Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Gesicht mit flammender Röte.
»Willst du mich denn nicht?« Seine Augen hatten etwas
Zauderndes und verrieten Angst vor dem Abgewiesenwerden.
Das Gefühl kannte sie. Es überraschte sie, es bei einem Mann zu
sehen, doch schmolz damit auch noch der letzte Zweifel, den sie
haben konnte, und was in ihr aufblühte, waren Wärme und
Zärtlichkeit.
»Ich will dich, Jondalar, ich habe dich vom ersten Augenblick
an begehrt, da ich dich sah. Als du so schwer verletzt warst, war
ich mir nicht sicher, ob du durchkommen würdest, und da habe
ich dich angeschaut und gefühlt … Da entstand in mir dieses
Gefühl. Aber immer habe ich vergeblich auf das Zeichen von dir
gewartet …« Wieder senkte sie den Blick. Sie hatte mehr gesagt,
als sie beabsichtigt hatte. Die Frauen des Clans gingen
feinfühliger vor, wenn sie einem Mann durch ihre Gesten zu
verstehen gaben, daß sie sich nach ihm sehnten.
»Und ich habe die ganze Zeit über gedacht … Was ist das für
ein Zeichen, von dem du dauernd redest?«
»Wenn beim Clan ein Mann eine Frau begehrt, macht er das
Zeichen.«
»Zeig es mir!«
Sie machte die Gebärde und errötete. Es war eine Bewegung,
die eine Frau für gewöhnlich nicht machte.
»Und das ist alles? Nur das brauche ich zu tun? Und was
machst du dann?« Er war wie vor den Kopf geschlagen, als sie
sich erhob, sich hinkniete und ihm darbot.
»Soll das heißen, ein Mann tut dies, eine Frau tut das, und
damit hat sich’s? Sie sind dann bereit?«
»Ein Mann macht das Zeichen nicht, wenn er nicht bereit ist.
Bist du heute nicht bereit gewesen?«
Jetzt war es an ihm zu erröten. Er hatte vergessen, wie sehr
bereit er gewesen war und was er getan hatte, um zu verhindern,
daß er ihr Gewalt antat. Er hätte in diesem Augenblick alles
darum gegeben, hätte er das Zeichen gekannt.
»Und was ist, wenn eine Frau ihn nicht will? Oder wenn sie
nicht bereit ist?«
»Wenn ein Mann das Zeichen macht, hat eine Frau die
Stellung einzunehmen.« Sie dachte an Broud, und ihre Stirn
umwölkte sich, als sie an den Schmerz und an die Erniedrigung
dachte.
»Jederzeit, Ayla?« Er sah den Schmerz und fragte sich, was es
wohl sein mochte. »Selbst beim ersten Mal?« Sie nickte. »Ist dir
das so ergangen? Daß irgendein Mann dir einfach das Zeichen
gegeben hat?« Sie schloß die Augen, schluckte und nickte dann
wieder.
Jondalar war entsetzt und außer sich. »Willst du damit sagen,
daß es keine Riten der Ersten Wonnen gab? Niemand, der acht
gab und gewährleistete, daß ein Mann dir nicht zu weh tat? Was
für Menschen sind denn das? Ist es ihnen denn gleichgültig, was
eine Frau beim ersten Mal empfindet? Sie überlassen es einfach
irgendeinem Mann, sie zu nehmen, wenn er hoch in der Brunst
steht? Und sie zwingt, ob sie bereit ist oder nicht? Ob es weh tut
oder nicht?« Er war aufgestanden und lief zornerfüllt auf und
ab. »Das ist grausam! Das ist unmenschlich! Wie konnte das
zugelassen werden? Haben sie denn kein Mitgefühl? Ist es ihnen
denn vollkommen gleichgültig?«
Sein Ausbruch kam so unerwartet, daß Ayla ihn nur mit großen Augen anstarrte und zusah, wie Jondalar sich in rechtschaffenen Zorn hineinsteigerte. Als seine Worte jedoch immer mehr etwas Verunglimpfendes und Herabsetzendes bekamen, schüttelte sie den Kopf und bestritt, was er da behauptete. »Nein!« sagte sie schließlich und verlieh ihrer gegenteiligen Meinung Ausdruck. »Das ist nicht wahr Jondalar. Sie haben durchaus Mitgefühl! Iza hat mich gefunden – und hat sich meiner angenommen. Sie haben mich an Kindesstatt bei sich aufgenommen, haben mich zu einem Mitglied des Clans gemacht, obwohl ich ein Kind der Anderen war. Sie hätten mich
nicht bei sich aufzunehmen brauchen.
Creb hat mich verstanden, daß Broud mir wehtat. Er hat nie
eine Gefährtin gehabt. Er wußte in der Beziehung nichts von
Frauen, und es war Brouds Recht Als ich dann schwanger
wurde, hat Iza sich wieder meiner angenommen. Sie hat alles,
aber auch wirklich alles in ihrer Macht Stehende getan, um mir
die richtige Medizin zu beschaffen, damit ich mein Kind nicht
verlor. Ohne sie wäre ich gestorben, als Durc auf die Welt kam.
Und Brun erkannte ihn an, obwohl alle meinten, er sei
mißgestaltet. Doch das war er nicht. Er ist gesund und kräftig
…« Ayla sprach nicht weiter, als sie sah, daß Jondalar sie
eigentümlich anstarrte.
»Du hast einen Sohn? Wo ist er?«
Ayla hatte noch nie von ihrem Sohn gesprochen. Selbst nach
so langer Zeit noch war es schmerzlich, von ihm zu sprechen.
Sie wußte, wenn sie ihn
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