oder eine Pause brauchst, okay?«
    » Okay.« Ich fühle mich tatsächlich sicher.
    » Du machst das wirklich gut, Anna. Wenn du bereit bist, weiterzuklettern, schwingst du dich zum Felsen zurück, suchst dort Halt und rufst mir das Kommando ›Ich gehe‹ zu.«
    Schnell finde ich eine Stelle, an der ich mich festhalten kann. » Ich gehe!«
    » Los!«, höre ich von unten.
    Ich bin selbst überrascht darüber, wie leicht es mir fällt, in dem scheinbar glatten Stein immer wieder Kanten und Überhänge zu entdecken, die mir den Aufstieg ermöglichen, ohne dass ich abrutsche. Nach unten sehe ich nicht. Ich konzentriere mich ganz auf das Rätsel und darauf, den Code zu knacken, der mich nach oben bringen wird. Viel schneller, als ich es erwartet hätte, ist über mir plötzlich nur noch der Himmel.
    Ich ziehe mich über die Kante auf das Felsplateau, stehe auf, reiße die Arme in die Luft wie Rocky Balboa und juble: » Ich hab’s geschafft!« Bennett sieht mir von unten zu und hebt den Daumen.
    Allerdings bekommt meine Begeisterung einen empfindlichen Dämpfer, sobald mir klar wird, dass ich auch wieder runtermuss, und als ich einen vorsichtigen Blick in die Tiefe wage, wird mir sofort ein bisschen schwindelig.
    Bennett gibt mir von unten Anweisungen, an welcher Stelle ich mich bäuchlings über die Kante nach unten rutschen lassen soll und wo ich am Fels mit den Füßen Halt finden werde.
    » Was ist mit dem Seil?«, rufe ich, ohne hinunterzusehen. » Muss ich mich nicht daran festhalten?«
    » Nein. Du stemmst einfach die Füße gegen den Fels und lehnst dich nach hinten. Ich weiß, dass das ein merkwürdiges Gefühl ist, aber dir kann wirklich nichts passieren. Lass deine Arme ganz locker hängen.«
    Leichter gesagt als getan. » Und wenn ich falle?«
    » Du wirst nicht fallen, Anna. Lass das Seil los, sonst gerätst du ins Trudeln. Vertrau mir einfach, okay?«
    Ich zwinge mich, die Arme seitlich herabhängen zu lassen, und versuche so ruhig wie möglich zu atmen, während Bennett mich langsam herunterzieht.
    Anfangs habe ich noch Probleme, die Fußsohlen immer am Fels zu behalten, aber bald habe ich den richtigen Rhythmus gefunden und spüre schon einen Moment später wieder festen Boden unter den Füßen.
    » Hey, das hast du toll gemacht!« Bennett drückt mich lächelnd an sich. » Und, wie hat es dir gefallen?«
    » Gut!« Ich fühle mich zwar noch ein bisschen zittrig auf den Beinen, aber der Kick, mich getraut und es geschafft zu haben, setzt jede Menge Glückshormone frei. » Sogar richtig gut!«
    Er beginnt, das Seil an meinem Geschirr aufzuknoten, und steht dabei immer noch so dicht vor mir, dass ich spüre, wie sich sein Brustkorb beim Atmen hebt und senkt. Ich schließe die Augen und stehe ganz still. Einen Augenblick später höre ich, wie das Seil zu Boden fällt, aber statt mich loszulassen, legt Bennett wieder die Arme um mich, zieht mich noch enger an sich und küsst mich. Meine Knie werden weich und mein Körper schüttet noch mehr Glückshormone aus, als er plötzlich den Kopf hebt und sagt: » Jetzt bin ich dran.«
    Verwirrt sehe ich ihn an. » Was meinst du?«
    » Möchtest du nicht lernen, wie man einen anderen sichert?«
    » Du willst dein Leben in die Hände einer blutigen Anfängerin legen? Bist du sicher?«
    » Absolut.« Er tritt einen Schritt zurück und ich vermisse die Berührung seiner Hände schon in dem Moment, in dem er mich loslässt. Er hakt den Metallkarabiner von seinem Geschirr ab und befestigt ihn an meinem.
    » Gesichert?«
    » Gesichert.«

18
    Vom

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