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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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»Hast du
immer gewußt, daß du Steine bearbeiten würdest?« erkundigte
sie sich.
»Eine Zeitlang hatte ich gedacht, ich würde Bildhauer werden
und vielleicht sogar Der Mutter Dienen oder mit denen
zusammenarbeiten, Die Der Mutter Dienen.« Schmerzlich und
voller Sehnsucht verzog sich sein Gesicht. »Dann wurde ich zu
Dalanar geschickt und erlernte statt dessen die Kunst des
Steinschlägers. Das war eine gute Entscheidung – mir gefällt das
Handwerk, und ich bin nicht ungeschickt darin. Ein großer
Bildhauer wäre ich nie geworden.«
»Was ist das, ein Bildhauer, Jondalar?«
»Ja, das ist es! Genau das fehlt hier!« Verblüfft und überrascht
sprang Ayla auf. »Es gibt hier keine Bildwerke, keine Malereien,
keine Perlen, überhaupt keine Verzierungen. Nicht einmal
Farben.«
»Ich verstehe nicht …«
»Tut mir leid, Ayla. Woher solltest du wissen, wovon ich rede?
Ein Bildhauer ist jemand, der Tiere aus Steinen macht.« Ayla legte die Stirn in Falten. »Wie kann jemand Tiere aus
Steinen machen? Ein Tier besteht aus Fleisch und Blut; es lebt
und atmet.«
»Ich meine keine richtigen Tiere. Ich meine, ein Abbild, eine
Darstellung von Tieren. Ein Bildhauer schlägt aus dem Stein das
Abbild eines Tieres heraus – macht, daß der Stein aussieht wie
ein Tier. Manche Bildhauer machen auch Abbilder der Großen
Erdmutter, nachdem sie Sie in einer Vision geschaut haben.« »Ein Abbild? Aus Stein?«
»Auch aus anderem Material. Aus den Stoßzähnen von
Mammuts zum Beispiel, aus Knochen, Hirschhorn. Ich habe
sogar von Leuten gehört, die Bilder aus Schlamm machen. Ja,
aber was das betrifft: Ich habe sogar schon ein paar sehr hübsche
Standbilder aus Schnee gesehen.«
In dem Bemühen zu begreifen, hatte Ayla den Kopf
geschüttelt – bis er ›aus Schnee‹ sagte. Da fiel ihr jener
Wintertag ein, in dem sie ganze Schalen voll Schnee neben der
Höhle aufeinandergeschichtet hatte. Hatte sie sich da nicht eine
Zeitlang vorgestellt, der Schneehaufen sehe aus wie Brun? »Ein Abbild aus Schnee? Ja.« Sie nickte. »Ich glaube, ich
verstehe.«
Er war sich nicht sicher, ob sie wirklich verstand, doch wußte
er nicht, wie er ihr ohne ein Bildwerk oder eine Schnitzerei als
Beispiel deutlich machen sollte, worum es ging. Wie düster und
freudlos ihr Leben gewesen sein mußt, da sie unter
Flachschädeln herangewachsen war. Selbst ihre Kleidung ist
nichts weiter als zweckmäßig. Haben sie denn nichts anderes
gekannt als Jagen, Essen und Schlafen? Wo sie doch nicht
einmal die Gaben Der Mutter zu schätzen wußten! Keine
Schönheit, nichts Geheimnisvolles, keine Phantasie. Ich möchte
mal wissen, ob sie sich darüber im klaren ist, was ihr alles
entgangen ist.
Ayla nahm den kleinen Flintknollen zur Hand und betrachtete
ihn eingehend von allen Seiten. Sie war bemüht, sich darüber
klarzuwerden, wo sie anfangen sollte. Sie beschloß, kein
Handbeil zu machen – das war sogar in Droogs Augen ein
besonders einfaches, wenn auch unentbehrliches Werkzeug.
Aber sie nahm nicht an, daß die Fertigung eines Handbeils jene
Technik erforderte, für die Jondalar sich interessierte. Sie griff
nach einem Gerät, das in der Ansammlung von Werkzeugen des
Mannes fehlte: dem Fußknochen eines Mammuts – jenem
federnden Knochen, auf dem ihr Feuerstein bei der Bearbeitung
ruhte, damit er nicht einfach barst oder zersplitterte. Sie drehte
ihn um, bis er die richtige Lage zwischen ihren Beinen gefunden
hatte.
Als nächstes griff sie nach ihrem Hammerstein. Eigentlich
bestand kein großer Unterschied zwischen seinem und ihrem
Steinschlegel, nur, daß ihrer kleiner war und damit besser in
ihre Hand paßte. Den Feuerstein oder Flintknollen auf ihrem
Mammutknochen-Amboß festhaltend, schlug Ayla einmal
kräftig zu. Ein Stück der äußeren Kruste oder Ummantelung
sprang ab und gab den Blick auf den dunkelgrauen Kern frei.
Das Stück, das abgeblättert war, wies dort, wo der Hammerstein
es getroffen hatte, eine deutlich erkennbare Delle – eben die
Schlagdelle – auf und lief am andern Ende in einem dünnen
Rand aus. Es könnte als Schneidewerkzeug dienen, und die
ersten Messer, die je hergestellt wurden, waren nichts anderes
als eben diese Splitter mit den scharfen Rändern. Die
Werkzeuge jedoch, die Ayla machen wollte, erforderten eine
weit fortgeschrittenere und kompliziertere Technik.
Eingehend betrachtete sie die tiefe Narbe, die am Kern des
Steins zurückgeblieben war: die Aushöhlung, die der Splitter
zurückgelassen hatte. Die Farbe stimmte, und der Stein

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