Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
drückte.
Plötzlich meinte er, in weiter Ferne zwei Wandernde zu sehen, und allmählich konnte er die beiden Männer erkennen, die ihm im Laufschritt entgegenkamen. Brennende Erregung umzüngelte sein Herz.
Broud und Goov erblickten die einsam ragende Gestalt und liefen schneller, schlugen wild mit ihren Armen. Und lange bevor ihre Stimmen zu hören waren, wusste Brun, welche Kunde sie brachten.
"Mam-Mut! Mam-Mut!" brüllten die Männer außer Atem, während sie auf die Gruppe zurannten.
Alles umdrängte die jungen Männer, die keuchten und völlig in Schweiß gebadet waren.
"Eine große Herde gegen Sonnenaufgang", frohlockte Broud.
"Wie weit?" fragte Brun.
Goov wies gerade aufwärts und bewegte dann seinen Arm in kurzem Bogen abwärts. Die Hälfte des Weges, den die Sonne bis Mittag zurücklegte.
"Zeigt uns den Weg", bedeutete Brun seinen Spähern und gab den anderen das Zeichen zum Aufbruch.
Die Sonne hing schon tief am Himmel, als die Jäger endlich weit hinten dunkle Höckerberge erblickten, die sich bedächtig auf und ab bewegten. Die Mammuts. Es ist eine große Herde, dachte Brun, als er anhalten ließ. Sie würden mit dem Wasser auskommen müssen, das sie von der letzten Rast mitgenommen hatten; es war schon zu dunkel, um noch nach einem Bach oder Fluss zu suchen. Am anderen Morgen würde man einen besseren Lagerplatz finden. Wichtig war nur, dass sie die Mammuts gefunden hatten.
Als an einem stark gewundenen Bach, dessen Ufer struppiges Gebüsch überwucherte, ein neues Lager aufgeschlagen war, machte sich Brun mit seinen Jägern auf, um auszukundschaften, wie eines der mächtigen Mammuts zu erlegen sei. So ein Tier konnte nicht wie ein Bison bis zur Erschöpfung gehetzt oder mit Wurfschlingen zu Fall gebracht werden. Um diese wo llhaarigen Dickhäuter zu stellen, mussten sich die Jäger anderer Mittel und Wege bedienen.
Der Clan-Führer und seine Jäger erforschten mit großer Sorgfalt die Schluchten und Klammen um sie herum. Brun suchte eine Schlucht, die leichten Zugang hatte, am anderen Ende jedoch keinen Ausgang bot; eine enge Schlucht, die einen Mammut gefangen halten konnte und die sich in der Nähe der Herde befand. Am nächsten Tag trat schon in aller Frühe Oga mit zagharter Miene zu Brun und ließ sich mit gesenktem Kopf vor ihm nieder, während Ovra und Ayla aufmerksam in der Nähe warteten.
"Was willst du, Oga?" fragte Brun.
"Ich habe eine Bitte", begann sie mit zögernder Gebärde. "Ja?"
"Ich habe noch nie ein Mam-Mut gesehen. Ayla und Ovra
ebenfalls. Erlaubt uns der Clan-Führer, näher zu gehen, damit wir sie genauer sehen können?"
"Und Ebra und Uka? Wollen sie auch das Mam-Mut sehen?"
"Nein, sie möchten nicht mitkommen", gab Oga zurück.
"Das ist klug. Aber sie haben auch schon früher Mam-Muts gesehen. Merkt ihr's? Der Wind bläst vo n der Herde zu uns herüber. Die Mam-Muts werden euch also nicht wittern; geht, aber nicht zu nahe heran und versucht nicht, die Herde zu umrunden."
"Wir werden uns hüten", versprach Oga.
"Das glaube ich auch. Denn wenn ihr sie seht, dann werdet ihr wünsche n, sie nie gesehen zu haben."
Den drei jungen Frauen klopfte das Herz vor Erregung. Ayla war es gewesen, die Oga schließlich dazu gebracht hatte, Brun um Erlaubnis zu fragen. Auf dem langen Weg hierher waren sie einander nähergekommen. Sie waren enger zusammen und lernten sich besser verstehen. Ovra, die eigentlich still und zurückhaltend war, hatte Ayla bisher immer als eines der Kinder betrachtet und mit ihr nichts zu tun haben wollen. Und Oga scheute ein näheres Kennenlernen, weil sie wusste, wie Broud zu ihr stand. Früher hatten die beiden Frauen gedacht, mit dem Mädchen nicht viel gemeinsam zu haben. Sie hatten ihre Gefährten, die ihr Leben bestimmten.
Erst in diesem Sommer, als Aylas Fraulichkeit sich wieder um ein weiteres entwickelt hatte und man sie auch mit auf die Jagd genommen hatte, begannen die Frauen, das Mädchen mit anderen Augen zu sehen. Ayla überragte sie schon um Haupteslänge und wirkte dadurch wie eine Frau; so wurde sie aber auch von den Jägern behandelt. Besonders Crug und Droog ließen sich gern von ihr bedienen. Ihre Gefährtinnen waren in der heimischen Höhle zurückgeblieben, und Ayla war allein. Deshalb brauchten sie nicht erst einen anderen um Erlaubnis zu fragen, wenn sie Ayla einen Auftrag geben wollten. Wohl dadurch, dass sie das gleiche taten, und auch noch gemeinsam bei dieser Jagd, entwickelte sich nun zwischen den drei jungen Frauen eine freundliche
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