Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
ihm, erwartete aufmerksameres Gekraule von feinfühligen Händen, die bei dem juckenden Prozeß des Fohlenfell-Verlierens immer die richtigen Stellen zum Kratzen gefunden hatten. Jondalar war entzückt, daß das Füllen zu ihm kam. Bisher waren Pferde nie etwas anderes als eine Nahrungsquelle für ihn gewesen; nie war es ihm in den Sinn gekommen, daß sie fühlende Geschöpfe sein könnten, die warm auf sein Streicheln reagierten.
Ayla lächelte. Sie freute sich über das Band der Zuneigung, das sich zwischen dem Mann und Winnies Füllen entwickelte. Ihr fiel ein, woran sie einmal gedacht hatte, und dann erwähnte sie es spontan.
»Jondalar geben Füllen Namen?«
»Dem Füllen einen Namen geben? Du möchtest, daß ich dem Füllen einen Namen gebe?« Er war unsicher, gleichwohl jedoch erfreut. »Ich weiß nicht, Ayla. Ich habe nie daran gedacht, jemand einen Namen zu geben – von einem jungen Pferd ganz zu schweigen. Wie gibt man einem Pferd einen Namen?«
Ayla hatte Verständnis für seine Verlegenheit. Auch sie hatte sich nicht sofort mit dem Gedanken anfreunden können. Namen waren etwas Bedeutungsschweres; sie drückten Anerkennung aus. Winnie als etwas anzuerkennen, das losgelöst war von der Vorstellung Pferd, hatte gewisse Konsequenzen. Sie war damit nicht mehr einfach ein Herdentier, das mit seinen Artgenossen über die Steppe zog. Sie verkehrte mit Menschen, holte sich von ihnen Sicherheit und schenkte ihnen damit Vertrauen. Sie stellte etwas Besonderes in ihrer Art dar. Sie hatte einen Namen.
Doch das erlegte der Frau gewisse Verpflichtungen auf. Das Wohlergehen des Tieres erforderte ein beträchtliches Maß an Mühe und Fürsorge. Sie mußte ständig an das Pferd denken; beider Leben waren unentwirrbar miteinander verbunden.
Ayla hatte das Besondere an der Beziehung zwischen ihnen erkannt und anerkannt, besonders, nachdem Winnie zurückgekehrt war. Wenn auch nicht geplant oder berechnet, eignete ihrem Wunsch, daß Jondalar dem Hengstfohlen einen Namen gab, ein gewisses Element der Anerkennung. Ihr lag daran, daß er bei ihr blieb. Verlor er sein Herz an das junge Pferd, konnte das ein zusätzlicher Grund für ihn sein, dort zu bleiben, wo das Hengstfohlen bleiben mußte – zumindest vorläufig; im Tal bei Winnie – und ihr.
Es war nicht nötig, den Mann zu drängen. Vorläufig würde er ohnehin nirgendwo hingehen, jedenfalls nicht, bevor sein Bein geheilt war.
Ayla schrak hoch. Es war dunkel in der Höhle. Sie lag auf dem Rücken, blickte in das undurchdringliche Dunkel und versuchte, wieder einzuschlafen. Schließlich schlüpfte sie leise aus ihrer Lagerstätte hinaus – sie hatte neben der jetzt von Jondalar benutzten eine flache Mulde in den Boden gegraben – und tastete sich bis zum Höhleneingang vor. Sie hörte Winnie leise schnaufend bekunden, daß sie merkte, wohin sie ging.
Ich habe das Feuer schon wieder ausgehen lassen, dachte sie, als sie die Wand bis zum Rand des Simses entlangging. Jondalar ist noch nicht so vertraut mit der Höhle wie ich. Wenn er einmal mitten in der Nacht hinausmuß, sollte er mehr Licht haben.
Draußen blieb sie eine Weile stehen. Ein Viertelmond, der sich nach Westen neigte, stand nahe dem Rand des Felsens auf der gegenüberliegenden Seite; bald würde er dahinter verschwunden sein. Es war dem Morgen näher als der Mitte der Nacht. Unten herrschte Dunkel, bis auf den silbrigen Sternenschimmer, der sich ab und zu im murmelnden Fluß brach.
Am Nachthimmel vollzog sich eine kaum wahrnehmbare Veränderung von Schwarz zu Dunkelblau, doch das nahm sie nur unbewußt wahr. Ohne zu wissen warum, beschloß Ayla, sich nicht wieder hinzulegen. Sie erfolgte, wie der Mond noch einmal aufzuleuchten schien, ehe er hinter dem Rand des Felsens verschwand. Wie in Vorahnung von etwas Bösem, überlief sie ein Schauder, als das Licht plötzlich wie ausgelöscht verschwand.
Nach und nach wurde der Himmel heller, und die Sterne traten im schimmernden Blau zurück. Weit hinten am Ende des Tals färbte der Himmel sich violett. Sie sah zu, wie der deutlich erkennbare Bogen einer blutroten Sonne über den Rand der Erde anschwoll und eine Garbe fahlen Lichts über das Tal ausschickte.
»Das im Osten muß ein Steppenfeuer sein«, sagte Jondalar.
Ayla fuhr herum. Der Mann wurde umspielt vom lebendigen Schimmer der Feuerkugel, die sein Auge in einen Lavendelton verwandelte, wie man ihn bei Feuerlicht nie zu sehen bekam. »Ja, großes Feuer, viel Rauch. Ich nicht gewußt, du auf.«
»Ich bin schon
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