Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Leuten wie diesen wäre sie aufgewachsen, hier hätte sie sich geborgen und zu Hause gefühlt – wäre nicht das Erdbeben gewesen. Statt dessen war sie beim Clan großgeworden. In den Sitten und Gebräuchen des Clan kannte sie sich aus, wohingegen ihr die Lebensweise von ihresgleichen fremd war. Und doch: Wäre nicht der Clan gewesen, sie wäre elendiglich zugrunde gegangen. Zurück konnte sie nicht zu ihnen; aber sie hatte auch nicht das Gefühl, hierher zu gehören.
Bei diesen Menschen hier ging es ungeordnet zu; Iza würde gesagt haben, sie hätten keine Manieren. Wie dieser Mann, der Frebec hieß – der einfach drauflosredete, ohne an der Reihe zu sein und ohne vorher um Erlaubnis gefragt zu haben; und wie sie dann alle durcheinander geredet und geschrien hatten! Talut hatte sie für den Anführer gehalten, doch selbst der mußte erst schreien, um sich Gehör zu verschaffen. Brun hätte nie zu schreien brauchen. Das einzige Mal, daß sie Brun hatte schreien hören, war gewesen, als er jemand vor einer unmittelbaren Gefahr gewarnt hatte. Keiner im Clan hätte es sich jemals erlaubt, den Anführer ganz und gar aus dem Bewußtsein zu verlieren; Brun hätte nur ein Zeichen zu machen brauchen, und von einem Herzschlag auf den anderen wäre er der Aufmerksamkeit aller sicher gewesen.
Und wie die Leute über den Clan redeten, das gefiel ihr ganz und gar nicht; schon daß sie sie Flachköpfe nannten und Tiere! Es konnte doch jeder sehen, daß auch sie Menschen waren. Ein bißchen anders vielleicht, aber trotzdem Menschen. Nezzie wußte das. Mochten die anderen sagen, was sie wollten, sie wußte, daß Rydags Mutter eine Frau gewesen war und das Kind, das sie zur Welt gebracht, nichts anderes als nur ein Baby. Gleichwohl ist er ein Kind von gemischten Geistern, genauso wie mein Sohn, dachte Ayla, und wie Odas kleine Tochter, die sie bei der Versammlung des Clan erlebt hatte. Wie war es nur möglich, daß Rydags Mutter ein Kind von gemischten Geistern bekommen hatte?
Geister! Sind es wirklich Geister, die die Babys machen? Ist es so, daß der Totem-Geist eines Mannes den einer Frau bezwingt und dadurch dafür sorgt, daß ein Baby in ihr wächst, wie die Leute vom Clan meinen? Oder erwählt die Große Mutter den Geist eines Mannes und einer Frau, vereinigt sie und befördert sie in das Innere einer Frau, wie Jondalar und diese Leute hier glauben?
Warum bin ich die einzige, die meint, daß es an einem Mann liegt und nicht an einem Geist, daß ein Baby in einer Frau wächst? An einem Mann, der es mit seinem Gemächt tut – seiner Männlichkeit, wie Jondalar es nennt? Warum sonst sollten Männer und Frauen zusammenkommen, wie sie es nun einmal immer wieder tun?
Als Iza mir das von der Medizin verriet, sagte sie, diese stärke ihr Totem, und das sei der Grund, warum sie so viele Jahre hindurch kein Baby bekommen habe. Vielleicht war das so; aber ich nahm die Medizin nicht ein, als ich allein lebte, und von allein fingen auch keine Babys an zu wachsen. Überhaupt bin ich erst, nachdem Jondalar kam, auf den Gedanken gekommen, wieder nach dem Goldfadenkraut und der Antilopenbeifußwurzel Ausschau zu halten …
Nachdem Jondalar mir zeigte, daß es nicht unbedingt wehzutun brauchte …, nachdem er mir bewies, wie herrlich es für Mann und Frau gemeinsam sein kann …
Ich möchte mal wissen, was geschähe, wenn ich aufhörte, Izas Medizin zu nehmen? Ob ich dann wohl ein Baby bekäme? Und ob das dann von Jondalar wäre? Wenn er seine Männlichkeit dorthin steckte, wo die Babys herkommen?
Diese Überlegung trieb ihr die Hitze ins Gesicht, und ihre Brustwarzen kribbelten. Heute ist es zu spät, dachte sie, heute habe ich die Medizin in der Frühe schon genommen; aber was, wenn ich morgen früh einfach einen ganz gewöhnlichen Kräutertee aufbrühe? Könnte ich es damit fertigbringen, daß Jondalars Baby in mir wächst? Allerdings, zu warten brauchten wir nicht unbedingt. Wir könnten es schon heute abend versuchen …
Sie lächelte versonnen. Du möchtest bloß, daß er dich berührt, dir den Mund auf deinen Mund legt und auf … Ein Wonneschauer überlief sie, und sie schloß die Augen, um ihrem Körper Gelegenheit zu geben, sich zu erinnern, welche Gefühle er in ihr zu wecken vermochte.
»Ayla?« rief eine Stimme barsch.
Sie hatte Jondalar nicht näherkommen hören, und die Art, wie er nach ihr rief, stand in keiner Weise in Einklang mit dem, was sie fühlte. Irgend etwas nagte an ihm, seit sie hierhergekommen waren; wenn
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