Zwischenwelten (German Edition)
ihren Bürgersteig und rücken Tische und Stühle auf den Terrassen wieder schön zurecht. Waren werden mit Wagen aus Holz angeliefert, wobei Tio und Ayse völlig unklar ist, womit diese Wagen fahren – mit Benzin, Gas, oder haben sie vielleicht einen Elektromotor? Das Einzige, was die beiden in dieser Stadt nicht sehen, sind ganz normale Autos.
Eine Schulklasse kommt vorbei. Alle Kinder tragen graue Hemden.
»Du meine Güte, die haben hier aber blöde Schuluniformen«, sagt Ayse.
»Und was noch viel schlimmer für sie ist …« Tio grinst. »… sie haben offenbar keine Sommerferien.«
»Vielleicht ist hier im Moment kein Sommer.« Ayse blickt eine Weile in den Wolkenhimmel, als würde sie da die Antwort auf ihre Frage finden.
Auf einer der Terrassen lassen sie sich etwas zu trinken bringen. Auf gut Glück haben sie was von der Karte gewählt. Feldbeerensaft heißt es und wird in einem großen Glas serviert. Der Saft ist gelb und schrecklich süß.
»Wollen wir auch was essen?«, schlägt Ayse vor.
»Hast du schon wieder Hunger?«
»Nein, aber ich bin neugierig.« Sie bestellt ein Stück Kuchen. »Schmeckt wie Apfelkuchen«, sagt sie nach dem ersten Bissen, doch die Früchte in dem Teig sind dunkelrot.
Tio probiert auch und findet den Geschmack langweilig. »Birnen. Es schmeckt mehr nach Birnen.«
»Dann sind es sicher die roten Birnen, die wir im Supermarkt gesehen haben.« Ayse nimmt noch einen Bissen. »Vielleicht kommen die komischen Dinger, die sie hier haben, aus dem Land, aus dem Buba stammt, und sind eigentlich tropische Früchte.«
Beim Bezahlen hören sie endlich, wie das Geld hier genannt wird. »Sechs Khansi«, verlangt die Bedienung, und Ayse muss sich die Münzen sehr genau ansehen, um ihr den richtigen Betrag zu geben.
Als sie dann wieder durch die Straßen und Gassen bummeln, wird ihnen allmählich langweilig.
Ayse bleibt an einer Straßenecke stehen und blickt sich um. »Wir müssen uns mal überlegen, was wir jetzt eigentlich machen wollen.«
»Wir tun doch schon was.«
»Aber nichts Nützliches! Wir sollen doch ein Rätsel lösen oder?«
Tio macht ein besorgtes Gesicht. »Eigentlich hab ich erwartet, dass da was von selbst passiert, sobald wir erst mal hier zwischen all den Menschen sind.«
»Aber es passiert einfach nichts«, antwortet Ayse. »He, wollen wir noch mal aus dem Städtchen rausgehen? Das leere Haus, das wir auf dem Hinweg gesehen haben, vielleicht ist das der Startpunkt, und wir müssen da das erste Rätsel lösen!« Sie dreht sich um und geht schnurstracks in die Richtung, in der sie den Weg vermutet, den sie gestern gekommen sind.
»Was für eine eklige dicke schwarze Wolke«, findet Ayse, als sie den Weg zwischen den Weiden entlanggehen. »Da drüben, über den Bäumen.«
»Das ist ein Feuer«, sagt Tio. »Da brennt was. Das muss aber nicht Ernstes sein. Bauern machen oft Feuer, um Zweige, Blätter und Abfall von den Feldern zu verbrennen.«
Sie beschließen, einfach daran vorbeizugehen, denn schließlich haben sie etwas Besseres zu tun, als sich ein Feuer anzugucken.
Bei dem alten Bauernhof ist es anders, als sie erwartet haben.
»Ich hab mir vorgestellt, dass es hier jetzt auch etwas angenehmer wäre.« Tio runzelt die Stirn. »Weil auf dem Hinweg alles so leer und verlassen dalag und auch die Stadt erst voller Menschen war, nachdem wir über die Treppe gegangen sind, hab ich gedacht, dass hier auch Menschen bei der Arbeit wären. Das wäre doch logisch, oder?«
Ayse nickt. »Aber es sieht hier immer noch ziemlich verlassen aus.« Sie deutet mit dem Kopf auf den Bauernhof. »War der auf dem Hinweg auch schon so verfallen?«
»Verfallen? Nein. Leer schon. Unbewohnt war er, kahl und still.«
Ayse bleibt stehen. »Mensch, das ist ja völlig kaputt …« Ihre Augenbrauen werden zu zwei schrägen Strichen. »Schau dir das mal an. Total kaputt.«
Tio will weiter. »Ich geh mal schnell gucken.«
Auf dem Hof gibt es noch dieselben Schlammpfützen wie gestern, aber ein großes Loch im Dach des Gebäudes verrät, dass etwas Schreckliches passiert sein muss.
Die Stalltür steht offen, und ein Wagen mit großen glänzenden schwarzen Rädern liegt neben der Tür auf der Seite.
»Komische Wagen haben die hier«, sagt Tio. »Die sehen so ähnlich aus wie diese altmodischen Bauernwagen, die von einem Pferd gezogen werden, aber die, die wir in der Stadt gesehen haben, scheinen von alleine zu fahren.«
Ayse blickt fassungslos zu einem tiefen Krater auf dem Hof,
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