Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
dich so heftig danach verlangt. Aber laß es noch keinen wissen; sie werden es bald genug sehen."
"Iza!" rief sie und umarmte die Frau, erfüllt von dem Wundersamen des keimenden Lebens in ihrem Schoß. Ein Lächeln leuchtete aus ihrem Gesicht. Behend sprang sie auf. Sie hatte neuen Lebensmut gefaßt und einen neuen Wert an sich entdeckt.
"Iza, komm, ich werde dir helfen, den Abendverzehr zu richten."
"Du kannst das Fleisch schneiden", gab die Medizinfrau zurück, erstaunt und glücklich über diese plötzliche Änderung in Aylas Verhalten. Welch eine Zuversicht Ayla um sich verbreiten konnte, dachte Iza, während die beiden Frauen nebeneinander arbeiteten. Ihre Hände flogen in angeregter Unterhaltung, und mit einemmal waren Aylas Wissensdurst und Anteilnahme an der sie umgebenden Welt zurückgekehrt.
"Das mit der Mistel wusste ich gar nicht", bedeutete Ayla. "Ich weiß von Mutterkorn, aber ich hätte nicht gedacht, dass auch die Mistel dazu taugt, ein Kind, das nicht gewünscht wird, abzutreiben."
"Immer wird es etwas geben, in das ich dich nicht eingewiesen habe, Ayla, aber du bist imstande, dein Wissen zu halten und auszuweiten. Und du weißt, wie du die Pflanzen prüfen mußt; du wirst immer weiter Neues erlernen können. Auch Rainfarn kannst du einer Frau geben, die das Kind, das sie trägt, nicht behalten soll; aber er kann gefährlicher sein als Mistel. Du nimmst die ga nze Pflanze - Blüten, Blätter, Wurzeln
- und kochst sie auf. Dann gibst du Wasser dazu bis hierher", Iza deutete auf ein Strichzeichen am Rand eines ihrer Gefäße, "und kochst es noch mal so lange, bis nur noch so viel Wasser übrig ist, um ein solches Gefäß damit zu füllen." Sie hielt einen Beinbecher hoch. "Davon ist einmal zu trinken."
Die Medizinfrau stellte den Becher wieder hin.
"Und noch etwas mußt du wissen, Ayla." Iza blickte sichernd ringsum. Noch war Creb nicht zu sehen. "Kein Mann darf je von diesem Wissen erfahren. Es ist ein Geheimnis, das nur Medizinfrauen besitzen. Auch anderen Frauen sollst du nichts mitteilen. Denn wenn ihre Gefährten sie fragen, dann müssen sie Antwort geben. Keiner aber fragt eine Medizinfrau. Wenn je ein Mann hinter das Geheimnis kommen sollte, wird er verbieten, dass diese Mittel angewendet werden. Das mußt du dir stets vor Augen halten."
"Ja, Iza." Ayla war verwundert über Izas Geheimnisgetue und nickte neugierig.
"Ich ahnte nicht, dass du jemals dieses Wissen bei dir selbst anwenden würdest, aber als Medizinfrau muß es dir vertraut sein. Weißt du, manchmal, wenn eine Frau schwer geboren hat, ist es für sie besser, dass sie nie wieder ein Kind kriegt. Eine Medizinfrau kann ihr dann das Mittel geben, ohne sie wissen zu lassen, was es ist. Es kommt auch vor, dass eine Frau gar kein Kind haben will. Es gibt Pflanzen mit einer besonderen Zauberkraft, Ayla. Sie machen das Totem einer Frau sehr stark, so stark, dass es das Keimen neuen Lebens verhindert."
"Einen solchen Zauber kennst du?" Die junge Frau schaute Iza ehrfürchtig an. "Kann das Totem einer schwachen Frau denn so stark werden? Kann es so stark werden, dass es selbst das Totem eines Mannes niederkämpfen kann, dem der Mog- ur einen besonderen Zauber mitgegeben hat?"
"Ja, Ayla", nickte die Medizinfrau bedächtig, "und darum darf niemand auch nur das geringste davon wissen. Ich selbst habe diesen Zauber angewendet, nachdem ich einem Mann gegeben worden war, dem ich weder Wärme noch Zuneigung entgegenbringen konnte. Ich glaubte, wenn ich keine Kinder kriegte, würde er mich nicht behalten wollen", gestand Iza.
"Aber du hast ein Kind. Du hast Uba bekommen", warf Ayla ein.
"Es kann sein, dass der Zauber nach langer Zeit an Kraft verliert. Es kann sein, dass mein Totem nicht mehr kämpfen wollte. Es kann sein, dass es wünschte, ich sollte endlich ein Kind kriegen. Ich weiß es nicht. Es gibt kein Mittel, das immer wirkt. Es gibt Kräfte, die stärker sind als aller Zauber. Keiner kann die Geister ganz durchschauen, nicht einmal der Mog- ur. Wer hätte geglaubt, dass dein Totem bezwungen werden kann?" Die Medizinfrau sah sich hastig um. "Ayla, du kennst doch die kleine, gelbe kletternde Pflanze mit den winzigen Blättern und Blüten?"
Ayla nickte.
"Sie tötet alles ab, woran sie sich emporrank t. Laß dieses Gewächs trocknen, zerstoße etwas in deiner Hand, koche es in ein wenig Wasser, bis der Sud die Farbe von reifem Gras hat. Trinke jeden Tag, an dem der Geist deines Toteins nicht kämpft, zwei Schlucke."
"Die Pflanze ist doch gut
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