Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Frau bekannt war, deren Blutslinie bis in die Urtiefen der Vergangenheit reichte. Dem Brauch nach wurde der Trank den Männern nur gereicht, wenn sie eine entsprechende Gegengabe machten.
Als der Trank nun bereitet war, nickte Iza, und Goov trat vor. Er hielt eine Schale, die mit dem Trank der Datura gefüllt war, wie er sonst für die Männer bereitet wurde, diesmal aber für die Frauen. Mit beherrschter Gemessenheit wurden die Schalen ausgetauscht. Dann hinkte der Mog- ur den Männern voraus in die kleine Höhle.
Nachdem sie verschwunden waren, reichte Iza den Daturatrank unter den Frauen herum. Die Medizinfrau verwendete den Saft dieser Pflanze häufig zur Betäubung, zur Linderung des Schmerzes oder als Schlafmittel.
Bald darauf brachten die Frauen ihre schlaftrunkenen Kinder in die Felle und kehrten dann zum Feuer zurück. Iza ging zu dem schüsselartigen Holz, auf dem Dorv während des Jagdtanzes herumgeschlagen hatte, und begann, einen langsamen, gleichmäßigen Rhythmus zu klopfen, dessen Klangfarbe sie langsam veränderte, indem sie den Schlagstock von der Mitte aus allmählich zum Rand wandern ließ.
Anfangs saßen die Frauen reglos. So gründlich hatten sie gelernt, sich im Beisein der Männer keine Blöße zu geben. Unter der allmählich einsetzenden Wirkung des berauschenden Mittels jedoch und weil sie wussten, dass die Männer nicht kommen würden, begannen einige Frauen, sich in den Hüften zu der schleppenden Schlagfolge zu bewegen. Ebra war die erste, die aufsprang. In vielschrittigen Figuren tanzte sie im Kreis um Iza herum, und als die Medizinfrau das Trommeln noch schneller, noch wilder machte, wurden die Sinne der anderen Frauen in Bann geschlagen, und ihre Körper gerieten in Verzückung. Rasch sprange n sie auf und stampften, hüpften, sprangen und wiegten sich und bewegten die Arme, als wollten sie Regen einfangen.
Während das Geklopfe immer hektischer und die Abfolge der Schläge immer schwieriger wurde, warfen mit einemmal die sonst so fügsamen Frauen ihre Umhänge ab und tanzten sich frei. Sie bemerkten nicht, dass Iza aufgehört hatte zu trommeln und sich unter die anderen gemischt hatte; zu tief waren sie dem eigenen inneren Schwingen ihres Körpers ausgeliefert. All das Aufgestaute, all das, was sonst ständig unterdrückt werden musste, machte sich Luft in ungehemmter, maßloser Bewegung. Die Spannungen in den Herzen und die in den Köpfen trafen aufeinander und entluden sich in einer gewaltigen sinnenhaften Bestätigung ihrer Körperlichkeit, die es ihnen möglich machte, die Grenzen anzuerkennen, die ihrer Entfaltung seitens der Männer gesteckt waren. In wirbelnder, stampfender Verzückung tanzten sich die Frauen durch die Nacht, bis sie schließlich gegen Morgengrauen zusammenbrachen und einfach liegen blieben.
Beim ersten Licht des neuen Tages verließen die Männer die Zeremonienhöhle, stiegen über die reglos übereinander liegenden Frauen hinweg und krochen in die Schlaffelle. Ihre aufgestauten Ängste, Ärgernisse und Bedrückungen hatten sie während der Jagd heraus geschrien, am Bison zerschlagen und in den Boden gerannt. Das wundgedachte Hirn hatte sich gereinigt. Deshalb war ihre Feier von anderer Art gewesen, verhaltener, nach innen gekehrt.
Als die Sonne über dem Felsgrat aufstieg, humpelte Creb aus der Höhle und ließ den Blick über die schlafenden Frauen gleiten. Einmal, es war schon lange her, hatte er es wissen wollen und das Fest der Frauen beobachtet, und als er sah, wie sie sich bewegten, und sich vor Augen hielt, wie sie lebten, hatte er begriffen, warum sie der Befreiung ihres Innersten bedurften. Er wusste, dass die Männer sich stets neugierig fragten, was die Frauen denn taten, um in eine solch tiefe Erschöpfung zu versinken; doch der Mog-ur gab ihnen niemals Auskunft. Die Männer hätten sich entsetzt über das haltlose Benehmen der Gefährtinnen, wie ebenso die Frauen entgeistert gewesen wären über das kindische Bitten ihrer sonst so unerschütterlichen Gefährten, wenn diese die Geister beriefen.
Hin und wieder hatte der Mog-ur darüber nachgedacht, ob er den Geist der Frauen vereinen und ebenso zu den Anfängen zurückführen könnte. Sie hatten andere Erinnerungen, ja, aber sie besaßen die gleiche Fähigkeit, sich des uralten Gewussten zu entsinnen. Hatten sie Erinnerungen an den Ursprung ihrer Art? Konnten sie an der Feier mit den Männern teilhaben? Oft gingen diese Fragen dem Mog-ur durch den Sinn, doch niemals hätte er es gewagt, die
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