Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
liegenbleibt als bei uns und wo die warmen Tage von kurzer Dauer sind. Meine Mutter berichtete mir, dass der Mann, den ihre Mutter heilte, von dort gekommen war." Wieder brach Iza ab, zwang sich dann fortzufahren. "Du kannst hier nicht bleiben, Ayla. Geh fort und suche sie, Kind. Suche deine eigenen Leute. Suche die Fremdlinge! Suche nach deinen eigenen Gefährten!"
Izas Hände fielen plötzlich herunter, und ihre Augen klappten zu. Ihr Atem ging flach. Mit Mühe holte sie noch einmal tief Luft und schlug noch einmal die Augen auf.
"Laß Uba wissen, dass ich ihr nahe bin, Ayla. Aber du warst mein erstes Kind, die Tochter meines Herzens. Du warst mir immer am nächsten."
Die Hände sanken ihr auf die Brust. Ihr Atem ging in einen Seufzer über und stand still.
"Iza! Iza!" schrie Ayla. "Mutter, geh nicht fort. Laß mich nicht allein. Geh nicht fort."
Uba erwachte bei Aylas Klagegeschrei und rannte zu ihr.
"Mutter! Nein! Meine Mutter ist von mir gegangen. Meine Mutter ist tot."
Das junge Mädchen und die junge Frau blickten einander stumm an.
"Sie hat mir aufgetragen, dich wissen zu lassen, dass sie dir immer nahe war, Uba", bedeutete Ayla.
Ihre Augen waren trocken. Noch immer hatte sie nicht erfaßt, dass Iza tot war. Creb schlurfte herein. Er war aus seiner Höhle gekommen, noch ehe Ayla geschrien hatte. Mit einem tiefen Aufschluchzen streckte Ayla nach beiden die Arme aus und zog sie in verzweifelter Umklammerung an sich.
25
"Oga, willst du Durc wieder nähren?"
Die Geste des Einarmigen war klar, trotz des strampelnden
Kindes, das er hielt. Ayla sollte ihn selbst nähren, dachte die junge Frau. Es ist nicht gut für sie, wenn sie dem Kind so lange nicht die Brust gibt. Die Trauer über Izas Tod und die Verwirrung über Aylas Verhalten spiegelten sich deutlich in Crebs Gesicht ab. Sie konnte nicht ablehnen.
"Gewiß", bedeutete Oga und nahm Durc in ihre Arme. Creb humpelte zurück in seinen Wohnkreis. Er sah, dass Ayla sich noch immer nicht von der Stelle gerührt hatte, obwohl Ebra und Uka Izas Leiche fortgetragen hatten, um sie für das Begräbnis zu richten. Aylas Haar war zerzaust, ihr Gesicht noch immer verschmutzt vom Staub der langen Wanderung und von Tränen. Sie trug denselben fleckigen Oberwurf, den sie bei der Heimkehr angehabt hatte. Creb hatte ihr ihren Sohn in den Schoß gelegt, als er zu schreien angefangen hatte, doch sie hatte weder Auge noch Ohr für ihn. Eine Frau hätte vielleicht gewußt, dass das Geschrei eines hungrigen Säuglings schließlich selbst den tiefsten Schmerz durchdringen kann. Doch Creb wusste wenig von Müttern und Kindern. Er wusste, dass die Frauen ihre Säuglinge oft einer anderen Mutter zum Nähren gaben, und er konnte das Kind nicht einfach hungern lassen, solange andere Frauen da waren, die ihm Nahrung geben konnten. Er hatte Durc zu Aga und zu Ika gebracht. Doch sie hatten nur noch wenig Milch. Grev hingegen war noch klein, und Oga schien noch immer ausreichend nähren zu können. Deshalb hatte Creb ihr den Kleinen nun schon mehrmals anvertraut. Ayla spürte den Schmerz in ihren harten Brüsten nicht. Der Schmerz in ihrem Herzen war gewaltiger.
Der Mog-ur nahm seinen Stab und hinkte tiefer in die Höhle hinein. Männer und Frauen hatten Steine zusammengetragen und sie in einer ungenutzten Ecke der großen Höhle aufgehäuft. Sie hatten aus dem harten Erdboden eine flache Grube ausgehoben. Iza war eine Medizinfrau von höchstem Rang gewesen. Ihr gebührte ein Grab im Inneren der Höhle. Die Schutzgeister, die über sie wachten, würden so stets in der Nähe des Clans weilen, und sie selbst konnte von ihrem Heim in der anderen Welt nach ihnen schaue n. Außerdem wurde damit sichergestellt, dass nicht aasige Tiere die Gebeine verstreuten.
Der Zauberer streute roten Ockerstaub in das Oval der Grube und heiligte mit stummer Gebärde das Stück Erde, das Iza aufnehmen würde. Dann humpelte er hinüber zu der Stelle, wo Izas Leichnam unter einem weichen Fell lag. Er zog die Decke zurück und enthüllte ihren nackten, grauen Körper. Arme und Beine hatte man ihr abgebogen und mit rotgefärbter Sehne zusammengebunden. Der Zauberer erflehte mit einer kurzen Gebärde den Schutz der Geister, dann ließ er sich neben ihr nieder und rieb die kalte Haut mit einer Salbe aus rotem Ocker und Bärenfett ein. Zusammengekrümmt wie ein ungeborenes Kind und rot wie vom Blut der Geburt würde Iza so, wie sie in diese Welt gekommen war, in die andere Welt hinübergeschickt werden.
Nie
Weitere Kostenlose Bücher