Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
die darauf aus waren, komisch zu sein, und denen, die versuchten, nicht zu lachen. Manche Mitspielenden zogen sogar Grimassen in dem Versuch, die gewünschte Wirkung zu erzielen, Dann trat ein Mann in die Mitte des Kreises, der sich zum Rhythmus des Wechselgesangs hin- und herwiegte.
»Das ist Jondalar, so blond und groß, dieser Mann brauchte zu wählen bloß. Cherunio ist süß, doch klein. Könnt’ sein, er stürzt oder bricht sich’s Bein.«
Der Singsang dieses Mannes erzielte das gewünschte Ergebnis; alles bog sich vor Lachen.
»Wie willst du das anstellen, Jondalar?« rief jemand anderes. »Du wirst dir den Hals brechen müssen, bloß um diese Maid zu küssen.«
Grinsend sah Jondalar die junge Frau an. »Nicht Hals brechen«, sagte er, hob Cherunio dann in die Höhe und küßte sie zum Stampfen von Füßen und Beifallsgeklatsche. Völlig überrascht, schlang sie ihm die Arme um den Hals und erwiderte gefühlvoll seine Küsse. Er hatte bemerkt, wie mehrere Paare die Gruppe verlassen und Zelte oder in abgelegenen Winkeln Matten aufgesucht hatten, und seine Gedanken waren in die gleiche Richtung gegangen. Die besondere Begeisterung, die sie in ihre Küsse hineinlegte, ließen ihn annehmen, daß es angenehm mit ihr sein müsse.
Sie konnten sich nicht sofort verdrücken – das hätte nur noch mehr Gelächter zur Folge gehabt –, aber immerhin konnten sie dafür sorgen, daß sie nicht mehr unbedingt im Mittelpunkt standen. Ein paar Leute schlossen sich den Sängern, andere den Zuschauern an, und das Tempo des Tanzes veränderte sich gerade. Das war ein guter Moment, sich der allgemeinen Aufmerksamkeit zu entziehen und in den Schatten zu verschwinden. Als er Cherunio behutsam an den Rand der Versammelten führte, tauchte plötzlich Radonio auf.
»Jetzt hast du ihn den ganzen Abend für dich gehabt, Cherunio. Meinst du nicht, es ist an der Zeit, daß auch andere etwas von ihm haben? Immerhin feiern wir das Fest, um die Mutter zu ehren, deren Gaben wir schließlich miteinander teilen sollen.«
Radonio drängte sich sanft zwischen sie und küßte Jondalar. Dann schlang eine andere Frau die Arme um ihn und dann wieder andere. Er war von jungen Frauen umringt. Doch als etliche Händepaare sich auf eine schon sehr persönliche Weise mit ihm beschäftigten, war er sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt Lust dazu hatte. Freuden dieser besonderen Art galten als etwas, was auf freier Wahl beruhte. Er war jetzt vollauf damit beschäftigt, Hände abzuwehren, die versuchten, ihm den Hosenbund zu lösen und hineinzugreifen. Das ging zu weit.
Er schüttelte sie ab, ohne allzu großes Zartgefühl dabei walten zu lassen. Als sie schließlich begriffen, daß er keiner gestatten wollte, ihn anzurühren, traten sie zurück und feixten. Plötzlich merkte er, daß eine fehlte.
»Wo ist Cherunio?« fragte er.
Die Frauen sahen einander an und kreischten dann vor Lachen.
»Wo Cherunio ist?« wollte er wissen, und als er nur weiteres Gekicher zur Antwort bekam, trat er rasch einen Schritt vor und packte Radonio. Er tat ihr am Arm weh, doch das wollte sie nicht zugeben.
»Wir hatten gedacht, sie sollte dich mit uns teilen«, sagte Radonio und lächelte gequält. »Alle wollen sie den großen stattlichen Zelandonii.«
»Zelandonii will aber nicht alle. Wo Cherunio?«
Radonio drehte den Kopf weg und weigerte sich zu antworten.
»Du wollen großen Zelandonii, sagst du?« Er war erbost, das hörte man an seiner Stimme. »Dann kannst du großen Zelandonii haben!« Mit diesen Worten zwang er sie vor sich in die Knie.
»Du tust mir weh! Warum steht ihr anderen mir nicht bei?«
Doch die anderen jungen Frauen waren sich nicht sicher, ob sie wirklich näher an ihn herankommen wollten. Sie bei den Schultern packend, stieß Jondalar Radonio vor dem Feuer zu Boden. Die Musik hatte aufgehört, und Leute umkreisten ihn, unsicher, ob sie eingreifen sollten oder nicht. Sie drehte und wand sich, um sich zu erheben, doch er hielt sie mit seinem Körper zu Boden gedrückt.
»Du wolltest großen Zelandonii, jetzt hast du ihn. Und jetzt sag: wo Cherunio?«
»Hier bin ich, Jondalar. Sie haben mich hier festgehalten und mir etwas in den Mund gestopft. Sie sagen, sie wollten uns nur einen Streich spielen.«
»Schlechter Streich«, sagte er, stand auf und half auf Radonio in die Höhe. Ihr standen die Tränen in den Augen, und sie rieb sich den Arm.
»Du hast mir wehgetan!« rief sie.
Plötzlich ging ihm auf, daß es nur ein Streich hatte sein sollen; er hatte
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