Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
Vom Netzwerk:
Wassermassen, und so stieg der Wasserstand beträchtlich an. Die Füchse hatten ihren Bau unter der Vorjahrshalde von Knochen und Treibholz längst verlassen, ehe der steinübersäte Uferstreifen unterhalb der Höhle wieder überschwemmt wurde.
Ayla hielt es nicht in der Höhle. Vom Sims aus verfolgte sie, wie der wirbelnde, durcheinanderstrudelnde und schäumende Fluß von Tag zu Tag höher stieg. Das Wasser rauschte durch die schmale Schlucht – Ayla konnte sehen, wie das Wasser sich überstürzte, als es diese endlich hinter sich lassen konnte –, schäumte auf die vorspringende Felswand zu und lud einen Teil der mitgebrachten Fracht am Fuß des Felsens ab. Jetzt endlich begriff sie, wieso sich der Haufen von Knochen, Treibholz und Felsbrocken, den sie so nützlich gefunden hatte, dort abgelagert hatte, und erst jetzt erkannte sie dankbar, welch ein Glücksfall es gewesen war, daß sie eine so hochgelegene Höhle gefunden hatte.
Sie spürte, wie das Sims erschüttert wurde, wenn ein großer Findling oder Baum dagegenprallte. Das machte ihr zwar Angst, doch hatte sie sich längst eine fatalistische Lebensansicht zu eigen gemacht. Wenn sie sterben sollte, würde sie sterben; sie war verflucht worden und sollte ohnehin längst tot sein. Es mußten Kräfte ihr Schicksal bestimmen, die weit mächtiger waren als sie selbst, und wenn die Felswand zusammenbrach, während sie oben stand, konnte sie nichts dagegen tun. Aber die rücksichtslose Gewalttätigkeit der Natur faszinierte sie.
Jeden Tag bot sich ihr ein neues Bild. Einer der großen Bäume, die nahe der gegenüberliegenden Wand gewachsen waren, hielt der Flut nicht stand. Er fiel gegen ihr Sims, wurde aber bald von der angeschwollenen Strömung fortgerissen. Sie sah mit eigenen Augen, wie er um die Flußbiegung herumgewirbelt und hinausgeschwemmt wurde auf eine Wasserfläche, die sich jetzt dort ausdehnte, wo am Flußrand zuvor üppige Vegetation geherrscht hatte. Bäume und Sträucher, die unter den brodelnden Fluten immer noch im Erdreich verwurzelt waren, hielten den gestürzten Riesen fest, doch war jeder Widerstand sinnlos. Der Baum wurde von ihnen losgerissen, die Wurzeln freigeschwemmt.
Sie wußte, daß der Winter die vereisten Wasserfälle endgültig freigeben mußte. Ein Krachen hallte in der Schlucht wider und verkündete das Erscheinen von zerfressenen Eisschollen, die tanzend und sich drehend von der Strömung heruntergetragen wurden. Vor der Wand drängten sie sich zusammen, dann rauschten sie um sie herum und verloren sich auf der Weite der Wasserfläche.
Der vertraute Uferstreifen machte einen völlig veränderten Eindruck, als das Hochwasser endlich so weit zurückgegangen war, daß Ayla sich wieder den steilen Pfad zum Fluß hinunterwagen konnte. Der verschlammte Treibholz- und Knochenhaufen am Fuß der Wand hatte ein neues Gesicht bekommen; jetzt lagen dort auch noch Tierkadaver. Auch das steinübersäte Ufer selbst sah völlig verändert aus, und vertraute Bäume waren entwurzelt und einfach fortgeschwemmt worden. Freilich nicht alle. Im normalerweise trockenen Boden reichten die Wurzeln tief hinab, zumal in einiger Entfernung vom Fluß. Sträucher und Bäume waren die jahreszeitlichen Überschwemmungen gewohnt, und was bisher jahrelang überlebt hatte, hatte sich auch diesmal größtenteils halten können. Als an den Himbeeren die ersten Knospen aufbrachen, mußte Ayla schon an die reifen roten Früchte denken, und damit wurde ihr ein dringendes Problem bewußt.
Es war sinnlos, auf Beeren zu zählen, die erst im Sommer reifen würden. Wenn sie ihre Suche nach den Anderen fortsetzen wollte, wäre sie dann längst nicht mehr hier. Die erste Frühlingsahnung machte ihr bewußt, daß sie sich entscheiden mußte, wann sie das Tal verlassen wollte. Das war schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatte.
Sie saß an ihrem Lieblingsplatz am Ende der Terrasse. Dort, wo es auf die Weiden hinausging, befand sich eine flache Stelle, auf der sie sitzen, und in genau der richtigen Entfernung eine Schwelle, auf die sie ihre Füße stellen konnte. Zwar sah sie von dort aus nicht das Wasser, wie es um die Biegung herumfloß, doch dafür bot sich ihr ein weiter Ausblick auf das Tal, und wenn sie den Kopf ein wenig drehte, konnte sie weiter flußaufwärts den Ausgang der Schlucht sehen. Sie hatte Winnie unten auf den Weiden beobachtet und gesehen, wie sie den Kopf wandte. Als sie um die vorspringende Felswand herumkam, war sie Aylas Blicken entschwunden, doch

Weitere Kostenlose Bücher