Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
ließ, erledigte sie die Arbeit, die von ihr erwartet wurde, so rasch wie möglich, um dann zu ihren Alleingängen aufbrechen zu können. Sie brachte nicht nur Pflanzen mit zurück, die sie kannte, sondern vieles, was ihr fremd war, und befragte Iza darüber.
Brun erhob keine offenen Einwände; er sah ein, dass einer vom Clan der Medizinfrau die Pflanzen beschaffen musste, die sie für ihren Heilzauber brauchte. Auch ihm war Izas Krankheit nicht entgangen. Doch Aylas Eifer, mutterseelenallein in den Wald zu gehen, befremdete ihn. Die Frauen des Clans fürchteten sich. Auch Iza; immer, wenn sie sich allein aufgemacht hatte, besondere Kräuter und Pflanzen zu suchen, die sie brauchte, war ihr dabei beklommen zumute gewesen, und stets war sie so rasch wie möglich zurückgekehrt.
Ayla drückte sich nie vor irgendeiner Arbeit, verhielt sich stets so, wie es die Sitte des Clans verlangte, tat nichts, was Brun veranlasst hätte, sie zurechtzuweisen. Und doch hatte der Clan-Führer das Gefühl, dass ihre Art, die Pflichten zu erledigen, ihre Haltung Creb und Iza gegenüber und ihre Eins tellung zum Leben anders waren, fremd; und in Bruns Herz stieg die Unruhe. Doch jedes mal, wenn Ayla ausgezogen war, kehrte sie mit vollgesammelten Körben zurück, und solange dieses Ausschweifen notwendig war, konnte Brun nichts dagegen vorbringen.
Hin und wieder brachte Ayla nicht nur Pflanzen in die Höhle zurück. Immer wieder kam es vor, dass sie mit einem verletzten oder kranken kleinen Tier in den Armen heimkehrte, um es gesundzupflegen. Sie verstand sich darauf, mit Tieren umzugehen; sie schienen zu spüren, dass sie ihnen helfen wollte. Und da Brun damals, als Ayla mit dem verletzten Kaninchen angelaufen kam, dieses als neuen Brauch stillschweigend gestattet hatte, wollte er nun nichts mehr daran ändern. Nur einmal, als Ayla einen jungen Wolf mitbrachte, wurde ihr der Zutritt zur Höhle verwehrt. Reißende Tiere, die Gegner der Jäger, verdienten keine Hilfe. Zu häufig schon war es geschehen, dass ein vielleicht verletztes Tier, an das sich die Jäger mit viel Geduld herangepirscht hatten, ihnen von einem flinken Wolf oder Tiger vor der Nase weggeschnappt wurde. Nein, diesem Tier, das eines Tags vielleicht dem Clan die Beute stahl, dem durfte nicht geholfen werden.
"Hier, Ayla, schau, die Rinde der wilden Kirsche ist alt und nicht mehr gut", bedeutete ihr Iza eines frühen Morgens und hielt ihr die graubraune Borke hin. "Hol doch frische, wenn du heute dich aufmachst. Jenseits des Baches, gleich bei der Lichtung, ist ein Hain, da stehen die Kirschbäume. Und nimm die innere Rinde. Sie ist am besten."
Ayla nickte hierzu.
Es war ein leuchtender Morgen. Weiß und lila schimmerten die letzten Krokusse neben den schlanken sonnengelben
Narzissen. Noch locker geflochtene Matten von frischem Grün bedeckten die fruchtbergende braune Erde der Waldlichtung und der sanft geschwungenen Anhöhen. Am kahlen Geäst der Bäume und Büsche hingen die Knospen wie grüne Wassertropfen. Und vom wolkenfrei gefegten Himmel blickte milde und wärmend die Sonne herab.
Als Ayla die Clan-Leute außer Sicht wusste, lockerten sich ihre Glieder, und der sorgsam gemessene Gang wich freier Bewegung. Sich mit den Beinen kräftig abstoßend, hopste sie einen Hang hinunter und rannte auf der anderen Seite wieder hinauf und schnaufte und strahlte vor Freude. Fast beiläufig, so schien es, ließ sie den Blick über die ringsum sprießenden Pflanzen schweifen; doch tatsächlich prägte sie sich ein, wo sie standen und was Besonderes an ihnen war, um später, wenn sie dann gewachsen waren und gereift, zu wissen, wo sie was zu suchen hatte.
Alles mögliche ging ihr durch den Kopf. Da war Iza und ihr schrecklicher Husten, der sie die ganze Zeit gequält hatte. Langsam schien es ihr besser zu gehen, aber ihr Körper war so mager, richtig ausgezehrt und viel zu schwach, um Uba überall herumzutragen, die schon so groß war und schwer. Gut, dass sie die Kleine nicht hatten Oga geben müssen. Schon sah sich Ayla mit dem Kind zusammen durch die lichten Wälder streifen, um für Iza Pflanzen und Kräuter zu sammeln. Sacht ließ sie ihre Finger über die Kätzchen einer Weide gleiten. Wie weic h sie waren, weich wie ein Kaninchenfell; und der Himmel über ihr so klar. Hörbar sog sie die Luft ein. Sie schmeckte nach Salz; von dem großen Wasser hergetragen, in das der Bach hinein floss. Ayla stellte sich vor, wie sie fischte und schwamm. Bald musste es warm genug
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