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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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für sie alle. Er war für sie nicht richtig ein Individuum. Sie wußte nicht, wo er aufhörte, ein Beispiel zu sein und wo er – einzigartig – Jondalar wurde. Sie wußte nur, daß ihr der Laut seines Atems und seine Wärme neben ihr fehlten. Der Leere der Lagerstatt, die er bisher eingenommen hatte, entsprach die schmerzliche Leere in ihr selbst.
Auch Jondalar konnte nicht einschlafen. Es war, als wollte sich keine behagliche Lage finden lassen. Die Seite, an der sie gelegen hatte, war kalt, und sein Schuldbewußtsein bohrte. Er konnte sich nicht erinnern, einen schlimmeren Tag gehabt zu haben; jetzt hatte er ihr nicht einmal die richtige Sprache beigebracht! Wann würde sie jemals Zelandonii sprechen können? Seine Leute lebten eine Jahresreise von ihrem Tal entfernt, und das auch nur, wenn man unterwegs keine größere Pause einlegte.
Er dachte über die Reise nach, die er mit seinem Bruder gemacht hatte. Alles kam ihm so sinnlos vor. Wie lange war es her, daß sie losgezogen waren? Drei Jahre? Das bedeutete, mindestens vier Jahre, ehe er zurückkam. Vier Jahre seines Lebens vorbei. Ohne jeden Zweck. Sein Bruder tot. Jetamio tot, und das Kind von Thonolans Geist auch. Was blieb ihm denn noch?
Jondalar hatte seit seiner Jugend gelernt, seine Gefühle zu beherrschen, doch auch er wischte sich die Feuchtigkeit mit Fellen fort. Er weinte nicht nur um seinen Bruder, sondern auch um sich selbst: um den Verlust, den er erlitten hatte, und um die vertane Chance, die wunderbar hätte sein können.

25
    Jondalar schlug die Augen auf. Er hatte so lebhaft von zu Hause geträumt, daß die rauhen Höhlenwände ihm ganz vertraut vorkamen, so als wäre der Traum Wirklichkeit und Aylas Höhle ein Teil von einem Traum. Die letzten Reste des Schlafs verflüchtigten sich, die Wände schienen verrückt. Doch dann wachte er endgültig auf und erkannte, daß er nur alles aus einer anderen Perspektive sah als zuvor – er lag weit hinter der Feuerstelle.
    Ayla war fort. Zwei gerupfte Moorhühner und der Deckelkorb, in dem sie lose Federn aufhob, standen neben dem Herdfeuer; sie mußte seit geraumer Zeit auf sein. Der Becher, den er für gewöhnlich benutzte – derjenige, der so gearbeitet war, daß die Holzmaserung den Eindruck eines kleinen Tieres hervorrief – war hingestellt worden. Daneben stand ein dicht geflochtener Korb, in dem sie seinen Morgentee ziehen ließ, und ein frisch entrindeter Birkenzweig. Sie wußte, daß er gern auf einem Zweig herumkaute, bis dieser ein zerfasertes Ende aufwies, das er benutzte, um sich die Zähne damit von der Schicht zu befreien, die sich die Nacht über darauf gebildet hatte, und hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, ihm morgens einen bereitzulegen.
    Er stand auf und streckte sich. Sein Lager war so ungewohnt hart gewesen, daß er sich ganz steif fühlte. Zwar hatte er auch vorher schon auf hartem Boden geschlafen, doch eine Strohschütte war etwas ganz anderes und roch sauber und süß. Ayla wechselte das Stroh regelmäßig, so daß sich kein muffiger Geruch festsetzen konnte.
    Der Tee in dem Korb-Topf war heiß – sie konnte also noch nicht lange fort sein. Er schenkte sich ein und schnupperte an dem warmen, pfefferminzartigen Aroma. Er machte jedesmal ein Spiel daraus zu erraten, welche Kräuter sie heute benutzt hatte. Er nippte und meinte, den Geschmack von Johannisbeerund vielleicht auch Luzerneblättern herauszuschmecken. Dann nahm er Becher und Zweig mit nach draußen.
    Am Rande des Simses stehend, von dem aus er fast das ganze Tal überblicken konnte, kaute er auf seinem Zweig und verfolgte, wie sein Wasser in weitem Bogen hinunterfiel und die Felswand benetzte. Er war immer noch nicht ganz wach. Was er machte, tat er rein aus Gewohnheit. Als er fertig war, schrubbte er sich die Zähne mit dem zerkauten Zweigende und spülte sich dann den Mund mit Tee. Das war schon zu einem Ritual geworden und erfrischte ihn jedesmal; und für gewöhnlich überlegte er gleich hinterher seine Pläne für den Tag.
    Erst als er den letzten Schluck Tee getrunken hatte, kam ihm alles siedend heiß zum Bewußtsein und war alle Selbstgefälligkeit wie weggewischt. Das heute war kein Tag wie jeder andere. Dafür hatte das gesorgt, was er gestern getan hatte. Schon wollte er den kleinen Zweig fortwerfen, da bemerkte er ihn, hielt ihn in die Höhe, zwirbelte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und dachte darüber nach, was er alles bedeutete.
    Wie mühelos er sich daran gewöhnt hatte, daß sie für ihn

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