Zwölf um ein Bett
Richtige. Ich habe nur alles wieder verdorben wie ein Esel. Ich versuchte sie festzunageln, und da schreckte sie natürlich zurück. Wenn ich gewartet hätte...«
»Sei doch kein Kind, Junge«, sagte Oliver. »Auch dann würde Anne dich nicht geheiratet haben. Sie will niemanden heiraten — nicht, bis sie alt und fett wird. Sie ist viel zu sehr kßß-kßß!«
»Das glaubst du nur«, sagte Toby, dem ein Licht aufzugehen schien, »weil sie dich nicht heiraten wollte.«
»Jedenfalls wollen wir drauf trinken«, sagte Oliver hastig.
»Auf Anne!« Er hob sein Glas.
»Auf Anne.« Sie tranken. »Hör mal, alter Junge«, sagte Toby und ließ plötzlich die etwas steife Haltung fallen, die er sogar bei sich zu Hause beibehielt, »ich bin richtig froh, daß du nicht über Anne und mich gekränkt bist. Ich habe fast geglaubt, du wärst’s. Darum bin ich auch die ganze Zeit nicht gekommen.«
»Du armer Irrer«, lachte Oliver. »Menschen in meiner Lage kränken sich nicht darüber, was andere, sie selber aber nicht, tun können. Sie schicken sie mit ihrem Segen davon und sind froh, daß sie nicht selber all den Kummer und die Tränen zu erleben brauchen.«
»Du bist ein komischer Bursche«, sagte Toby. »Wie wär’s, wenn wir wieder mit unseren Schachkämpfen anfangen würden?«
»Fein wäre das.«
»Kann ich Sonntag kommen? Ich bin das Wochenende über zu Hause.«
»Wann du willst«, sagte Oliver und freute sich. Er hatte Toby immer gern gehabt und schon oft daran gedacht, etwas mehr männliche Gesellschaft um sich zu versammeln.
»Hm-hm!« Stanford Black, der die Gesellschaft damit unterhielt, daß er sich für einen gemieteten Zeremonienmeister ausgab, klopfte mit einem Schürhaken auf den Tisch: »Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe für Major John Sandbag — Verzeihung — Sandys!« Gelächter. »Wer ist dieser Mann?« fragte Lady Salter. Ein Kranz von fadenscheinigen kleinen Marder-Schwänzen lag ihr um den Hals und verlieh ihr einen durchdringenden Geruch nach Mottenpulver.
»Stanford Black. Ein Freund von Heather — ein Freund von uns ist das. Er war während der letzten beiden Jahre in Ockney stationiert. Er mußte die Fliegerei aufgeben, weil er einen Nervenzusammenbruch hatte oder so etwas — von zuviel Nachtkämpfen.«
»Ah«, sagte Lady Salter verträumt, »dann gehört er zu den ganz Großen. Hübscher Junge.« Sie hatte zu Hause zwei Töchter. »Hab’ ich seine Frau schon kennengelernt? Oh, er ist nicht...? Wie sagten Sie, heißt er?«
»Black. Seine Familie sind die Sidney Blacks — Sie wissen doch, die Hotelleute. Ganz natürlich, wenn man solche Leute kennt. Er hat uns den Sekt besorgt.«
»Sehr nützlich«, sinnierte Lady Salter.
John war inzwischen in einer Ecke aufgespürt und in die Mitte des Zimmers geschoben worden. Er wußte, jetzt sollte er eine Rede halten, und überflüssige Rufe »eine Ree-de!« hinderten ihn am Beginnen.
»Meine Damen und Herren«, fing er an, machte sich breit in den Schultern, ballte die Fäuste und sah aus wie ein Boxer beim Angriff, »es ist mir eine liebe Pflicht, Sie aufzufordern, auf das Wohl von Braut und Bräutigam zu trinken.« Manche mit leeren Gläsern blickten besorgt umher, in der Hoffnung, daß sich jemand fände, der sie ihnen füllte. »Ich glaube, es ist üblich, hierzu einige Worte zu sagen.«
Heather stand neben Stanford und sah gelangweilt aus. »Ich kann nicht sagen, daß ich den Bräutigam lange kenne«, fuhr er fort, »aber es war mir ein großes Vergnügen, die Braut seit — wollen sehen — , es müssen fast sechs Jahre sein, zu kennen. Nun, Sie kennen alle Violet.«
»Verdammt«, murmelte Violet, die mit einem künstlichen, ausdruckslosen Lächeln neben ihm stand, »ich wußte nicht, daß er sich über mich auslassen wollte.« Sie sackte ein wenig in den Knien ein, um sich unsichtbar zu machen, und blickte hilfesuchend umher, aber die Menge drängte sich um sie und rief: »Gute, alte Vi!«
»Wir alle kennen Violet«, fuhr John beharrlich fort, der, als er mit Grippe im Bett lag, während vieler Stunden über dieser Rede geschwitzt hatte, »und was mehr ist, wir alle kennen sie als einen der wertvollsten, freundlichsten und liebenswertesten Menschen, die es gibt.« Violet sah auf den Boden und scharrte mit dem Schuh; Freds Nase flammte vor Stolz. »Und ich empfinde das Bedürfnis«, sagte John, »diese Gelegenheit zu benutzen, ihrer unermüdlichen Art Anerkennung zu zollen, mit der sie während der ganzen letzten
Weitere Kostenlose Bücher