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Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solomon Northup
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sollte.
     
    Nach einer halben Stunde kam Tibeats rüber zur Weberei, schaute mich scharf an und kehrte ohne ein Wort zu sagen zurück ins Haus. Er saß fast den gesamten Morgen auf dem Vorplatz, las in der Zeitung und sprach mit Ford. Nach dem Mittagessen verließ Letztgenannter die Plantage und ritt zurück nach Pine Woods – was ich nur mit größtem Bedauern zur Kenntnis nahm.
     
    Tibeats kam an diesem Tag noch ein einziges Mal zu mir, gab mir Befehle, und machte wieder kehrt.
     
    Die Weberei wurde noch in dieser Woche fertig. Während der ganzen Zeit machte Tibeats keinerlei Anspielung bezüglich unserer Streits. Dann informierte man mich, dass ich an Peter Tanner verliehen worden sei und unter einem anderen Zimmermann namens Myers arbeiten sollte. Ich war dankbar für diese Ankündigung, schließlich war jeder Platz, der mich seiner verhassten Anwesenheit entziehen würde, besser als hier.
     
    Wie ich dem Leser ja schon mitgeteilt habe lebt Peter Tanner am anderen Flussufer und ist der Bruder von Mrs. Ford. Er gehört zu den größten Pflanzern am Bayou Boeuf und besitzt eine stattliche Anzahl Sklaven.
     
    Frohen Herzens ging ich hinüber zu den Tanners. Er hatte von meinen Differenzen gehört – in der Tat durfte ich feststellen, dass Tibeats Abreibung schon überall ausposaunt worden war. Dieses Vorkommnis und das Experiment mit dem Floß hatten mich berühmt-berüchtigt gemacht. Ich habe nicht nur einmal gehört, wie man Platt Ford – mittlerweile Platt Tibeats, da der Nachname eines Sklaven mit dem Besitzer wechselt – als "teuflischen Nigger" bezeichnete. Doch ich sollte schon bald für noch viel mehr Aufregung in der kleinen Welt des Bayou Boeuf sorgen – wie wir gleich sehen werden.
     
    Peter Tanner tat alles, um mir Strenge und Härte vorzugaukeln, aber ich konnte schon bald feststellen, dass der alte Kerl immer noch eine gute Portion Humor besaß.
     
    "Du bist der Nigger", sagte er, als ich ankam, "Du bist der Nigger, der seinen Herrn verprügelt hat, eh? Du bist der Nigger, der Zimmermann Tibeats am Bein festgehalten und ihn so richtig verdroschen hat, nicht wahr? Ich möchte sehen, wie du mich am Bein festhältst – wirklich. Hast'n guten Charakter – bist ein guter Nigger – ziemlich bemerkenswerter Nigger, nicht wahr? Ich würde dich peitschen – ich würde dir den Trotz austreiben. Nimm mein Bein, wenn du willst. Spiel hier keine Spielchen, Junge, merk's dir! Und jetzt an die Arbeit, du kleiner Ganove", schloss Peter Tanner und konnte ein Grinsen über seinen eigenen Witz und Sarkasmus nicht unterdrücken.
     
    Nach dem ich dieser Begrüßung beigewohnt hatte kümmerte sich Myers um mich und ich arbeitete unter seiner Führung einen Monat lang zur beiderseitigen Zufriedenheit.
     
    Genau wie William Ford, sein Schwager, hatte auch Tanner die Angewohnheit, seinen Sklaven am Sabbat die Bibel vorzulesen, wenn auch in einem etwas anderen Geist. Er war ein begeisterter Kommentator des Neuen Testaments. Am ersten Sonntag nach meiner Ankunft rief er uns zusammen und begann aus dem zwölften Kapitel des Evangeliums nach Lukas zu lesen. Als er zum siebenundvierzigsten Vers kam, schaute er bedachtsam um sich und fuhr fort – " Der Knecht aber, der den Willen seines Herrn kennt" – und hier hielt er kurz inne, um uns noch intensiver anzuschauen, und fuhr fort -, "der den Willen seines Herrn kennt, hat aber nichts vorbereitet" – eine weitere Pause - "hat aber nichts vorbereitet noch nach seinem Willen getan, der wird viel Schläge erleiden müssen."
     
    "Habt ihr das gehört?", wollte Peter mit Nachdruck wissen. "Schläge", wiederholte er, langsam und pointiert, und nahm seine Brille ab, um ein paar Anmerkungen dazu zu machen.
     
    "Der Nigger, der nicht aufpasst – seinem Herrn nicht gehorcht – das ist sein Master – sehr ihr? – dieser Nigger soll mit Schlägen bestraft werden. Und "viel" bedeutet hier " sehr viele " – vierzig, hundert oder hundertfünfzig Hiebe. So steht es geschrieben!" Tanner setzte seine Erläuterungen, sehr zur Erbauung seiner dunkelhäutigen Zuhörerschaft, noch eine ganze Weile fort.
     
    Als er seine Aufgabe beendet hatte, rief er drei seiner Sklaven auf - Warner, Will und Major - und rief mir zu –
     
    "Hier Platt, du hast Tibeats am Bein festgehalten; nun werden wir sehen, ob du die drei Gauner hier genauso festhalten kannst, bis ich von meinem Treffen zurück bin."
     
    Daraufhin beorderte er sie zu den Holzstöcken, die auf den Plantagen am Red River

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