Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Gefährtin haben wollen? Vielleicht hat er sogar schon eine Gefährtin. Und was ist, wenn er fort will?
Er darf nicht fort. Er muß mir beibringen, wieder Wörter zu sprechen. Ob er wohl bliebe, wenn ich seine Wörter verstünde?
Ich werde sie lernen. Ich werde all seine Wörter lernen. Vielleicht bleibt er dann, selbst wenn ich groß und häßlich bin. Er darf jetzt nicht fort.
Ayla sprang auf und lief wie von Panik getrieben zur Höhle hinaus. Schwarz ging kaum merklich in samtenes Tiefblau über: die Nacht war fast vorüber. Sie verfolgte, wie Bäume und vertraute Besonderheiten der Landschaft Gestalt annahmen. Sie wollte hineingehen und sich den Mann nochmal ansehen, kämpfte jedoch gegen dies Bedürfnis an. Dann überlegte sie, daß es gut wäre, ihm etwas Frisches zum Frühstück bringen zu können und schickte sich an, hineinzugehen, um ihre Schleuder zu holen.
Aber vielleicht mag er es nicht, wenn ich jage? Zwar habe ich bereits beschlossen, daß ich mich von niemand davon abhalten lassen werde. Trotzdem ging sie nicht hinein, um ihre Schleuder herauszuholen. Sie stieg statt dessen zum Uferstreifen hinunter, legte ihren Überwurf ab und schwamm, wie sie es frühmorgens mit Vorliebe tat. Heute tat es ihr besonders gut und schien ihre ganzen Gefühlsaufwallungen fortzuspülen. Die Stelle, an der sie so gern gefischt hatte, war nach der Frühjahrsüberschwemmung verschwunden, doch weiter flußabwärts hatte sie eine neue Stelle entdeckt. Dorthin ging sie jetzt.
Jondalar wachte auf und hatte Essensgerüche in der Nase. Erst daran merkte er, wie ausgehungert er war. Er benutzte die Tierblase, um sein Wasser abzuschlagen; dann schaffte er es, sich aufzusetzen, sah sich um. Die Frau war fort, das Pferd samt Füllen desgleichen, doch der Platz, den sie eingenommen hatten, war die einzige andere Stelle in der Höhle, die entfernt einer Schlafstätte ähnelte. Es war auch nur eine Feuerstelle vorhanden. Die Frau lebte allein hier – bis auf die Pferde, und das waren ja nur Tiere.
Aber wo waren sie den nur – ihre Leute? Ob es wohl in der Nähe noch andere Höhlen gab? Oder ob die Leute auf einem längeren Jagdzug waren? Im Lagerbereich fanden sich Einrichtungsgegenstände für eine Höhle, Felle und Leder, Pflanzen, die von einem Gestell herunterhingen, Fleisch- und Gemüsevorräte, die für eine große Höhle gereicht hätten. Ob das alles nur für sie allein bestimmt war? Wenn sie wirklich allein lebte – wozu brauchte sie dann soviel? Und wer hatte ihn hierhergebracht? Vielleicht hatten ihre Leute ihn hergetragen und ihn dann bei ihr zurückgelassen.
So mußte es ein! Sie ist ihr Zelandoni, und sie haben mich zu ihr gebracht, damit sie mich gesundpflegt. Sie ist zwar jung dafür – zumindest macht sie den Eindruck –, aber sie versteht ihre Sache. Da gibt es keinen Zweifel. Wahrscheinlich hat sie sich hierher zurückgezogen, um irgendeine Prüfung zu bestehen und irgendwelche besonderen Fähigkeiten auszubilden – vielleicht mit Tieren –, und ihre Leute haben mich gefunden, es war niemand anders da, und so hat sie gestattet, daß sie mich hier ließen. Sie muß schon ein sehr mächtiger Zelandoni sein, um eine solche Macht über Tiere zu haben.
Ayla trat in die Höhle und trug einen getrockneten und gebleichten Schambeinknochen mit einer großen, frisch gebackenen Forelle darauf vor sich her. Überrascht, ihn wach vorzufinden, lächelte sie ihn an. Sie stellte die Platte mit dem Fisch darauf hin und ordnete die Felle und die strohgestopften Lederpolster, damit er bequemer sitzen konnte. Zuerst reichte sie ihm Weidenrindentee, damit das Fieber gesenkt und die Schmerzen gelindert würden. Dann stellte sie ihm die Platte auf den Schoß, ging noch einmal hinaus und kam mit einer Schale gekochter Körner, frisch geputzter Distelstengel und Kerbelkraut sowie den ersten Erdbeeren zurück.
Jondalar hatte einen solchen Heißhunger, daß er alles gegessen hätte, doch nach den ersten Bissen kaute er betont langsam, um den Geschmack zu genießen. Ayla hatte von Iza gelernt, Kräuter nicht nur als Heilmittel, sondern auch als Gewürz zu betrachten. Sowohl die Forelle als auch die Körner waren von einem ganz besonderen Geschmack. Die frischen Stengel waren knackig und besaßen gerade das rechte Maß an Zartheit, und die Erdbeeren – wenn auch nur wenige – waren von der wunderbaren Süße, wie nur die Sonne sie hervorbringen konnte. Er war beeindruckt. Seine Mutter galt als ausgezeichnete Köchin, und wenn auch
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