Zwischenwelten (German Edition)
so?«
Ayses Kichern wird zum Gelächter. Sie zeigt auf die Stelle, wo der Anlager war und wo jetzt nur ein kleiner Strand, ein paar Steine und wilde Sträucher zu sehen sind. »Eigentlich ganz logisch«, findet sie. »Denn einen Level weiter zurück waren die Runji bloß reisende Fischer. Einen Hafen hatten sie hier auf jeden Fall noch nicht.«
Tio blickt überrascht auf die wilde Natur, die ihn hier umgibt. »Tja … natürlich«, murmelt er und fängt auch an zu kichern.
Und dann prusten beide vor Lachen. Es ist auch ziemlich verrückt, so plötzlich mit den Füßen im Meer zu stehen.
»Halt bloß die Dinger da trocken«, gluckst Tio und tippt auf die Papierrollen.
Ayse hebt sie etwas höher und watet durch das Wasser zum Strand. »Lass uns gleich weitergehen, es ist noch ein ganzes Stück bis nach Terrasse.«
Nach einer Weile kommen sie an eine Stelle, die ihnen wegen einigen markanten Hügeln irgendwie bekannt vorkommt. Sie bleiben stehen und spähen zum gegenüberliegenden Ufer.
»Hm … eigentlich müsste es hier sein«, murmelt Tio.
»Aber hier ist nichts«, sagt Ayse. »Und was jetzt?«
Wo es kein Terrasse gibt, gibt es auch keine Brücken, die beide Ufer miteinander verbinden.
»Schwimmen!« Tio kichert, aber er meint es nicht ernst. »Das geht mit den Rollen nicht. Dann kannst du sie auf der anderen Seite wegschmeißen. Ich bin hier schon mal beinahe abgesoffen.«
»Ein Boot«, sagt Ayse. »Das ist die einzige Möglichkeit. Wir müssen uns mit einem Boot übersetzen lassen.«
»Und von wem?« Tio zeigt auf die gegenüberliegende Seite, wo zwar ein paar Anleger zu sehen sind, an denen aber kein einziges Boot festgemacht hat.
»Ich meine, dass ich ein Stückchen zurück ein paar Boote gesehen hab«, erinnert sich Ayse. »Ich glaube, das war der Anleger, wo ihr, du und Micky, mal ausgestiegen seid und wo auch die Frau – wie hieß sie noch? – an Land gegangen ist. Auf diesem Level ist das nur so ein kleiner, popeliger Anleger.«
»Kenta.« Tio nickt. »Ob sie hier in demselben Haus über dem Kliff wohnt? Blöd, soviel ich weiß, hat sie kein Boot.«
Sie gehen zurück, bis sie zu dem Anleger kommen, den Ayse gesehen hat. Zwei kleine Ruderboote liegen dort.
»Da war doch vorher so eine Art Häuschen oder Kasten«, sagt Tio. »So ein hölzernes Ding, an dessen Fenster ein Zettel mit den Abfahrtszeiten hing.«
»Bestimmt für Valpas Boot. Aber jetzt kommt er nicht. Valpa ist in dieser Welt ohne die Konkurrenz der Runji wahrscheinlich noch ein ganz normaler Fischer.«
Aber über sich am Felshang sehen sie das Haus, in dem Tio mit Micky übernachtet hat. »Am besten fragen wir da mal. Es müssen sicher auch Leute von hier ab und zu auf die andere Seite.« Aus irgendeinem Grund ist er gar nicht überrascht, als Kenta in der Tür erscheint, nachdem er geklopft hat.
»Guten Tag, wir wollten Sie etwas fragen«, fängt Ayse an. »Wir möchten auf die andere Seite vom Fluss. Wissen Sie, ob Boote rüberfahren?«
»Ja, schon«, erwidert Kenta freundlich, »es liegen ja ein paar Boote am Anleger. Unter anderem eins von Harta, die da weiter oben in dem weißen Haus wohnt. Ihr könnt ja mal schauen, ob sie Zeit hat, euch überzusetzen. Es ist allerdings üblich, ihr dafür ein paar Khansi zu bezahlen. Und sonst könnt ihr auch bei Resje anklopfen, obwohl die zu dieser Zeit wahrscheinlich schon Beerenwein trinkt.« Kenta lacht entschuldigend.
»Danke für die Auskunft«, ruft Ayse fröhlich und ist schon zu dem weißen Haus unterwegs.
Zum Glück ist Harta bereit, heute noch einmal hin- und herzurudern. »Warum nicht, es ist ja schönes Wetter.«
Sie vereinbaren einen Preis, der Ayse und Tio ausgesprochen niedrig erscheint.
Der Fluss ist ruhig, es geht kaum Wind, und die Sonne lässt das leicht gekräuselte Wasser silbern aufblitzen. Ayse und Tio genießen die Überfahrt – es gibt hier keine Runji, es herrscht kein Krieg, und sie haben es nicht eilig.
Auf der anderen Seite vertäut Harta ihr Boot an einem Anleger der Salzländer. Keine Runjiterrasse macht ihm den Platz streitig.
»Irgendwann sollte man hier mal eine Brücke bauen«, witzelt Tio, als sie sich verabschieden, »dann werden Sie nicht mehr von Leuten wie uns belästigt.«
»Oh, die wird’s vielleicht mal geben«, sagt die freundliche Salzländerin. »Aber wenn es nach mir ginge, müsste das nicht sein. So hab wenigstens ich einen hübschen Nebenverdienst.«
Tio und Ayse schlagen den Weg nach Sandelenbach ein, den sie schon
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