Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
hatte, als sie im strömenden Regen durch die Wälder gegangen war, um jene wundersame Wurzel zu suchen, die Ayla das Kind erhalten sollte, das sie sich so brennend wünschte. Sie fühlte sich schuldig für den Schmerz, den sie Creb zugefügt hatte, als sie den lockenden Lichtem tief in die Höhle von Norgs Clan gefo lgt war.
Ayla war in eine tiefe Niedergeschlagenheit gesunken, aus der Iza ihr hätte heraushelfen können, wenn sie da gewesen wäre. Ayla, die Medizinfrau, für die Schmerz zu lindern und Leben zu erhalten oberstes Gebot war, hatte zum ersten Mal erlebt, dass ein Kranker, den sie pflegte, ihr unter den Händen gestorben war. Als die Dunkelheit kam, kehrte sie in die Höhle zurück.
Rastlos wälzte sich Ayla auf ihrem Lager und konnte keinen Schlaf finden. Sie merkte nicht einmal, dass es der Schmerz ihrer aufgeschwollenen Brüste war und das Fieber, das in ihr raste, die sie wachhielten. Zu tief hatte sie sich nach innen gekehrt, einzig ihren Gram und ihre Schuld vor Augen.
Sie war schon fort, als Creb erwachte, wieder zum Felsen hinaufgestiegen. Creb konnte sie aus der Ferne sehen und behielt sie voller Sorge und Beunruhigung im Auge. Dass sie schwach war und Fieber hatte, konnte er nicht sehen.
"Soll ich sie holen?" fragte Brun, ebenso bestürzt wie Creb über Aylas Verhalten.
"Mir scheint, sie will allein sein. Vie lleicht sollten wir sie lassen", gab Creb zurück.
Unruhe quälte ihn, als er sie nicht mehr sah, und als sie bei Sonnenuntergang noch nicht zurückgekehrt war, bat er Brun, nach ihr Ausschau zu halten. Er bereute es tief, dass er Brun nicht früher hatte ausziehen lassen, als er sah, wie der ClanFührer sie auf seinen Armen zur Höhle zurückbrachte.
Uba und Ebra pflegten die Medizinfrau. Ihr Körper brannte bald im Fieber, bald schlotterte er vor Frost. Laut schrie sie auf, wenn jemand ihre Brüste nur leicht berührte.
"Ihre Milch wird versiegen", bedeutete Ebra dem jungen Mädchen. "Auch Durc kann da jetzt nicht mehr helfen. Es ist zu spät."
"Aber Durc ist noch so klein. Er kann noch nicht entwöhnt werden. Was geschieht mit ihm? Was geschieht mit Ayla?"
Es wäre vielleicht nicht zu spät gewesen, wenn Iza noch am Leben oder Ayla bei Bewußtsein gewesen wäre. Selbst Uba hatte eine Ahnung davon, dass es Mittel gab, die geholfen, Tränke, die gewirkt hätten; aber sie war jung und unsicher, und Ebra war so bestimmt. Als das Fieber endlich abklang, hatte Ayla keine Milch mehr. Sie konnte ihren eigenen Sohn nicht mehr nähren.
"Ich nehme diesen Mißgeburtigen nicht an mein Feuer, Oga! Er wird nicht der Bruder meiner Söhne!"
Broud war hochrot vor Zorn und schüttelte die Fäuste. Oga hockte zusammengeduckt zu seinen Füßen.
"Broud! Er ist klein. Er muß gesäugt werden. Aga und Ika haben nicht mehr genug Milch. Es wäre nichts geholfen, wenn sie ihn bei sich aufnähmen. Ich habe genug. Ich habe immer zu viel Milch. Wenn er nicht genährt wird, verhungert er. Dann muß er sterben."
"Soll er doch sterben. Es hätte ihm gar nicht gestattet werden dürfen zu leben. An dieses Feuer kommt er nicht."
Oga starrte den Mann an, der ihr Gefährte war. Sie hatte nicht geglaubt, dass er sich weigern würde, Aylas Kind aufzunehmen. Sie hatte sich zwar gedacht, dass er schimpfen und wüten würde; aber sie war sicher gewesen, dass er am Ende doch bereit wäre nachzugeben. So grausam konnte man doch nicht sein! Er konnte es doch ein kleines Kind nicht entgelten lassen, wenn er dessen Mutter haßte!
"Broud, Ayla hat Bracs Leben gerettet. Wie kannst du ihren Sohn sterben lassen?"
"Hat sie nicht genug dafür bekommen, dass sie sein Leben bewahrt hat? Ihr wurde das Leben geschenkt. Sie bekam sogar die Erlaubnis zu jagen. Ich schulde ihr nichts."
"Nein, das Leben wurde ihr nicht geschenkt. Sie wurde zum Tode verflucht. Sie kehrte aus der Welt der Geister zurück, weil ihr Totem es wünschte, weil es sie schützte", erwiderte Oga mit heftiger Gebärde.
"Wäre der richtige Fluch über sie verhängt worden, so wäre sie nicht wieder zurückgekehrt und hätte diesen Mißgeburtigen nie zur Welt gebracht. Wenn ihr Totem so mächtig ist, wie kommt es dann, dass ihre Milch versiegt? Alle fürchteten, dass ihrem Kind Unheil drohen würde. Gibt es schlimmeres Unheil, als die Milch der leiblichen Mutter entbehren zu müssen? Und nun willst du diesen Unglückswurm an dieses Feuer bringen? Das erlaube ich nicht, Oga. Nicht an dieses Feuer! Schluß, aus!"
Oga straffte den Rücken und blickte mit ruhiger Entschlossenheit
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