Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
allein ist es nicht. Ich glaube, Frauen spüren, daß er … sucht. Ausschau hält nach jemand. Auch reagiert er so … feinfühlig … ist so groß und so wohlgewachsen. Wirklich ein stattlicher Mann. Und seine Augen haben etwas – ist dir jemals aufgefallen, wie sie im Schein des Feuers violett aufleuchten?« sagte sie.
»Ich dachte, du nicht von ihm angezogen …« sagte Thonolan mit gespielt entsetztem Ausdruck, bis sie schelmisch zwinkerte.
»Beneidest du ihn?« fragte sie behutsam.
Thonolan hielt inne. »Nein. Niemals. Weiß nicht, warum, aber viele Männer neidisch. Sieh ihn dir an, man meint, er hat alles. Wie du sagst: wohlgebaut, stattlich; und sieh dir all die Frauen um ihn herum an. Noch mehr: tüchtig mit den Händen, der beste Feuersteinschläger, den ich kenne. Guter Kopf, und doch kein Großmaul. Die Leute mögen ihn – Frauen wie Männer, beide. Sollte glücklich sein, ist es aber nicht. Wäre schön, wenn er jemand wie dich fände, Tamio.«
»Nein, nicht wie mich. Aber jemand anders. Ich mag deinen Bruder, Thonolan. Hoffentlich findet er eines Tages, wonach er sucht. Vielleicht eine von diesen Frauen?«
»Nein, nicht glauben. Habe das schon oft erlebt. Möglich, daß er eine genießt … oder mehrere … aber das, was er sucht, findet er nicht.« Sie gossen einen Teil des Weins in Wasserbeutel und ließen den Rest für die Zecher zurück. Dann gingen sie zu Jondalar hinüber.
»Und was ist mit Serenio? Er scheint etwas für sie übrig zu haben, und ich weiß, daß sie mehr für ihn empfindet, als sie je zugeben würde.«
»Er mag sie, er mag auch Darvo. Aber … vielleicht nicht jede für ihn. Vielleicht sucht er nach Traum, nach Donii.« Thonolan lächelte liebevoll.
»Als du mich das erste Mal angelächelt hast, dachte ich, du Donii.«
»Bei uns heißt es, der Geist der Mutter verwandelt sich in einen Vogel. Sie weckt die Sonne mit Ihrem Ruf und bringt den Frühling aus dem Süden mit. Im Herbst bleiben einige hier, uns an Sie zu erinnern. Die Jagdvögel, die Störche – jeder Vogel bildet irgendeinen Aspekt von Mudo.« Eine Schar Kinder lief an ihnen vorüber, und sie mußten stehenbleiben. »Kleine Kinder mögen die Vögel nicht, besonders, wenn sie unartig sind. Sie glauben, die Mutter beobachtet sie und weiß alles. Manche Mütter erzählen ihren Kindern das. Ich kenne Geschichten von Männern, die beim Anblick bestimmter Vögel irgendeine Übeltat gestanden haben. Und dann heißt es auch, Sie geleitet dich nach Hause, wenn du dich verirrt hast.«
»Bei uns heißt es, Geist der Mutter wird Donii und fliegt mit dem Wind. Vielleicht Sie aussehen wie Vogel. Habe darüber noch nie nachgedacht«, sagte er und drückte ihr die Hand. Als er sie dann anblickte und spürte, wie es vor Liebe in ihm aufwallte, flüsterte er mit einer Stimme, die heiser war vor innerer Bewegung: »Ich nie gedacht, ich dich finden.« Er versuchte, den Arm um sie zu legen, mußte jedoch feststellen, daß seine Hand an die ihre gefesselt war, und runzelte die Stirn. »Ich froh, daß wir Knoten geschlungen, aber wann wir ihn auseinanderschneiden? Ich möchte dich in den Armen halten, Tamio.«
»Vielleicht sollen wir herausfinden, daß wir auch zu sehr aneinander gebunden sind«. Sie lachte. »Wir können uns bald von der Feier entfernen. Komm, laß uns deinem Bruder etwas Wein bringen, ehe alles ausgetrunken ist.«
»Er vielleicht nicht mögen. Er tut so, als ob großer Trinker, dabei trinkt er nicht viel. Er nicht mögen Kontrolle über sich verlieren und dumme Sachen machen.« Als sie aus dem Schatten des Überhangs hinaustraten, wurden sie plötzlich bemerkt.
»Da seid ihr ja! Ich wollte dir Glück wünschen, Jetamio«, sagte eine junge Frau, eine Ramudoi aus einer anderen Höhle, jung und lebhaft. »Welch ein Glück du hast! Wir bekommen nie ansehnliche Besucher, die bei uns überwintern.« Sie bedachte den Mann mit einem, wie sie hoffte, gewinnenden Lächeln, doch er blickte mit Augen, die vor Erstaunen geweitet waren, eine andere junge Frau an.
»Du hast recht. Ich habe Glück«, sagte Jetamio und sah ihren Gefährten mit einem schmelzenden Blick an.
Die junge Frau sah Thonolan an und stieß einen Seufzer aus. »Sie sind beide stattlich. Ich weiß nicht, für wen ich mich hätte entscheiden sollen.«
»Dann hättest du keinen von beiden bekommen, Cherunio«, sagte die andere junge Frau. »Wenn du einen Gefährten willst, mußt du dich für einen entscheiden.«
Das hatte einen Lacher zur Folge, doch die junge Frau
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