Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
sich zu entspannen. Er schloß die Augen und schlief zur Begleitung ihres Atems.
Ayla erwachte mit dem Gefühl, angesehen zu werden. Die Feuer brannten bereits wieder, und Tageslicht fiel durch die teilweise freigemachten Rauchlöcher. Sie drehte den Kopf und sah Ranecs dunkle, eindringliche Augen sie vom Herdfeuer des Fuchses aus beobachten. Verschlafen lächelte sie ihm zu, woraufhin er sie mit einem entzückten breiten Lächeln bedachte. Sie war sich sicher, daß der Platz neben ihr leer wäre, griff jedoch trotzdem über die aufgetürmten Felle hinüber, um ganz sicherzugehen. Dann stieß sie ihre Felldecken zurück und setzte sich auf. Sie wußte, daß Ranec warten würde, bis sie angekleidet war, ehe er herüberkommen würde, um ihr einen Besuch abzustatten.
Zuerst hatte es sie mit Unbehagen erfüllt, als sie sich bewußt geworden war, daß er sie nie aus den Augen ließ. In gewisser Weise war das zwar schmeichelhaft, und sie wußte, daß er es nicht böse meinte, aber beim Clan hatte es als unhöflich gegolten, über die Grenzsteine in den Lebensbereich einer anderen Familie hinüberzublicken. In der Höhle des Clan hatte man nicht mehr allein sein können als in der Erdhütte der Mamutoi. Trotzdem empfand sie Ranecs Aufmerksamkeit als eine gelinde Beeinträchtigung ihrer – sofern davon überhaupt die Rede sein konnte – Privatsphäre; sie verstärkte nur das unausgesprochene Gefühl von Spannungen, das sie hatte. Immer war irgend jemand da. Das war beim Clan auch nicht anders gewesen, doch dies hier waren Menschen, mit deren Lebensweise sie nicht groß geworden war. Die Unterschiede waren manchmal kaum merklich, doch entweder traten sie in der Enge der Erdhütte um so deutlicher zutage, oder aber ihr Gespür dafür war geschärft worden. Manchmal wünschte sie, sie könnte fort. Nach drei Jahren Einsamkeit im Tal hatte sie sich einfach nicht vorstellen können, daß es Zeiten geben könnte, wo sie wünschte, allein zu sein, und wo sie sich nach der Einsamkeit, der Freiheit, ja, nach dem Alleinsein richtig sehnte.
Rasch brachte Ayla ihre ersten morgendlichen Verrichtungen hinter sich, verzehrte ein paar Happen von dem, was von der gestrigen Abendmahlzeit übriggeblieben war. Offene Rauchlöcher bedeuteten für gewöhnlich, daß es draußen klar war, und so beschloß sie, mit den Pferden hinauszugehen, denn diese brauchten Bewegung. Als sie den Fellvorhang beiseite schob, der vor dem Zugang zum Anbau hing, sah sie Jondalar und Danug bei den Pferden stehen und überlegte es sich noch einmal.
Sich, sofern das Wetter es erlaubte, draußen oder sonst im Anbau, um die Bedürfnisse der Pferde zu kümmern, lieferte ihr einen willkommenen Vorwand, sich den anderen zu entziehen, wenn sie einmal allein sein wollte, doch schien auch Jondalar gern seine Zeit mit ihnen zu verbringen. Sah sie ihn bei den Pferden, hielt sie sich häufig fern von ihnen, denn er wiederum ließ sie allein, wann immer sie hinzutrat, und murmelte, er wolle nicht stören. Ihr jedoch war daran gelegen, daß er möglichst viel mit den Tieren zusammen wäre. Nicht nur stellten sie eine Verbindung zwischen ihr und ihm her, sondern sich gemeinsam um sie zu kümmern machte es erforderlich, daß sie sich, wenn auch noch so zurückhaltend, verständigten. Sein Wunsch, mit ihnen zusammen zu sein, und sein Verständnis für sie flößte ihr den Gedanken ein, daß er der Gesellschaft der Pferde vielleicht noch mehr bedurfte als sie.
Ayla betrat das Herdfeuer der Pferde. Da auch Danug da war, würde Jondalar vielleicht nicht so rasch verschwinden wie sonst. Als sie näher kam, zog er sich bereits zurück, doch beeilte sie sich, etwas zu sagen, was ihn zwang, darauf einzugehen.
»Hast du schon mal überlegt, wie du Renner anleiten willst
Jondalar?« fragte Ayla und sah Danug lächelnd grüßend an. »Ihn wozu anleiten?« fragte Jondalar, ein wenig verwirrt von
ihrer Frage.
»Nun, damit er dich auf sich reiten läßt.«
Darüber hatte er sehr wohl nachgedacht, ja, gerade eben hatte
er Danug gegenüber wie beiläufig davon gesprochen. Er wollte
seinen immer stärker werdenden Wunsch, das Pferd zu reiten,
nicht verraten. Insbesondere seit er unfähig schien, mit der
Tatsache fertigzuwerden, daß Ayla sich offenkundig von Ranec
angezogen fühlte, träumte er davon, frei wie der Wind auf dem
Rücken des braunen Hengstes über die Steppe
dahinzusprengen, nur war er sich nicht sicher, ob er diesen
Träumen überhaupt noch nachhängen durfte. Vielleicht
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