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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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verkleiden, oder ist das eine geheime Mission?«
    »Total geheim.« Micky grinst. »Auf jeden Fall hat sie unzählige solche Verkleidungen, sie kann wie eine Runji aussehen, wie eine vom Bergvolk oder wie eine Kneipenwirtin aus Belmonde. Ich muss zugeben, dass ich auch schon mal an ihr vorbeigelaufen bin und erst gesehen hab, dass sie es war, als sie mich gegrüßt hat.«
    In Terrasse ist es noch still auf den Brücken und Stegstraßen, so früh am Morgen sind noch nicht viele Leute auf den Beinen.
    »Ich muss mal für fünf Minuten hier rein«, sagt Kenta und bleibt vor einem Wohnhaus stehen. »Ich bin gleich zurück. Wartet hier an der Tür auf mich.«
    Tio lehnt sich gegen die Hausmauer, den Rucksack so zwischen die Beine geklemmt, als würde er befürchten, das Geld könnte ihm jederzeit wieder geraubt werden, was ja nicht aus der Luft gegriffen ist. Ob Kivan und seine Kumpel heute wieder nach ihnen Ausschau halten? Tio wäre nicht überrascht, wenn sie beim Maile Dhun rumhingen, weil sie ja wussten, dass er dorthin kommen muss, um das Geld für Ayse zu bezahlen. Oder würden sie bei den Anlegern auf ihn warten, dort, wo sie ihn und Micky gestern zuletzt gesehen hatten? Na, dann würden sie da umsonst rumstehen. Vielleicht trieben sie sich aber auch dort rum, wo Tio normalerweise nach Terrasse kommen würde, wenn er von Sandbach aufgebrochen wäre, und das war nicht weit von hier. Was sollte er machen, wenn er sie plötzlich kommen sah? Wegrennen? Nein. Laut nach Kenta rufen? Hier auf die Klingel drücken?
    Er glaubt, von Weitem ihre Stimmen zu hören, aber in Terrasse wohnen so viele Jungen. Sehnsüchtig schweift sein Blick über Brücken und Häuser. Er will nur, dass sich Kenta ein bisschen beeilt.
    Der Frühstückswagen ist noch nicht vorbeigekommen, da tauchen bereits Leute am Gitter von Ayses Zelle auf. Sie lag noch schaukelnd in der Hängematte, aber nun lässt sie sich schnell hinausgleiten. Wer kommt sie da früh besuchen?
    Sie sieht, dass eine der Wächterinnen ihren Speer zur Seite gestellt hat und unschlüssig mit den Schlüsseln klappert.
    Es erklingt eine hellere Stimme, die der Frau etwas zu befehlen scheint. Ayse kennt die Stimme!
    »Hala! Was machst du hier so früh am Morgen? Kommst du, um ein bisschen zu quatschen? Schön, aber deine Mutter findet das bestimmt nicht …«
    »Pst!«, macht Hala. »Nein, ich bin nicht hier, um mit dir zu quatschen, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Ich bin gekommen, um dich freizulassen. Es tut mir leid, dass du hier noch eine Nacht zubringen musstest, aber ich konnte nicht früher weg.« Sie wirft der Wächterin einen ungeduldigen Blick zu und sagt irgendetwas auf Runji zu ihr.
    Ayse grinst, es klang unmissverständlich wie: »Na, wird’s bald?« Die Frau scheint zu zögern, sie murmelt etwas und starrt weiter auf den Schlüsselbund in ihrer Hand. Dann nimmt ihr Hala ohne weiteres Federlesen die Schlüssel ab und beginnt, einen nach dem anderen am Schloss von Ayse Zelle auszuprobieren. Das geht der Wächterin zu weit. Sie reißt dem Mädchen den Bund aus der Hand und steckt den richtigen Schlüssel ins Schloss.
    Für die Frau dürfte das eine schwierige Situation sein, begreift Ayse, denn es ist bestimmt nicht üblich, dass jemand hier so ohne Weiteres die Gefangenen freilässt. Aber diese Jemand ist zufällig die Tochter der Maile, die zukünftige Herrscherin von Terrasse, und kann sie der etwas verweigern? Sobald das Gitter weit genug offen steht, tritt Ayse schnell durch den Spalt und ihrer Freiheit entgegen. Jetzt schleunigst verschwinden, denkt sie. Offenbar denkt Hala genauso, denn sie nimmt Ayse an der Hand und zieht sie mit sich, durch den Gang ins Freie.
    »Ich weiß einen Weg hinten rum«, erklärt sie Ayse. »Ich hab keine Lust, meinem Bruder zu begegnen, und wenn du gleichalleine weiterläufst, musst du dich auf jeden Fall von ihm fernhalten. Gehst du zurück nach Sandbach?«
    Ayse nickt. »Das ist am sichersten.« Sie wirft Hala einen bedauernden Blick zu. »Terrasse ist eine schöne Stadt, Hala, aber ich will keine Minute länger bleiben. Und die Menschen hier finde ich auch nicht gerade nett. Ja, ja«, sie stupst das Runjimädchen in die Seite, »bis auf eine.«
    »Ich weiß«, sagt Hala düster. Dann nimmt ihr Gesicht einen wütenden Ausdruck an. »Und das liegt nur an meiner Mutter mit ihren idiotischen Gesetzen und Vorschriften. Sie hat Terrasse zu dem gemacht, was es heute ist. Sie ist so herrschsüchtig! Wieso sind wir Runji denn besser

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