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Zwölf im Netz

Zwölf im Netz

Titel: Zwölf im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Seipolt
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eisenbeschlagener Stiefel. Der Kommandant von Kapharnaum höchstpersönlich marschierte herein, schnurstracks auf Valeria zu ; es blieb mir keine Zeit mehr, mich zu verstecken. Doch Valeria schien nicht im mindesten erschrocken.«
    »Warum sollte sie, die Römerin, vor einem römischen Hauptmann erschrecken?«
    »Weil er ihr Gatte ist. Da staunt der große Gelehrte, wie? Ich habe auch gestaunt. Er übrigens nicht; er scheint es seiner Frau nicht zu verübeln, daß sie sich die Zeit mit jüngeren Männern vertreibt. Er sah an mir vorbei, als sei ich gar nicht vorhanden. Valeria fragte ihn, warum er so wild hereinstürme, ob etwas Schlimmes passiert sei.«
    »Sie fürchtete wohl um ihren Kurerfolg.«
    »»Allerdings ist etwas passiert-, sagte der Hauptmann, »mit Felix.- Sie mußte erst nachdenken, was für einen Felix er meinte, bis es ihr einfiel. »Ach ja, dein neuer Bursche mit den Sommersprossen. Ist der beim Stiefelputzen verunglückt?- Der Hauptmann sagte, Felix sei plötzlich erkrankt, mit unerklärlich hohem Fieber und schrecklichen Rückenschmerzen, der Arzt habe keinen Rat gewußt. »Mach dir keine Sorgen-, sagte seine Frau, »bei jungen Burschen verschwindet das Fieber genauso schnell, wie es kommt.- »Es verschwand aber nicht-, sagte ihr Mann. »So ist der arme Junge gestorben?- »Beinahe-, gab der Hauptmann zur Antwort, »aber dem Himmel sei Dank, ein jüdischer Rabbi hat ihn geheilt.- »Attikus-, rief sie, »das kann nur der Rabbi Jesus aus Nazareth gewesen sein!- »Ja-, sagte er, »ich glaube, so heißt er.- Sämtliche Frauen drängten sich um ihn, und auch ich rückte unauffällig näher an ihn heran, während er erzählte. Man spürte noch deutlich, wie tief ihn der Vorfall aufgewühlt hatte. Er schaffte kaum ganze Sätze, sprach stoßweise und abgehackt. Du wirst spotten, typischer Kommißstiefelton. Aber da irrst du. Er scheint zu den vernünftigen, anständigen und humanen Offizieren zu gehören; hätte er sich sonst so um den erkrankten Burschen gekümmert? Andere hätten eine Ordonnanz zu Jesus geschickt, er bemühte sich selber zu ihm, um ihn zu bitten, den Kranken zu heilen. Da passierte das Unerhörte, Jesus war sofort bereit dazu und wollte mit ihm gehen. Da sagte der Hauptmann — immerhin höchster Vertreter der römischen Macht in Kapharnaum — er sei nicht würdig, daß Jesus sein Haus betrete. — Sprich nur ein Wort, Meister«, bat er, — und mein Bursche wird gesund.««
    »Bei allen Propheten«, entfuhr es Natanael, »das nenne ich Glauben.«
    »Das sagte Jesus auch. Einen solchen Glauben habe er in Israel bisher nicht gefunden wie bei diesem angeblichen Heiden. Er belohnte ihn auch. Felix wurde in derselben Stunde gesund.«
    »Und Valeria? Lag der überhaupt viel am Schicksal eines kleinen Stiefelputzers?«
    »Jedenfalls fühlte sie sich durch das Wunder persönlich geehrt und will eine Inschrift am Hause anbringen lassen. Um ihrem Mann wenigstens mit indirekten Kontakten zu Jesus zu imponieren, deutete sie auf mich und sagte stolz: — Da, der gehört zu den ersten Gefährten des Jesus von Nazareth und ist gewissermaßen sein Verbindungsmann zum befreundeten Ausland.«
    Der Hauptmann maß mich von oben bis unten mit einem Blick schneidender Verachtung. — Sie, mein Herr«, begann er, und das war zehnmal schlimmer, als wenn er mich — Du Hund!« angedonnert hätte. — Sie, mein Herr, schämen Sie sich! Ein Jünger des Meisters — und Sie treiben sich als halbnackter Apollo in Luxushotels herum. Was haben Sie hier verloren, wo Sie bei ihm alles zu gewinnen haben? Gehen Sie, wenn Sie noch einen Funken Ehre im Leibe haben, gehen Sie fort so schnell wie möglich. Fallen Sie Ihrem Meister zu Füßen, bitten Sie ihn um Vergebung und verraten Sie ihn nie, nie mehr!« Und darum, Natanael, bin ich wieder da.«
    Natanael konnte seine innere Bewegung nicht verbergen, er faßte Philipp freundschaftlich am Arm. »Verzeih mir, daß ich so häßlich zu dir war. Aber es hatte mich tief verstimmt, daß die bloße, zufällige Begegnung mit Valeria genügte, dich von Jesus fortzulocken. Tiberias schien mir die falscheste Richtung für dich zu sein. Vielleicht war es ein notwendiger Umweg.« Als Philipp sich erhob, fragte ihn Natanael, wohin er gehe.
    »Zu Levi.«
    »Kaum dem einen Sumpf entronnen, willst du in den anderen stolpern?« fragte Natanael, aber mit einem scherzhaften Unterton.
    »Du sagtest doch selbst, daß Jesus dort ist.«
    »Jesus schreitet auch über Sümpfe. Aber er wird das Fest

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