Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
der dich nimmt, auch wenn du anders bist." Aylas Lächeln erlosch.
"Aber dann werde ich doch fort müssen von hier und irgendwo anders leben und dich und Creb und Uba zu verlassen haben."
"Ayla", gab die Medizinfrau zurück, "ich bin hochbetagt und auch Creb drückt die Last vieler Sommer. Bald wird Uba eine Frau sein und einem Gefährten gegeben werden. Was willst du dann tun? Eines Tages wird Broud der Clan-Führer sein. Dann aber solltest du nicht mehr dem Clan angehören. Du solltest fortzfehen, und beim Miething des Groß-Clans wird dir ein Weg gezeigt."
Ayla blickte die Medizinfrau dankbar an.
"So wird es wohl sein, Iza. Unbehagen beschleicht mich, bedenke ich den Tag, an dem Broud Clan-Führer wird. Aber Trauer zieht in mein Herz", und Ayla senkte bedrückt die Hand auf die Brust, "dass ich dich verlassen soll." Dann aber hellte ihre Miene sich auf. "Der Sommer, der kommt, ist noch fern. Bis dahin will ich fröhlich sein."
Ach, Ayla, seufzte Iza für sich. Vielleicht mußt du so alt werden wie ich, um zu wissen, wie schnell der nächste Sommer da ist. Du willst mich nicht verlassen? Du kannst nicht ermessen, wie tief mein Herz um dich klagen wird. Sie schaute zur Höhlendecke hinauf. Oh, gäbe es in diesem Clan doch nur einen Mann, der sie nehmen würde! Und Broud? Wenn er doch nie Clan-Führer würde!
Izas Gesicht zeigte nichts von dem, was sie dachte. Ayla wischte sich die Tränen ab und lief mit ihrem Behältnis zurück zum Teich. Diesmal vermied sie einen Blick in den stillen, klaren Wasserspiegel.
Später, am Nachmittag, stand Ayla am buschbestandenen Waldrand und spähte durch das Unterholz zur Höhle hinüber. Einige der Clan-Leute waren draußen bei der Arbeit. Sie sah auf die zwei Kaninchen, die ihr über der Schulter hingen, und dann auf die Schleuder in ihrem Gürtel. Sie nahm die Waffe und stopfte sie in die tiefste Falte ihres Überwurfs. Doch gleich zog sie das Lederband wieder heraus und hängte es an ihren Gürtel. Sie bückte sic h und lugte wieder zur Höhle hinüber; ihre Füße traten unruhig auf der Stelle. Brun hat es mir erlaubt. Die Ahn-Geister waren dabei. Ich bin eine Jägerin. Ich bin die Frau im Clan, die jagt. Ayla schob das Kinn nach vorne und trat aus dem dichten Grün hervor.
Als wären sie plötzlich versteinert, hielten die Leute vor der Höhle mit einemmal in ihrer Arbeit inne und starrten auf die junge Frau, die ihnen mit zwei Kaninchen über der Schulter entgegenkam. Sobald sie jedoch den ersten Augenblick ungläubiger Bestürztheit überwunden hatten und sich bewußt wurden, soeben dem Brauch entgegen sich verhalten zu haben, wandten sie wieder die Blicke ab. Aylas Gesicht flammte, doch sie schritt auf hartnäckigen Füßen vorwärts und übersah die verstohlenen Blicke, die ihr fo lgten. Ein Stein fiel ihr vom Herzen, als sie endlich die Höhle erreichte und ins Dunkle tauchen konnte. Hier war es leichter, die Neugier der anderen zu übersehen.
Auch Iza riß die Augen weit auf, als Ayla in Crebs Wohnkreis trat, doch sie faßte sich rasch und wandte sich ab, ohne irgendeine Andeutung über die Kaninchen zu machen. Denn sie war hilflos und wusste nicht, wie sie zu dem Vorfall stehen sollte. Creb hockte auf seinem Bärenfell, den Kopf gesenkt, die Augen fast geschlossen. Es schien, als sähe er Ayla nicht. Doch hatte er sie wohl erblickt, als sie in die Höhle getreten war. Keiner regte sich, als Ayla die Tiere von der Schulter schwang und an der Feuerstätte niederlegte. Da stürmte Uba in die Höhle und sperrte Mund und Nase ganz weit auf, als sie die Tiere sah.
"Die hast du selbst gejagt, Ayla?" fragte sie und deutete auf die Kaninchen.
"Ja", gab diese zurück.
"Schön rund und dick sind sie. Machst du sie für uns, Mutter?"
"Hm", brummte Iza, noch immer unsicher.
"Ich häute sie", bot Ayla sich rasch an und holte ihr Flintsteinmesser heraus.
Einen Augenblick sah ihr Iza zu, dann ging sie zu Ayla hin und nahm ihr das Messer aus der Hand.
"Nein, Ayla. Du hast sie erlegt. Ich häute sie." Ayla trat zurück, während Iza die Kaninchen häutete, auf Äste steckte und auf die Astgabeln übers Feuer legte.
"Das war ein guter Verzehr", bedeutete Creb und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund, ohne zu erwähnen, dass Ayla dafür gesorgt hatte, Uba jedoch empfand keinerlei Scheu.
"Die Kaninchen waren gut, Ayla", lobte sie. "Das nächstemal hätte ich aber lieber mein Schneehuhn." Sie teilte Crebs Vorliebe für die schwerfälligen Vögel mit den gefiederten
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