Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
neben die Mammutschädeltrommel. Für einen kurzen Augenblick schlug er schnell darauf ein, dann hörte er unvermittelt auf. Er nahm einen Becher, der Ayla auch vorher schon aufgefallen war, trank daraus, näherte sich ihr und bot auch ihr davon an. Ohne zu überlegen, nahm sie einen kleinen Schluck, dann noch einen, obwohl es stark moschusartig und unangenehm schmeckte. Von den sprechenden Trommeln unterstützt, begann sie die Wirkung bald zu spüren.
Die hinter dem Schirm aufzüngelnden Flammen erweckten den Anschein, als bewegten sich die darauf gemalten Tiere. Ayla war völlig gebannt, konzentrierte ihre ganze Aufmerksamkeit auf sie und hörte nur, wie in der Ferne die Stimmen der Lagerangehörigen anfingen zu singen. Ein Baby schrie, doch schien das aus einer anderen Welt zu kommen. Sie wurde von den eigentümlichen zuckenden Bewegungen der Tiere auf dem Schirm fortgelockt. Ihr war, als lebten sie, als der Trommelklang sie mit dem Donnern jagender Hufe erfüllte, dem Muhen von Kälbern und dem Trompeten vom Mammuts.
Dann gab es plötzlich kein Dunkel mehr. Statt dessen hing eine dunstverhangene Sonne über einer verschneiten Ebene. Eine kleine Herde Moschusochsen drängte sich zusammen, ein Schneesturm umtoste sie. Während sie dicht über dem Boden dahinflog, spürte sie, daß sie nicht allein war. Mamut war bei ihr. Die Szene veränderte sich. Der Sturm war vorüber, doch windgetriebene wirbelnde Schneeteufel ließen gespenstergleich ihren Klagegesang ertönen. Sie und Mamut entfernten sich von der trostlosen Leere. Dann bemerkte sie ein paar Wisente, die stoisch im Windschatten eines schmalen Tals ausharrten und sich bemühten, sich aus dem Wind herauszuhalten. Sie raste voran, schoß das Flußtal hinunter, das sich tief in den Boden gegraben hatte. Sie folgten einem Nebenfluß, der seinen Lauf verengte und durch eine ganz schmale Schlucht vor ihnen dahinschoß; dann erkannte sie den vertrauten Seitenpfad, der ein ausgetrocknetes Flußbett hinanführte.
Plötzlich befand sie sich an einem dunklen Ort und schaute in ein kleines Feuer; Gestalten drängten sich um einen Schirm. Sie vernahm einen getragenen Singsang, einen ständig sich wiederholenden Laut. Als sie mit den Augenlidern zuckte, erkannte sie verschwommene Gesichter, sah Nezzie und Talut und Jondalar besorgt auf sie herniederblicken.
»Ist auch alles in Ordnung mit dir?« fragte Jondalar auf Zelandonii.
»Ja, ja, es ist alles in Ordnung, Jondalar. Was ist geschehen? Wo war ich?«
»Das wirst du mir erzählen müssen.«
»Wie fühlst du dich?« fragte Nezzie. »Mamut möchte hinterher immer seinen Tee haben.«
»Ich fühle mich gut«, sagte sie, setzte sich auf und nahm einen Becher in Empfang. Sie fühlte sich sehr gut, höchstens ein wenig müde und schwindlig, aber nicht schlecht.
»Ich denke, diesmal war es für dich nicht so erschreckend, Ayla«, sagte Mamut und trat auf sie zu.
Ayla lächelte. »Nein, ich habe keine Angst, aber was haben wir getan?«
»Wir waren auf der Suche. Ich hatte schon angenommen, daß du eine Sucherin bist. Deshalb nämlich bist du die Tochter vom Herdfeuer des Mammut«, sagte er. »Du besitzt noch weitere natürliche Gaben, nur müssen sie erschlossen und ausgebildet werden.« Er sah sie die Stirn runzeln.
»Mach dir deswegen jetzt keine Sorgen. Du hast später Zeit, darüber nachzudenken.«
Talut schenkte Ayla und etlichen anderen mehr von seinem Getränk ein, während Mamut ihnen von ihrer Suche berichtete, wohin sie geflogen waren, was sie gefunden hatten. Sie nahm einen großen Schluck – so fiel es ihr leichter –, dann versuchte sie zuzuhören, aber das Getränk schien ihr augenblicklich zu Kopf zu steigen. Ihr Geist irrte umher, und sie bemerkte, daß Deegie und Tornec immer noch auf ihren Instrumenten spielten, allerdings mit einem so zwingenden Rhythmus, daß sie den Wunsch verspürte, sich mit ihnen zu bewegen. Das Ganze erinnerte sie an den Frauentanz beim Clan, und es fiel ihr schwer, sich auf Mamut zu konzentrieren.
Sie hatte das Gefühl, daß jemand sie beobachtete, und sah sich um. In der Nähe vom Herdfeuer des Fuchses saß Ranec und starrte sie an. Er lächelte, und sie erwiderte das Lächeln. Plötzlich füllte Talut ihren Becher noch einmal. Ranec trat herzu und bat seinerseits darum, nachgeschenkt zu bekommen; Talut tat ihm den Gefallen, wandte sich dann jedoch wieder der Besprechung zu.
»Dich interessiert dies nicht, nicht wahr? Laß uns dort hinübergehen, wo Deegie und Tornec spielen«,
Weitere Kostenlose Bücher