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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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seinen Stock und humpelte hinter ihr her.
»Aber du mußt doch irgendwoher kommen. Du hast eine Mutter gehabt. Wer hat dich aufgezogen? Wer hat dir die Heilkunst beigebracht? Wo sind deine Leute jetzt, Ayla? Warum lebst du allein?«
Langsam ging Ayla voran. Sie starrte auf die Erde. Nicht, daß sie versuchte, seinen Fragen auszuweichen – sie mußte ihm antworten. Keine Frau im Clan konnte sich weigern, eine direkte Frage von einem Mann unbeantwortet zu lassen, ja, alle Clansangehörigen – Männer wie Frauen – beantworten direkte Fragen. Es war nur so, daß Frauen Männern keine persönlichen Fragen stellten und Männer Männern auch so gut wie nie. Für gewöhnlich waren es die Frauen, die gefragt wurden. Jondalars Fragen riefen viele Erinnerungen wach; manche Fragen konnte sie einfach nicht beantworten, und bei anderen wußte sie nicht, wie sie sie beantworten sollte.
»Wenn du es mir jetzt nicht sagen möchtest …«
»Nein.« Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Ayla sagen.« Ihre Augen hatten etwas Bekümmertes. »Nicht wissen Wörter.«
Nochmals fragte Jondalar sich, ob es gut gewesen sei, die Frage zu stellen; doch war er nun mal neugierig, und sie schien ja auch durchaus bereit zu antworten. Abermals blieben sie vor dem riesigen Felsen stehen, der einst zu der hohen Wand gehört hatte, ehe er auf der Talsohle zu liegen gekommen war. Jondalar setzte sich auf eine bequeme Stelle am Rand, wo der Fels dergestalt auseinandergebrochen war, daß gerade in der richtigen Höhe für Jondalar ein Sitz mit geneigter Rückenlehne entstanden war.
»Wie nennen deine Leute sich?« fragte er.
Ayla überlegte einen Moment. »Die Leute. Mann … Frau … Baby.«
Wieder schüttelte sie den Kopf. Sie wußte nicht, wie sie es erklären sollte.
»Der Clan.« Gleichzeitig vollführte sie die Geste, die dasselbe bedeutete.
»Wie Familie? Eine Familie besteht aus einem Mann, einer Frau und ihren Kindern, die am selben Herdfeuer leben … Für gewöhnlich.«
Sie nickte. »Familie … mehr.«
»Eine kleine Gruppe? Mehrere Familien, die zusammen leben, nennt man eine Höhle«, sagte er, »auch dann, wenn sie gar nicht in einer leben.«
»Ja«, sagte sie, »Clan klein. Und mehr. Clan bedeutet alle Leute.«
Er hatte sie beim ersten Mal nicht recht verstanden, und die Geste der Hand, mit der sie das Wort begleitete, hatte er nicht mitbekommen. Es war ein schwer auszusprechendes, kehliges Wort, und außerdem war da die Neigung, die er nicht anders bezeichnen konnte als das Verschlucken des Wortinneren. Er hätte es überhaupt nicht für ein Wort gehalten. Sie hatte keine Wörter benutzt außer denen, die sie von ihm hatte, und so war sein Interesse geweckt.
»Glan?« fragte er und versuchte, das Wort nachzumachen.
Ganz richtig war es nicht, aber es kam der richtigen Aussprache nahe.
»Ayla nicht sagen richtig Jondalars Wörter. Jondalar nicht sagen Aylas Wörter richtig. Jondalar sagen gut.«
»Ich dachte, du kenntest gar keine Wörter, Ayla. Ich habe dich nie in deiner Sprache reden hören.«
»Nicht kennen viele Wörter. Clan nicht sprechen Wörter.«
Jondalar verstand nicht. »Womit reden sie denn, wenn nicht mit Wörtern?«
»Sie sprechen … Hände«, sagte sie, wohl wissend, daß das nicht ganz stimmte.
Ihr ging auf, daß sie die Gesten in dem Bemühen, sich auszudrücken, unabsichtlich vollführte. Als sie Jondalars verständnislosen Blick sah, nahm sie seine Hände und vollführte damit die richtigen Bewegungen, während sie ihre Worte wiederholte.
»Clan nicht sprechen viele Wörter. Clan sprechen … Hände.«
Als ihm dämmerte, was sie meinte, glättete sich seine verwirrt gerunzelte Stirn. »Willst du mir sagen, deine Leute redeten mit den Händen? Zeig’s mir! Sag etwas in deiner Sprache.«
Ayla überlegte einen Augenblick und begann dann: »Ich möchte dir so gern soviel sagen, aber ich muß lernen, es in deiner Sprache auszudrücken. Das ist die einzige Möglichkeit, die mir offensteht. Wie soll ich dir erklären, wer meine Leute sind? Ich bin ja keine Frau des Clans mehr. Wie soll ich dir erklären, daß ich tot bin? Ich habe keine Angehörigen. Für den Clan bewege ich mich in der nächsten Welt, so wie der Mann, mit dem zusammen du unterwegs gewesen bist. Der andere Sohn deiner Mutter, wie ich glaube.
Ich möchte dir so gern sagen, daß ich die Zeichen über seinem Grab gemacht habe, um ihm zu helfen, seinen Weg zu finden, und damit der Kummer in deinem Herzen weniger werde. Außerdem möchte ich dir gern sagen,

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