Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
sie erreichte, verspürte man sogleich, dass Düsternis über den Männern hing und den Frauen, die sie begleiteten. Man sah, die Jagd war erfolgreich gewesen. Aber keiner frohlockte Der Schritt der Heimgekehrten war schwer, und ihre Sinne verrieten Kümmernis. Bruns Gesicht zerfurchte grimmiger Ernst. Ein Blick auf Ayla, und Iza erkannte, dass etwas Schreckliches sich zugetragen haben musste, an dem das Mädchen nicht unschuldig war.
Als die Jäger und die Frauen einen Teil ihrer Lasten absetzten, um sie den anderen zu übergeben, trottete Ayla mit gesenktem Kopf den Hang hinauf, ohne auf die verstohlenen Blicke zu achten, die ihr folgten. Iza war tief bestürzt, und Furcht umkrallte ihr Herz, als sie das Kind sah, das ihres war, wie es mit eingefallenen Schultern, die ein trockenes Schluchzen schüttelte, weiterlief.
Oben in der Höhle brachten Oga und Ebra den kleinen Jungen zur Medizinfrau, die die Birkenrinde aufschnitt und den Arm des Jungen untersuchte.
"Er wird ihn wieder wie früher gebrauchen können", bedeutete sie. "Es werden Narben bleiben, aber die Wunden verheilen, und der Arm ist gut gerichtet. Ich verbinde ihn jetzt mit frischer Rinde."
Die Frauen atmeten auf. Sie wussten, dass Ayla noch nicht so erfahren war, und hatten sich sehr gesorgt um den Jungen. Ein Jäger brauchte zwei kräftige Arme. Und wäre Brac nun behindert gewesen, als Krüppel hätte er niemals Clan-Führer werden können, wozu ihn seine Geburt bestimmte. Und hätte sich gezeigt, dass er zum Jagen nicht zu gebrauchen war, so wäre er niemals ein Jäger geworden und den Rest seines Lebens ohne Rang und Geltung gewesen.
Auch Brun und Broud waren erleichtert. Brun jedoch nahm die Nachricht mit gemischten Gefühlen auf. Sie machte es ihm noch schwerer, sich zu entscheiden. Ayla hatte nicht nur Bracs Leben gerettet, sie hatte auch dafür gesorgt, dass er hinfort ein würdiges Leben wurde führen können. Das alles musste jetzt bedacht und entschieden werden. Er gab dem Mog-ur ein Zeichen, und gemeinsam schritten sie langsam über den Vorplatz auf den Wald zu. Die schlimme Kunde, die Brun ihm gab, stürzte Creb in tiefe Bekümmerung. Ihm oblag es, Ayla zu lehren und zu unterweisen. Es war offenkundig, dass er versagt hatte. Doch nicht nur das machte ihm zu schaffen. Schon als er das erste Mal von den toten Tieren erfahren hatte, die die Männer immer wieder im Umkreis der Höhle fanden, war ihm klar geworden, dass dieses nicht von Geisterhand gemacht war. Der Gedanke war ihm gekommen, ob nicht Zoug oder einer der anderen Männer dem Clan einen Streich habe spielen wollen, denn sein Gefühl sagte ihm, dass die Tiere von seinesgleichen getötet worden waren. Und zu gleicher Zeit hatte er diese Veränderung an Ayla wahrgenommen; Veränderungen, bei denen er hätte erkennen müssen, was sie bedeuteten. ClanFrauen bewegten sich einfach nicht mit dem lautlos schleichenden Schritt des Jägers; sie machten Lärm, und das mit gutem Grund, weil sie Angst hatten. Mehr als einmal war er durch Ayla erschreckt worden, die sich ihm so leise genähert hatte, dass er sie nicht hörte, bis das Mädchen vor ihm stand. Und plötzlich erinnerte sich der Mog- ur noch an anderes, was ihn Böses hätte ahnen lassen müssen.
Doch weil er Ayla gegenüber eine solch tiefe Zuneigung gefaßt hatte, hatte er sie immer nur so gesehen, wie er sie sehen wollte. Sich vorzustellen, dass sie jagen gehen könnte, damit durfte gar nicht erst angefangen werden, weil er allzu gut wusste, was für Folgen das haben würde. Zweifel kamen in dem alten Zauberer auf an seiner eigenen Unbestechlichkeit, an seiner Fähigkeit, den rechten Weg der Geister aufzuzeigen, dem Clan-Brauch Geltung zu verschaffen und die Gemeinschaft aller zu vereinen. Über seiner Liebe zu dem Mädchen hatte er das Wohl des Clans vergessen. Besaß er noch das Vertrauen der Clan-Leute? War er noch des Großen Bären würdig? Konnte er noch weiterhin der Mog- ur sein?
Creb nahm alle Schuld auf sich. Er hätte sich um sie mehr kümmern müssen, sie nicht so frei umherstreifen lassen dürfen, sie mit mehr, mehr Strenge behandeln sollen. Doch all seine Herzensqualen über das, was zu tun er versäumt hatte, änderten nichts an dem, was er noch würde verrichten müssen. Bei Brun lag die Entscheidung; er jedoch würde sie ausführen; er würde das Kind, das er so fest in sein Herz geschlossen hatte, zu töten haben.
"Noch wissen wir nicht, ob sie es war, die die Tiere getötet hat", deutete Brun an. "Sie ist darüber
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