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Zwoelf Schritte

Zwoelf Schritte

Titel: Zwoelf Schritte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilja Sigurdardóttir
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und ich habe es nie geduldet, wenn ihm Unrecht geschah.
    «Tja, eigentlich nicht, er ritt sich nur immer tiefer hinein. Er hatte keine Erklärungen dafür, wo er zu bestimmten Zeiten gewesen ist, und plapperte ziemlich viel darüber, dass er mit seiner Umwelt ins Reine kommen will. Der Bericht ist ziemlich anstrengend zu lesen.»
    «Verdammt!», presse ich zwischen den Zähnen hervor. «Iðunn, du weißt, wie Egill ist; wenn er in Stress gerät, redet er zusammenhangloses Zeug und dreht sich ständig im Kreis. Du solltest das wissen, du hast ihn doch nicht selten selbst verhört! Und wenn es um diese Abstinenzsache geht, kann man ihm überhaupt nicht mehr folgen», sage ich, während ich an das Meeting denke, auf dem Egill sich selbst als Racheengel bezeichnete. Iðunn nickt, drückt einen Moment fest meinen Arm und blinzelt mir aufmunternd zu.
    «Ich wollte nur, dass du es weißt», sagt sie. «Und da ist noch etwas. Eine Kioskfrau in der Njálsgata hat mich angerufen und behauptet, sie hätte dein Handy.»
    «Warum hat sie dich angerufen?», frage ich, aber es gelingt mir nicht, mich auf diese Nebensächlichkeit zu konzentrieren vor lauter Sorge um meinen Bruder.
    «Wir sind wohl immer noch unter beiden Telefonnummern verzeichnet», antwortet sie. «Das müssen wir bald mal ändern.»
    «Okay, danke», murmele ich, während ich überlege, ob ich Egill anrufen und ihn direkt fragen soll, wie dieses Verhör verlaufen ist. Aber bevor ich den Gedanken zu Ende denken kann, stehe ich schon in Njörðurs Büro.
    «Wieso schickst du Leute zu meinem Bruder?» Meine Stimme klingt schrill, so verärgert bin ich.
    «Ja», sagt Njörður und dreht sich einmal mit seinem Schreibtischstuhl. Er sieht aus wie ein Elefant auf einem kleinen Zirkusstuhl. «Ich wusste anfangs gar nicht, dass es dein Bruder ist, zumal das ja auch nichts mit der Sache zu tun hat. Ich wollte ihn genauer unter die Lupe nehmen, weil er merkwürdige Dinge von sich gibt und er uns bei den Meetings aufgefallen ist.»
    «Du solltest dich lieber mal selber unter die Lupe nehmen!», schnaube ich. «Ich habe dich auf diesen Meetings gesehen, du hast gesagt, dass du Trinker und Junkies hasst.» Ich knalle die Tür hinter mir zu und stapfe den Flur entlang. Wenn ich mich jetzt im Spiegel sähe, würde ich ein flammend rotes Gesicht erblicken.
     
    Vor dem Polizeipräsidium bin ich einen kurzen Moment orientierungslos und weiß nicht, was ich als Nächstes tun soll. Ich könnte nach Hause fahren, aber es herrscht ruhiges Wetter, sodass ich lieber laufe, um mich zu beruhigen. Danach ist mein Körper hoffentlich müde und mein Geist ruhiger. Seit dem Aufwachen heute Morgen scheinen Wochen vergangen zu sein. Das Gesicht des toten Mannes auf dem Sofa schleicht sich immer wieder in meine Gedanken, und ich kann mir nicht vorstellen, wie es zu Lebzeiten aussah. Jedes Mal, wenn ich daran denke, wie ungehalten ich ihm gegenüber war, habe ich das Gefühl, als würde mir jemand einen Tritt in den Magen versetzen, als hätte sich meine Verärgerung wie ein böser Fluch auf ihn gelegt und ich würde die Schuld an seinem Tod tragen. Permanent läuft das letzte Mal, als ich ihn lebend gesehen habe, vor meinem inneren Auge ab, wie ein Film, der immer an derselben Stelle stehen bleibt. Ich sehe, wie meine Hand in seinen Pranken verschwindet. Und dann beginnt der Film von neuem dort, wo er sich hinter mir die Treppe hinunterschleppt. Plötzlich schrecke ich hoch, als ich mich an Elís Pétursson erinnere, wie er ihn nach dem Meeting zum Gespräch einlud. Ob sie wohl zusammen irgendwo hingegangen sind, um sich zu unterhalten? War etwa Elís der Letzte, der ihn lebend gesehen hat? Ist es möglich, dass er der Mörder ist? Der Gedanke geht mir eine Weile durch den Kopf, aber dann weise ich ihn von mir. Die braunen Welpenaugen machen es unmöglich, sich Elís als Mörder vorzustellen. Wie soll Grausamkeit in diesem Blick Platz haben? Trotzdem werde ich mit Iðunn darüber sprechen.
    «Ich habe gehört, dass ihr ein Handy gefunden habt», sage ich, als ich die Tür zu dem kleinen Laden in der Njálsgata öffne.
    «Ist das dein Handy?», fragt die junge Kassiererin und hält ein Handy hoch, das genauso aussieht wie meins.
    «Scheint so.» Ich untersuche das Handy. Da ist der Kratzer auf dem Display, und Iðunn ist die erste Nummer im Verzeichnis. «Ja, das ist meins, wo war es?»
    «Es lag heute hier auf dem Fußboden.»
    «Ich verstehe das nicht, ich habe ewig nicht mehr hier

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