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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Allerdings wußte Ayla, daß sie eigentlich mehr wie Wiesel waren und ihre Moschusdrüsen eine genauso wirksame Abwehrwaffe darstellten wie die des Stinktiers. Der Vielfraß war ein tückischer Aasfresser. Es kam vor, daß diese Tiere ohne jeden ersichtlichen Grund ganze Höhlen oder offene Lagerplätze verwüsteten. Sie waren angriffslustige, intelligente und absolut furchtlose Räuber, die sich selbst an die Riesenhirsche heranwagten, sich aber auch mit Mäusen, Vögeln, Fröschen, Fischen und Beeren zufriedengaben. Ayla hatte gesehen, wie sie sogar größere Tiere von ihrer eigenen Beute verjagten. Sie waren ihrer Achtung würdig, und ihr absolut frostabweisendes Fell sehr wertvoll.
Sie beobachtete, wie ein rotes Milan-Pärchen sich von seinem hochgelegenen Nest auf einem Baum auf der anderen Seite des Flusses in die Luft aufschwang und rasch in den Himmel aufstieg. Sie breiteten ihre langen, rötlichen Schwingen und die V-förmig ausgeschnittenen Schwanzfedern aus und stießen zum steinigen Uferstreifen hinab. Milane verschmähten gleichfalls kein Aas, jagten aber wie die anderen Raubvögel auch kleinere Säugetiere und Reptilien. Die junge Frau war mit Raubvögeln nicht sonderlich vertraut und wußte nur, daß die Weibchen für gewöhnlich größer waren als die Männchen – und daß es schön war, ihnen zuzusehen.
Geier konnte Ayla trotz des häßlichen nackten Halses und ihres widerwärtigen Geruchs immerhin ertragen. Ihr gebogener Schnabel war scharf und kräftig, dazu gemacht, tote Tiere zu zerfleischen und auseinanderzureißen; ihre Bewegungen hatten jedoch etwas Majestätisches. Es war atemberaubend zuzusehen, wie ein Geier mühelos aufstieg und seine Kreise zog, mit großen Schwingen auf den Luftströmungen dahinglitt und sich, sobald er etwas Freßbares erblickt hatte, zu Boden fallen ließ und mit vorgestrecktem Hals und halb ausgebreiteten Hügeln auf das Aas zuhüpfte.
Die Aasfresser unten hatten reiche Beute gefunden. Selbst Aaskrähen bekamen ihren Anteil, und Ayla war heilfroh. Bei dem Gestank, der von den verwesenden Tieren aufstieg, konnte sie selbst die verhaßte Hyäne ertragen. Je schneller sie dort unten aufräumten, desto glücklicher würde sie sein. Plötzlich bereitete ihr der widerwärtige Aasgeruch Übelkeit. Sie sehnte sich danach, reine Luft zu atmen.
»Winnie!« rief sie. Das Pferd steckte beim Klang seines Namens den Kopf zur Höhle heraus. »Ich mache einen Spaziergang. Kommst du mit?«
Die Jungstute sah die auffordernde Handbewegung, warf den Kopf ein paarmal in die Höhe und ging auf die Frau zu.
Sie stiegen den schmalen Pfad hinunter, schlugen einen weiten Bogen um den steinigen Uferstreifen mit seinen ekligen Gästen, und umrundeten die Felswand. Das Pferd schien ruhiger zu werden, als sie an dem Band aus Strauchwerk entlanggingen, das den kleinen Flußlauf säumte, der ruhig wieder in seinem ursprünglichen Bett dahinfloß. Der Todesgeruch machte sie nervös, und ihre unbewußte Furcht vor Hyänen beruhte auf einer sehr frühen Erfahrung. Obwohl die Luft immer noch ein wenig feucht-kalt war, genossen Ayla und ihr Pferd die Freiheit, die ihnen dieser sonnige Frühlingstag nach dem langen Winter bescherte, da sie kaum hatten herauskommen können. Auch auf der offenen Weide roch es frischer als sonst, und die Aasvögel waren nicht die einzigen Tiere, die sich den Bauch vollschlugen; doch wichtiger schien anderes.
Ayla verlangsamte den Schritt, um ein Buntspechtpärchen zu beobachten. Das Männchen hatte eine rote, das Weibchen eine weiße Haube, und beide schossen ihre Kapriolen in der Luft, hackten trommelnd auf einen toten Baumstamm im Wasser ein und jagten einander um Stämme herum. Spechte waren Ayla nicht unbekannt. Sie wußte, daß sie das Kernholz von alten Bäumen aushöhlten und diese mit den Abfällen ihrer Arbeit auspolsterten. Sobald jedoch die sechs oder sieben braungesprenkelten Eier gelegt und ausgebrütet und die Brut großgezogen war, ging das Pärchen wieder jedes seiner Wege, klopfte innerhalb ihres eigenen Reviers Baumstämme nach Insekten ab und ließen ihren schrillen Ruf im Wald ertönen.
Ganz anders die Lerchen. Nur während der Brutzeit löste sich der gesellige Schwarm in Einzelpaare auf und benahmen sich die Männchen früheren Freunden gegenüber wie gereizte Streithähne. Ayla vernahm das wunderbare Tirilieren eines steil in die Luft sich aufschwingenden Paars. Diese Vögel sangen mit einer solchen Stimmgewalt, daß Ayla sie selbst dann noch hörte,

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