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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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genährt, Leute zu finden, Leute wie sie selbst. Jetzt, da sie beschlossen hatte hierzubleiben, hatte sie diese Hoffnung beiseiteschieben müssen, lernen, sich mit ihrer Einsamkeit abzufinden, mit ihr zu leben. Die nagende Angst, allein an einem unbekannten Ort einen Winter von unbekannter Strenge überleben zu müssen, machte alles nur um so schwerer. Weinen löste die Spannung.
    Als sie wieder aufstand, zitterte sie zwar, aber sie nahm ihr Handbeil heraus und hackte wütend am Wurzelansatz einer jungen Pappel herum; dann nahm sie sich einen zweiten Pappelschößling vor. Ich habe oft genug Männer mit Speeren hantieren sehen, sagte sie sich, als sie den Stamm von den Zweigen befreite. So schwer hat es gar nicht ausgesehen. Sie schleifte die Stämme aufs Feld hinaus und ließ sie dort liegen, während sie den Rest des Nachmittags über die Ährchen von Einkornweizen und Roggen sammelte; dann schleifte sie sie zurück zur Höhle.
    Den Spätnachmittag verbrachte sie damit, die schlanken Stämme zu entrinden und zu glätten. Sie unterbrach ihre Arbeit nur, um sich ein paar Körner zu kochen, die sie zusammen mit dem restlichen Fisch verzehren wollte, und um die Kirschen zum Trocknen auszubreiten. Als die Dunkelheit hereinbrach, war sie bereit für den nächsten Schritt. Sie nahm die Schäfte mit hinein in ihre Höhle. In Erinnerung daran, wie die Männer es getan hatten, maß sie einen Schaft, der etwas größer war als sie selbst, ab und markierte die Stelle. Genau diese legte sie dann ins Feuer und drehte den Schaft, so daß er von allen Seiten ankohlte. Mit einem geriefelten Schaber kratzte sie dann das Schwarze ab, fuhr mit dem Verkohlen und Abkratzen so lange fort, bis das obere Stück abbrach. Mit Hilfe weiteren Verkohlens und Abkratzens bekam der Speer eine scharfe, feuergehärtete Spitze. Danach nahm sie sich den nächsten Schaft vor.
    Es war spät geworden, als sie endlich fertig war. Sie war müde und froh darüber, durfte sie doch hoffen, auf diese Weise leichter einzuschlafen. Die Nächte waren am schlimmsten. Ayla schob Erde um das Feuer zusammen, so daß ein kleiner Wall entstand; dann trat sie an den Ausgang, blickte zum sternenübersäten Himmel hinauf und suchte bei sich einen Grund, sich noch nicht Schlafen zu legen. Sie hatte eine flache Mulde ausgehoben, diese mit trockenem Gras gefüllt und ihr Fell darübergebreitet. Langsam ging sie darauf zu, ließ sich darauf nieder, starrte zur schwachen Glut des Feuers hinüber und lauschte auf das Schweigen.
    Nirgends das Rascheln von Leuten, die sich anschickten, sich schlafen zu legen, nirgends Paarungsgeräusche von nahegelegenen Herdfeuern, kein Grunzen und kein Schnarchen, keines der vielen kleinen Geräusche, wie Leute sie machen, nirgends ein Hauch von Leben – bis auf ihren eigenen Atem. Sie griff nach dem Umhang, in dem sie ihren Sohn auf der Hüfte getragen hatte, drückte ihn sich an die Brust, wiegte sich vor und zurück und summte leise vor sich hin, wobei ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Schließlich streckte sie sich aus, umschlang den Umhang mit den Armen und weinte sich in den Schlaf.
    Als Ayla am nächsten Morgen hinausging, um sich zu erleichtern, hatte sie Blut am Bein. Sie kramte unter ihren wenigen Habseligkeiten nach den saugfähigen Fellstreifen und ihrem besonderen Hüftriemen. Sie waren steif und abgewetzt, obwohl sie sie immer wieder gewaschen hatte; eigentlich hätte sie sie nach dem letzten Gebrauch vergraben sollen. Sie wünschte, sie hätte etwas Mufflonwolle, um die Streifen damit anzureichern. Dann erblickte sie den Kaninchenbalg. Den habe ich eigentlich für den Winter aufheben wollen, dachte sie; aber ich bekomme schon noch mehr Kaninchen.
    Sie zerschnitt das kleine Fell in Streifen; dann ging sie hinunter, um zu schwimmen wie jeden Morgen. Ich hätte mir denken können, daß ich meine Tage bekomme, und hätte Vorsorge treffen sollen. Jetzt darf ich überhaupt nichts tun außer …
    Plötzlich mußte sie lachen. Hier hat der Frauenfluch doch nichts zu bedeuten. Es sind ja keine Männer da, die ich vermeiden muß anzusehen, keine Männer, deren Nahrung ich weder sammeln noch zubereiten darf. Ich bin die einzige, um die ich mich zu kümmern habe.
    Trotzdem hätte ich darauf gefaßt sein müssen; nur sind die Tage so schnell vorübergegangen. Ich hätte nicht gedacht, daß es schon wieder soweit ist. Wie lange bin ich jetzt in diesem Tal? Sie versuchte, sich zu erinnern, doch schienen die Tage einer in den anderen

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