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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Eichen begonnen; dann hatten Buchen vorgeherrscht. Weiter oben kamen die ihm bekannten Nadelbäume: Bergföhren, Kiefern und Fichten. Aus der Ferne hatte er gesehen, daß die gehärtete Erdkruste sich zu weit gewaltigeren Bergen auftürmte, doch als sie die Baumgrenze hinter sich gelassen hatten, hielt er den Atem an, so überraschend großartig war das, was sich seinen Blicken darin bot. So oft er es nun schon gesehen hatte, es rührte ihn immer noch genauso wie beim erstenmal.
    Die Nähe des aufragenden Gipfels überwältigte ihn; das Gefühl der Gegenwärtigkeit; als ob er bloß die Hand auszustrecken brauchte, um ihn zu berühren. In schweigender Ehrfurcht sprach die Bergkette von elementaren Umwälzungen, von kreißender Erde, die unter unsäglichen Mühen nackten Fels gebar. Von Wald unbedeckt, lag das urtümliche Flußtal der Großen Mutter allem preisgegeben in der verschobenen Landschaft. Der Himmel dahinter war von unirdischer Bläue – flach und tief –, ein gesichtsloser Hintergrund für das blendend zurückgeworfene Sonnenlicht, das sich auf Kristallen glazialen Eises brach, welches sich an Zacken und Schrunden über den windgepeitschten alpinen Matten klammerte.
    »Ich sehe sie!« rief Thonolan. »Ein bißchen weiter rechts, Jondalar. Siehst du? Dort auf dem Felsen.«
Der große Mann verlagerte seinen Blick und erkannte die kleine, anmutige Gemse, die auf dem höchsten Punkt einer Klippe keine Mühe hatte, sich im Gleichgewicht zu halten. Zum Teil hing ihr der dichte schwarze Winterpelz noch in Fetzen vom Leib, doch das beige-graue Sommerfell war vom Felsen kaum zu unterscheiden. Zwei kleine Hörner ragten ihr gerade auf die Stirn in die Höhe und bogen sich nur an der Spitze nach hinten.
»Jetzt sehe ich sie«, sagte Jondalar.
»Es könnte übrigens ebensogut Bock wie Geiß sein«, erklärte Dolando.
»Bei den Gemsen tragen auch die Geißen ein Gehörn.«
»Sie sehen aus wie die Steinböcke, nicht wahr, Thonolan? Nur, daß sie kleiner sind – das Gehörn auch. Aber aus der Ferne …«
»Wie machen denn die Zelandonii Jagd auf Steinböcke, Jondalar?« fragte eine junge Frau, deren Augen vor Neugier, Aufregung und Liebe blitzten.
Sie war nur wenige Jahre älter als Darvo und backfischhaft in den großen blonden Mann verliebt. Ursprünglich von Shamudoi-Eltern abstammend, war sie unten auf dem Fluß aufgewachsen, da ihre Mutter als zweiten Mann einen Ramudoi genommen hatte – und war zurückgekommen, als diese Beziehung plötzlich ein stürmisches Ende gefunden hatte. Anders als die meisten jungen Shamudoi war das Hochgebirge ihr nichts Vertrautes, und sie hatte auch keinerlei Neigung gezeigt, unbedingt auf Gamsjagd gehen zu wollen – bis vor kurzem, nachdem sie entdeckt hatte, daß Jondalar sehr viel für Frauen übrig hatte, die auf die Jagd gingen. Zu ihrer Überraschung fand sie die Jagd nun aufregend.
»Ich weiß nicht viel darüber, Rakario«, erwiderte Jondalar und lächelte sanft. Er hatte die Zeichen auch schon bei anderen jungen Frauen erlebt, und wenn er auch nicht umhinkonnte, auf ihre Aufmerksamkeit zu reagieren, so wollte er sie doch nicht ermutigen. »Es gab Steinböcke in den Bergen südlich von uns, und in den östlichen Bergen südlich von uns, und in den östlichen Bergzügen standen auch welche, aber wir haben ja nicht im Gebirge gejagt. Dazu war das viel zu weit entfernt. Ab und zu fanden sich ein paar von uns beim Sommertreffen zusammen, um gemeinsam auf die Jagd zu gehen. Aber ich ging nur zum Spaß einmal mit und hielt mich an die Anweisungen der Jäger, die etwas davon verstanden. Ich bin immer noch dabei zu lernen, Rakario. Dolando ist der Fachmann, der sich auf die Jagd von Bergtieren versteht.«
Die Gemse sprang von der Klippe auf eine Felsspitze und betrachtete von der luftigen Höhe aus den Anblick, der sich ihr bot.
»Wie jagt man denn eigentlich ein Tier, das ein so guter Springer ist?« sagte Rakario mit ehrfürchtiger Scheu in der Stimme angesichts der Mühelosigkeit und Anmut, mit der die Gemse sich bewegt hatte. »Wie können sie sich nur auf so kleinem Platz halten?«
»Du mußt dir die Hufe ansehen, wenn wir eine bekommen, Rakario«, sagte Dolando. »Hart ist nur die äußere Schale, der Rand – innen sind die Hufe nachgiebig, wie deine Handfläche. Darum rutschen sie auch nicht ab oder verlieren den Halt. Das weiche Innere des Hufs greift zu, der äußere Rand hält. Will man Jagd auf sie machen, ist es vor allem wichtig, nicht zu vergessen, daß sie immer nach

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