Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
missgestalteten Sohn geträumt, die wünschte, dass er doch wie alle die anderen wäre", deutete Iza.
Doch Aba meinte, dass schon ihre Mutter davon Zeugnis abgegeben hätte, und deren Mutter sei das Wunder auch bekannt gewesen. Sie hob die schrundigen Hände und beschwichtigte:
"Es mag doch sein, dass im Leben unserer Ahnen sich manches begab, was es heute nicht mehr gibt und was wir nicht mehr wissen können."
"Manches mag vor langer Zeit anders gewesen sein, Aba, aber Oga ist recht zu geben. Ein Kind, das krüpplig geboren wird, wird nicht aus sich heraus sich heilen können. Und ohne Nahrung kann es auch nicht lange leben. Doch recht hast auch du, die Geschichte ist alt, vielleicht ist etwas dran an ihr", erwiderte Iza gelassen.
Als der Verzehr bereitet war, trug Iza ihn zu Crebs Feuer. Ayla hob Uba vom Boden hoch und folgte ihr. Die Medizinfrau war magerer geworden und nicht mehr so kräftig wie früher. Meist schleppte Ayla das kleine Kind herum. Nach dem Essen kroch Uba zu ihrer Mutter auf den Schoß, um an ihrer Brust zu trinken, doch bald wurde sie unruhig und quengelte. Iza begann zu husten, und das Kind schrie. Sichtlich gereizt schob Iza das schreiende, strampelnde Kind zu Ayla hinüber.
"Nimm sie. Sieh zu, ob Oga oder Aga Milch für sie haben." Sie konnte kaum zu Ende deuten, als sie die Hände sinken ließ und ein heftiger Anfall trockenen Hustens sie schüttelte.
Auf Aylas Gesicht verbreitete sich Besorgnis.
Als die Medizinfrau das sah, beruhigte sie das Mädchen und erklärte ihr, sie sei nun eben mal eine alte Frau, zu alt für so ein kleines Kind. Ihre Milch sei versiegt und Uba sei hungrig. Sie solle das Kind zu Oga bringen.
Iza spürte, dass Creb sie scharf ansah, und wandte sich ab, als Ayla das kleine Kind zu Brouds Gefährtin hinübertrug.
Den Kopf gesenkt, wie es sich gehörte, näherte sie sich des Clan-Führersohns Wohnkreis. Sie wusste, auch nur beim
geringsten Verstoß gegen die Sitte des Clans käme der Zorn des Jägers über sie, und das lähmende Gefühl verließ sie nie, wenn sie in seiner Nähe war, dass Broud danach trachtete, sie zurechtzuweisen oder zu schlagen, wenn sie sich eine Blöße gab. Oga übernahm es gern, Izas Tochter zu stillen, doch da Broud zugegen war, kam keine Unterhaltung auf. Als Uba gesättigt war, trug Ayla sie zurück, hockte sich nieder und wiegte das Kind sachte in den Armen und summte leise, bis die Kleine eingeschlafen war. Ayla hatte die Sprache, die sie in den Clan mitgebracht hatte, schon längst vergessen; doch immer, wenn sie das Kind hielt, kamen ihr plötzlich diese Töne hoch.
"Verzeih, Ayla, dass ich unmutig wurde", entschuldigte sich Iza, als das Mädchen Uba niederlegte. Sie wäre wirklich zu alt, um Uba noch Milch geben zu können. Morgen würde sie ihr zeigen, wie man besondere Nahrung für die Kleine zubereite, denn sie wolle Uba nicht ständig zu anderer Frauen Brüste geben, wenn sie hungerte.
"Uba einer anderen Frau geben? Wie kannst du Uba fortgeben? Sie gehört zu uns!" machten Aylas Hände bestürzt.
Iza winkte matt ab. "Ach Ayla, ich will sie auch nicht fortgeben, aber sie muss genug Milch haben, und ich habe sie nicht."
"Und ich, habe ich denn keine Milch?" bot sich Ayla an.
Ein leises Lächeln trat auf der Medizinfrau Gesicht, als sie erklärte: "Du bist doch noch keine Frau, Ayla; und so, wie du aussiehst, wird es wohl noch eine Weile dauern. Nur Frauen können Mütter werden, und nur Mütter können Milch geben. Und jetzt fangen wir an, Uba andere Nahrung zu geben, und du wirst sehen, wie es geht. Alles muss ganz weich sein; die Körner müssen sehr fein gemahlen werden, ehe du sie kochst, und das gedörrte Fleisch Mus man tüchtig zerstampfen und mit wenig Wasser zu einem Brei verrühren. Frisches Fleisch ist von den zähen Fasern zu schaben und Gemüse muss zerdrückt werden." Iza legte ihre Hand in den Nacken und fragte: "Haben wir noch Eicheln?"
"Als ich das letzte Mal hinten war, war noch ein ganzer Haufen da, aber Mäuse und Eichhörnchen holen auch davon, und viele sind verfault", berichtete Ayla.
"Such die heraus, die noch gut sind, dann wässern wir sie, damit die Bitternis in ihnen herauszieht, dann mahlen wir sie, und dann geben wir sie zum Fleisch. Yamswurzeln sind auch gut. Und gut ist auch, dass die kalte Zeit bald um ist. Wenn es wieder wärmer wird, gibt es wieder mehr zu tun, und wir kommen auf andere Gedanken."
Iza sah wohl den Ausdruck banger Bestürzung auf Aylas Zügen. Wie oft war sie in letzter Zeit
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