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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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schneller gegangen, und sie machte sich Sorgen, ob ihr genug Zeit blieb, genügend Vorräte anzulegen. Und noch etwas bedrückte sie.
    Sie trank von dem Tee und flocht ihren Korb. Ayla dachte darüber nach, was sie alles fürs Überleben während des langen kalten Winters brauchte. Behältnisse aus Birkenrinde lassen sich viel schneller herstellen als Körbe flechten; ich brauchte nur ein paar Hufe, Knochen und Fellstücke, um Leim zu sieden. Und woher bekomme ich einen großen Wassersack? Und Riemen, um die Pfosten der Darre fest miteinander zu verbinden? Auch Sehnen könnte ich gebrauchen, und Därme, um das Fett aufzubewahren, und …
    Ihre flink flechtenden Finger hielten mitten in der Arbeit inne. Sie starrte ins Leere, als würde ihr dort eine Offenbarung zuteil. All das könnte mir ein einziges großes Tier liefern! Ein einziges, mehr brauche ich nicht zu töten. Aber wie?
    Sie flocht den kleinen Korb zu Ende und steckte ihn in den Sammelkorb, den sie sich auf den Rücken schnallte. Ihre Werkzeuge kamen in die Falten ihres Überwurfs. Sie griff nach Grabstock und Schleuder und machte sich auf den Weg zur Weide. Sie fand den wilden Kirschbaum, pflückte so viele Kirschen, wie sie erreichen konnte; dann kletterte sie in den Baum hinein und aß sich satt; selbst überreif waren sie immer noch süßsauer im Geschmack.
    Beim Hinunterklettern beschloß sie noch, etwas Kirschrinde gegen Husten mitzunehmen. Mit dem Handbeil schlug sie einen Teil der zähen äußeren Rinde ab und kratzte dann mit dem Messer die innere Kambiumschicht ab. Dabei mußte sie an die Zeit denken, da sie als Mädchen hingegangen war, um Rinde der Wildkirsche für Iza zu sammeln. Dabei hatte sie heimlich die Männer beobachtet, wie sie mit ihren Waffen geübt hatten. Sie hatte gewußt, daß das unrecht war, aber auch gefürchtet, daß man sie entdecken würde, wenn sie sich fortgeschlichen hätte. Und dann hatte sie an nichts anderes mehr denken können und nur gebannt zugesehen, wie Zoug den Jungen im Gebrauch der Schleuder unterwiesen hatte.
    Sie hatte gewußt, daß Frauen Waffen nicht anrühren durften, doch als sie die Schleuder hatten liegen lassen, hatte sie nicht widerstehen können. Sie hatte es einfach ausprobieren müssen. Und wäre ich heute noch am Leben, wenn ich damals die Schleuder nicht aufgehoben hätte? Würde Broud mich so sehr gehaßt haben, hätte ich ihren Gebrauch nicht erlernt? Vielleicht würde er mich nicht gezwungen haben fortzugehen, hätte er mich nicht so sehr gehaßt. Hätte er mich jedoch nicht so sehr gehaßt, hätte es ihm nicht soviel Spaß gemacht, mir Gewalt anzutun, und vielleicht wäre Durc dann nicht geboren worden.
    Vielleicht! Vielleicht! Vielleicht! dachte sie erbittert. Was hat es für einen Sinn, darüber nachzudenken, was hätte sein können? Jetzt bin ich hier, und diese Schleuder hilft mir nicht, ein großes Tier zu erlegen. Dazu brauche ich einen Speer!
    Ayla zwängte sich durch einen Hain junger Zitterpappeln, um sich etwas zu trinken zu holen und den klebrigen roten Kirschsaft von den Händen zu waschen. Die hohen, schlanken und gerade gewachsenen jungen Bäume hatten etwas an sich, was sie innehalten ließ. Sie packte den Stamm einer der Jungpappeln, und dann ging es ihr auf. Diese Pappeln mußten gehen! Daraus mußten sich Speere machen lassen.
    Einen Augenblick sank ihr aller Mut. Brun würde wild und wütend werden, dachte sie. Als er mir erlaubte zu jagen, hat er mir ausdrücklich eingeschärft, nie mit etwas anderem zu jagen als mit einer Schleuder. Er würde …
    Was will er tun? Was kann er mir schon anhaben? Was kann denn irgendeiner von ihnen mir antun, selbst wenn sie es wüßten? Ich bin tot. Ich bin ja bereits tot. Es ist niemand hier außer mir.
    Dann riß etwas in ihr, wie eine Schnur, die man zu sehr anspannt. Sie fiel auf die Knie. Ach, wie sehr wünschte ich, es wäre noch jemand hier außer mir. Irgendwer. Egal, wer. Selbst Broud zu sehen würde mich freuen. Nie würde ich wieder eine Schleuder anrühren, wenn er mir erlaubte, zurückzukehren. Wenn er mir gestattete, Durc wiederzusehen. Am Fuß der schlanken Pappel kniend, barg Ayla das Gesicht in den Händen und weinte und schluchzte.
    Doch ihr Schluchzen traf auf gleichgültige Ohren. Die kleinen Tiere der Weide und des Waldes machten nur einen weiten Bogen um die Fremde in ihrer Mitte mit ihren unverständlichen Lauten. Niemand konnte sie hören, niemand sie verstehen. Als sie noch umhergezogen war, hatte sie die Hoffnung

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