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Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Titel: Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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ausgenommen. Wiewohl ihre Stimme beim Sprechen tief und angenehm klang – das Singen gehörte offensichtlich nicht zu ihren Gaben. Sie konnte für die einschläfernde Eintönigkeit eines Sprechgesangs eine bestimmte Tonfolge halten, und ein Ohr für die Musik hatte sie auch. Sie wußte, wann sie falsch sang, und pfeifen konnte sie eine Melodie auch, aber jegliche feinere Modulationsfähigkeit ging ihr ab. Wie virtuos zum Beispiel Barzec das schaffte, grenzte für sie ans Wunderbare. Sie hätte ihm den ganzen Tag zuhören können, wenn er eingewilligt hätte, so lange zu singen. Auch Fralie hatte eine schöne, klare hohe und schmelzende Stimme, die Ayla gern hörte.
Über ihre Stimme und ihre Singerei wurden Witze gerissen; dazu gehörten auch Bemerkungen über ihren Akzent, obwohl der eigentlich nur eine gewisse Geziertheit in der Sprache war und kein richtiger Akzent. Sie selbst lachte genausosehr darüber wie alle anderen. Sie konnte nicht singen, da machte sie sich nichts vor; doch wenn sie sich auch über ihre Stimme lustig machten – viele hatten ihre Sprache ausdrücklich hoch gelobt. Sie nahmen es als Kompliment, daß sie ihre Sprache jetzt so fließend und schnell sprach; und wenn sie sich dafür über ihre Singerei lustig machten, hatte Ayla das Gefühl, richtig dazuzugehören.
Jeder hatte irgendwelche Besonder- oder Eigenheiten, über die die anderen sich lustig machten. Taluts Größe, Ranecs Hautfarbe, Tulies Kraft. Nur Frebec war beleidigt, wenn sie es taten, weshalb sie sich in Zeichensprache hinter seinem Rücken über ihn lustig machten. Das gesamte Löwen-Lager kam mit einer abgewandelten Form der Clan-Sprache blendend zurecht, was zur Folge hatte, daß nicht nur Ayla ein bisher entbehrtes Zugehörigkeitsgefühl genoß. Auch Rydag durfte an dem Spaß teilhaben.
Ayla sah zu ihm hinüber. Hartal auf dem Schoß, saß er auf einer Matte und hielt das lebhafte Baby mit einem Haufen Knochen, zumeist Hirschwirbel, beschäftigt, damit es nicht dauernd zu seiner Mutter kroch und die Perlen verstreute, die sie Fralie schnitzen half. Rydag konnte gut mit Babys umgehen. Er brachte die nötige Geduld auf, mit ihnen zu spielen und sich mit ihnen zu beschäftigen, solange sie wollten.
Er lächelte ihr zu. »Du bist nicht die einzige, die nicht singen kann, Ayla«, signalisierte er ihr.
Sie erwiderte sein Lächeln. Nein, dachte sie, sie war wirklich nicht die einzige, die nicht singen konnte. Rydag konnte weder singen noch sprechen und weder laufen noch spielen, ja, nicht einmal ein volles Leben ausleben. Trotz aller Heilmittel, die sie ihm gab – sie wußte nicht, wie lange er leben würde. Er konnte heute noch sterben, genausogut aber auch noch ein paar Jahre weiterleben. Sie konnte ihn nur jeden Tag lieben, den er lebte, und hoffen, ihn am nächsten Tag auch noch lieben zu können.
»Hartal kann auch nicht singen!« signalisierte er ihr und stieß dabei sein eigentümlich kehliges Lachen aus.
Ayla gluckste in sich hinein und schüttelte amüsiert den Kopf. Er hatte erkannt, was sie dachte, und machte einen Witz darüber, der nicht nur komisch, sondern auch noch sehr intelligent war.
Nezzie stand in der Nähe der Feuerstelle und beobachtete sie. Du singst vielleicht nicht, Rydag, aber zumindest kannst du jetzt reden, dachte sie. Er fädelte ein paar Wirbel auf eine kräftige Schnur, indem er diese durch den offenen Rückenmarkskanal hindurchzog; dann rasselte er für das Baby damit. Ohne seine Handzeichen sowie die dadurch ausgelöste immer größer werdende Bewußtheit, daß Rydag intelligent und ein sehr verständiger Junge war, hätte Hartals Mutter nie zugelassen, ihm die Verantwortung für das Kleinkind zu übertragen, um selber arbeiten zu können und es nicht ständig neben sich haben zu müssen. In diesem Winter bezweifelte keiner von ihnen mehr, daß er ein menschliches Wesen war; das tat nur Frebec und der, da war Nezzie sich ganz sicher, mehr aus Verbocktheit als aus Überzeugung.
Ayla mühte sich weiter mit Ahle und Sehne herum. Wenn sie es nur schaffte, die feinen Sehnenfäden durch das Loch hindurchzubekommen, so daß sie auf der anderen Seite wieder herausschauten! Sie versuchte, es so zu machen, wie Deegie es ihr gezeigt hatte, doch war das offensichtlich ein Kniff, den man erst nach jahrelanger Übung beherrschte, und davon war sie noch weit entfernt. Sie ließ das Stück Leder zum Üben auf den Schoß sinken und sah den anderen dabei zu, wie sie Elfenbeinperlen herstellten.
Versetzte man einem

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