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Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Titel: Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juli Rautenberg
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Karma zweifeln lassen.
    Patrick hat sich nicht mehr bei mir gemeldet, seitdem ich am Freitag aus dem Restaurant gerauscht bin. Arne hat sich auch nicht mehr bei mir gemeldet, ich gehe davon aus, dass er schon am nächsten Rockzipfel hängt. Gut so! Alle beide bestätigen nämlich leider die These, dass Leute, die im Internet nach der Liebe suchen, nicht mehr alle Bananen an der Staude haben. Das ärgert mich etwas, weil ich für Online-Dating bisher immer eine Lanze gebrochen habe. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher. Vielleicht stimmt es ja doch, dass nur die sozialen Randgruppen im Netz unterwegs sind, und damit meine ich nicht die Gruftis, sondern die Freaks, die Spacken, die Bekloppten und Bescheuerten, oder die, die wie Mülleimer aussehen und das wissen und sich deswegen im normalen Leben nicht auf die Straße trauen. Ist das wirklich so? Wirklich?
    Ich möchte diesen Monat zumindest noch den Beweis erbringen, dass es auch ganz normale Menschen im Netz gibt. ICH bin zufälligerweise nämlich auch normal, also jedenfalls ein bisschen, jedenfalls nicht so sozial auffällig wie Arne oder Patrick. Ich gebe also, obwohl meine Lust weiterzumachen gegen null tendiert, nicht auf und schreibe weiter. Ich fasse mir sogar ein Herz und sage Ulf, dass ich der Meinung bin, dass wir beide nicht füreinander geschaffen sind. Ich schreibe das sehr nett, weil ich weiß, dass er ein Pflänzchen ist und sich so viel Mühe gegeben hat, weil ich mir selbst erhoffen würde, eine freundliche Abfuhr zu bekommen und keine doofe, weil ich weiß, dass ich es zum Teil auch selbst verbockt habe, weil ich nicht früher schon das Maul aufgemacht habe.
    Er antwortet eine halbe Stunde später.
    DAS IST NICHT FAIR! DU HAST MICH GAR NICHT RICHTIG KENNENGELERNT. LASS UNS DOCH AUF EINEN KAFFEE UNS TREFFEN, WENN DU MAGST – WENN DU DANN IMMER NOCH NICHT WILLST, WERDE ICH NICHT WEITER NACHHAKEN. EINVERSTANDEN?
    Hm. Ich weiß nicht, ob ich einverstanden bin. Ich schreibe ihm, dass ich nicht glaube, dass ein Treffen sinnvoll wäre. Dass ich schüchterne, ruhige und liebe Menschen in der Regel nicht attraktiv fände. Und Ulf kuhhandelt weiter.
    DANN LASS MICH DIR ZEIGEN, DASS ICH AUCH ANDERS SEIN KANN!
    Ich gebe nach. Oder auf. Und verabrede mich mit ihm für Freitagnachmittag. Ist ja, wenn nicht für mich, dann wenigstens für die Wissenschaft.
    Frankenstein
    Freitag, den 26. März um 18:21 Uhr
    Ich habe Ulf getroffen. Ich war mit ihm Kaffee trinken und hatte die beschissensten zwei Stunden meines bisherigen, kümmerlichen Daseins. Ich habe Lebenszeit vergeudet, und schon das sollte ich ihm in Rechnung stellen, von der Frikadelle, die ich seitdem am Ohr herumtrage, ganz zu schweigen: Ulf hat mich geschlagene zwei Stunden vollgetextet. Er hat ohne Punkt und Komma geredet und das Wunder vollbracht, mir keine einzige (!) Frage zu stellen, ohne dass ich ihn mit vorgehaltenem Zeigefinger bedrohen musste. Er hat nicht einmal gefragt, wie es mir geht, geschweige denn irgendetwas anderes Persönliches. Nicht mal Unpersönliches hat er gefragt. Er hat gequatscht, als gäb’s kein Morgen!
    Ja, richtig, ich wollte keinen schüchternen Mann. Stimmt genau. Ich kann Leute nicht leiden, denen man alles gewaltsam aus der Nase pulen muss. Ich kann aber auch Leute nicht leiden, die mich vollschwafeln und anscheinend vergessen, dass Kommunikation bedeutet, dass BEIDE mitreden!
    Ich sitze also mit Ulf in einem Café zweiter Wahl und lausche seinem inneren wie äußeren Monolog. Er textet mich gerade mit seinen Erlebnissen im Referendariat voll: »… und dann waren wir auf Exkursion, in München, das war vielleicht komisch, direkt zum Oktoberfest, aber keiner hat das vorher geschnallt, und wir wussten das ja auch gar nicht, also sind wir da hingefahren und alles voll mit Lederhosen, echt krass, und dann sind wir also ins Hofbräuhaus, und da gab’s echt das beste Bier, das ich jemals getrunken …«
    Ich werfe ein, dass ich auch schon mal in München war. Leider hat er das nicht gehört. Wie auch, wenn er ununterbrochen selber redet. Ohne Luft zu holen, fährt er fort. »Ich liebe übrigens Kinder, deswegen werde ich auch Lehrer und nicht Jurist, das hatte ich mir auch mal überlegt, Jura, aber dann dachte ich, ich hab ja die soziale Ader«, ich huste empört ob dieser hanebüchenen Behauptung, »und deswegen werde ich Lehrer, obwohl mein Vater meinte, ich sei ein besserer Jurist, aber da muss man so viel reden, und reden kann ich nur, wenn ich mich echt wohl

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