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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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du nicht reden?« Sie sah ihn an und sagte nichts.
    Daraufhin schlich sich ein seltsamer Gedanke bei ihm ein. Er erinnerte sich, schon einmal mit einem Heilkundigen im Dunkeln zusammengesessen zu haben; bei der Gelegenheit hatte der Shamud von bestimmten Prüfungen erzählt, denen sich Diejenigen unterzogen, Die Der Mutter Dienten. War es da nicht auch um Zeiten des Alleinseins gegangen? Zeiten des Schweigens, da sie mit keinem anderen Menschen sprechen durften? Zeiten der Enthaltsamkeit und des Fastens?
    »Du lebst hier allein, nicht wahr?«
Wieder richtete Ayla den Blick auf ihn und bemerkte seinen fassungslosen Ausdruck, als ob er sie zum erstenmal
    wahrnähme. Aus irgendeinem Grunde brachte das ihr wieder ihre Ungehörigkeit zum Bewußtsein, und so senkte sie die Augen und sah wieder die Brühe an. Er aber schien völlig unberührt von ihrem unschicklichen Verhalten. Er sah sich in ihrer Höhle um und machte Laute mit dem Mund. Sie füllte eine Schale, hockte sich dann damit vor ihn hin und senkte den Kopf, womit sie ihm Gelegenheit geben wollte, ihr auf die Schulter zu klopfen und zu bestätigen, daß er ihre Anwesenheit wahrnahm. Es kam keine Berührung, und als sie nun doch aufblickte, sah er sie fragend an und sprach seine Worte.
    Er weiß es nicht! Er sieht nicht, was ich ihn frage. Ich glaube, er kennt überhaupt keinerlei Zeichen und Signale. Unversehens ging ihr etwas auf: Wie sollen wir uns denn verständigen, wenn er meine Signale nicht sieht und ich seine Wörter nicht verstehe?
    Irgend etwas wollte ihr nicht recht schmecken bei der Erinnerung an Creb, wie er versucht hatte, ihr das Reden beizubringen, sie jedoch nicht begriffen hatte, daß er mit den Händen redete; damals hatte sie sich nur mit Lauten verständigt. Und inzwischen hatte sie nun so lange die Sprache des Clans gesprochen, daß sie sich an die Bedeutung der Wörter überhaupt nicht mehr erinnerte.
    Aber ich bin keine Clansangehörige mehr. Ich bin tot. Ich bin verflucht worden und kann nie wieder zurückkehren. Ich muß jetzt mit den Anderen leben und muß lernen, so zu sprechen, wie sie sprechen. Ich muß wieder lernen, Wörter zu verstehen, und muß lernen, sie auszusprechen, sonst werde ich mich nie verständlich machen können. Selbst wenn ich auf einen ganzen Clan von den Anderen gestoßen wäre, ich hätte mich nicht mit ihnen verständigen können; sie hätten nicht gewußt, was ich sagen wollte. Ist das der Grund, warum mein Totem wollte, daß ich hier bliebe? Bis dieser Mann zu mir kommen konnte? Damit er mir das Sprechen wieder beibringen kann? Es überlief sie, ihr war plötzlich kalt; dabei hatte sich kein Lüftchen geregt.
    Jondalar redete einfach weiter, stellte Fragen, auf die er keine Antwort erwartete; Hauptsache, er hörte sich reden. Von der Frau war keinerlei Reaktion gekommen, und er glaubte, zu wissen warum. Er war sicher, daß sie entweder im Dienst der Mutter stand oder sich darauf vorbereitete, in ihn einzutreten. Das war die Antwort auf viele Fragen: wieso sie über Fertigkeiten in der Heilkunst verfügte, über das Pferd Gewalt besaß, warum sie allein lebte und nicht mit ihm reden wollte, vielleicht sogar, wie sie ihn gefunden und in diese Höhle gebracht hatte. Er überlegte, wo er sein mochte, doch spielte das im Augenblick keine Rolle. Er konnte von Glück sagen, daß er überhaupt noch lebte. Aber irgend etwas, das der Shamud gesagt hatte, nagte immer noch an ihm.
    Hätte er dem weißhaarigen Heilkundigen nur mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht, so ging ihm jetzt auf, er hätte nicht die Augen davor verschlossen, daß Thonolan sterben würde – doch war ihm nicht auch gesagt worden, daß er seinem Bruder folge, weil Thonolan ihn dorthin führen würde, wo er von allein nicht hingehen würde? Warum war er hierhergebracht worden?
    Ayla hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, wie sie es nur anstellen könnte, die Bedeutung seiner Wörter zu erfahren, und dabei war ihr eingefallen, wie Creb damals angefangen hatte: mit den Namenswörtern. Folglich nahm sie jetzt allen Mut zusammen, blickte ihm offen in die Augen, tippte sich auf die Brust und sagte: »Ayla.«
    Jondalar machte große Augen. »Dann hast du dich also doch entschlossen zu sprechen? War das dein Name?« Er zeigte auf sie. »Sag es noch einmal.«
    »Ayla.«
    Eine merkwürdige Sprechweise, die sie hatte. Die beiden Wortteile waren wie abgehackt, die Kernlaute kamen kehlig hervor, als verschluckte sie sie. Er hatte zwar schon viele Sprachen

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