Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Herzen dankbar bin. Zu Anfang hatte ich Angst um das Kind und wusste nicht, wie ich dir danken sollte. Und dann warst du tot. Nie wähnte ich, dich wiederzusehen. Es ist schwer zu fassen für mich, dass du wieder lebendig bist. Es war nicht recht von dir, eine Waffe zur Hand zu nehmen, und dein Verlangen zu jagen ist mir fremd. Aber ich bin froh, dass du es getan hast. Schmerzlich war mir zumute, als du dem Tod übergeben wurdest. Aber du hast ihn überlebt, du bist wieder da. Und es ist eine Freude in mir."
"Und auch in mir", bedeutete Ebra, und die Hände der anderen Frauen stimmten ihr zu.
Aylas Herz öffnete sich weit. Sie kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen, sie wollte den Frauen kein Unbehagen bereiten, wenn sie sahen, dass ihr die Augen naß wurden.
"Es ist gut, wieder bei euch zu sein", beteuerten ihre Hände, die sich dann doch um Aylas Augen kümmern mussten, aus denen Freudentränen rannen.
Inzwischen hatte Iza gelernt, dass Aylas Augen naß wurden, wenn das Mädchen stark bewegt war. Auch die Frauen hatten sich an diese Eigenheit gewöhnt und spürten irgendwie, dass in Ayla sich etwas löste. Mitfühlend wiegten sie die Köpfe.
"Wie war es, Ayla? ".wollte Oga wissen.
"Einsam", gab Ayla zurück. " Sehr einsam. Ständig hat mein Herz nach euch gerufen. Sogar Broud hat es herbeigewünscht."
"Sehr einsam muß es da gewesen sein", warf Aga dazwischen und blickte beschämt auf Oga.
"Ich weiß, es ist manchmal schwer mit ihm", bekannte Brouds Gefährtin mit hastiger Gebärde. "Aber er ist nicht ungut zu mir."
"Alle wissen, dass Broud dir gut ist, Oga", bedeutete ihr Ayla freundlich. "Du sollst den Kopf hoch tragen dafür, dass er dein Gefährte ist. Eines Tages wird er der Clan-Führer sein, denn er ist ein kühner Jäger. Er war es ja, der als erster das Mam-Mut traf. Du kannst es nicht ändern, dass er mich ablehnt. Zum Teil habe ich das selbst verschuldet. Nicht immer habe ich mich so betragen, wie ich es hätte tun sollen. Ich weiß nicht mehr, wie es begonnen hat, und weiß auch nicht, wie es noch enden wird. Du solltest dich darum nicht grämen."
"Immer schon zeigte er seinen Hitzkopf", fuhr Ebra dazwischen. "Er ist nicht wie Brun. Als der Mog- ur verkündete, dass Brouds Totem das wollhaarige Nashorn ist, spürte ich in meinem Herzen, dass er wahr gedeutet hatte. Du, Ayla, hast geholfen, ihm die Hitze aus dem Kopf zu treiben. So wird er bestimmt ein besserer Clan-Führer werden."
"Ich weiß nicht." Ayla hob abwehrend die Hände. "Wäre ich nicht hier, so würde er gewiß nicht so oft außer sich geraten. Ich bin ihm wie ein Dorn, der ihn immer irgendwo sticht."
Ein etwas gespanntes Schweigen setzte ein, denn gewöhnlich sprachen die Frauen nicht so offen über die Gefühle ihrer Männer. Doch das Gespräch hatte die Luft gereinigt. Iza fand, es wäre Zeit, zu anderem überzugehen.
"Weiß eine von euch, wo die Yamswurzeln sind?" fragte sie.
"Sie waren dort, wo Brun Platz geschaffen hat", gab Ebra zurück. "Wir werden sie wohl nicht mehr finden."
Broud, der Ayla beobachtete, hatte mit finsterer Miene wahrgenommen, wie sie Bracs Arm untersuchte und den Jungen dann auf ihren Schoß nahm. Die kleine Begebenheit ließ ihn wieder daran denken, dass sie es gewesen war, die Brac das Leben gerettet hatte, und das wiederum erinnerte ihn daran, dass sie Zeugin seiner tiefsten Erniedrigung geworden war. Der Jäger war vom Wunderlichen ihrer Wiederkehr so überwältigt gewesen wie die anderen und ihr am ersten Tag mit Ehrfurcht und einer gewissen Scheu begegnet. Doch dass sie sich verändert hatte - von Creb als Zeichen ihres Reifens gedeutet, von Brun als glückliches Erleben verstanden - faßte Broud als freche Anmaßung auf.
Während der langen einsamen Höhlentage hatte Ayla nicht nur die Zuversicht gewonnen, dass sie überleben konnte; sie hatte auch gelernt, den Widrigkeiten ihres Lebens mit Gelassenheit zu begegnen. Nach den bitteren und harten Kämpfen, die sie oben in den Bergen mit sich und mit der Welt um sich herum führen musste, und wo sie eine unbeugsame Stärke, sich trotz allem zu behaupten, gewonnen hatte, konnte etwas so Nichtiges wie eine Zurechtweisung ihre Eigenart nicht mehr erschüttern.
Broud hatte Ayla tatsächlich gefehlt. In der völligen Einsamkeit und Abgeschiedenheit von den Erdlingen, die sie kannte, wären sogar seine Demütigungen und Quälereien ihr willkommen gewesen. Und in den ersten Tagen nach ihrer Wiederkehr tat ihr sein ständiges Nörgeln, Befehlen und Triezen direkt
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